Alternative Strategie Kleine Börsen setzen auf nationale Märkte

Die Istanbuler Börse.
Tel Aviv, Düsseldorf An das atemlose Wettrennen um den größten Handelsplatz erinnert in Tel Aviv nichts: Die Holzvertäfelung der Tel Aviv Stock Exchange (TASE) ruft eher Erinnerungen an den betulichen Sparkassen-Chic der 70er-Jahre wach als an die Übernahmeschlachten, die sich die Börsen in New York (Nyse), Frankfurt oder London (LSE) seit Monaten liefern. Ester Levanon, Vorstandschefin der TASE, nimmt die globale Fusionswelle achselzuckend zur Kenntnis: "Ich bin von ganzem Herzen überzeugt, dass man nationale Börsen braucht."
Ein paar Flugstunden entfernt findet man noch deutlichere Worte: Die Branche sei von einem "Fusionswahn" erfasst worden, der auf lange Sicht zerstörerisch sei, sagt Hüseyin Erkan, Chef der Istanbul Stock Exchange (ISE). Sollten Nyse und Deutsche Börse tatsächlich fusionieren, würden die großen Konkurrenten versuchen, entweder bei diesem Gespann unterzukommen oder mit einer Megafusionen zu kontern, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sagt der Türke.
Viele Experten gehen nämlich davon aus, dass langfristig nur die Riesenkonzerne überleben werden. Auf Dauer zähle in der Branche vor allem eins, schreibt DZ-Bank-Analyst Matthias Dürr in einer aktuellen Studie: Größe. Weil der Wettbewerb wegen alternativer Handelsplattformen, sogenannter MTFs, immer stärker wird, wächst der Kostendruck auf die etablierten Börsen - und damit auch der Druck, sich zusammenzuschließen.
Minibörsen wie in Tel Aviv oder Istanbul bleiben angesichts dieser Aussichten nur zwei Optionen: Entweder sich einer der Megabörsen anschließen oder sich in einer Nische einrichten. In Tel Aviv und Istanbul hat man sich für Letzteres entschieden.
Von den 600 börsennotierten Unternehmen in Israel stammt ein Viertel aus der High-Tech-Branche und rund zehn Prozent aus dem biomedizinischen Sektor: "Diese Konzentration finden Sie an keinem anderen Handelsplatz in Europa", sagt Börsenchefin Levanon. Und noch auf eine weitere Nische mit Wachstumspotenzial hofft sie: die Unternehmen der israelischen Araber. Viele dieser Firmen befinden sich im Familienbesitz; sie sind meist im Immobilien- und Baugewerbe tätig, zunehmend aber auch im IT-Sektor und teils umsatzstark.