Analyse Der Eba-Stresstest ist ein herber Dämpfer für die Deutsche Bank

Deutsche Kreditinstitute schnitten bei dem EU-weiten Stresstest vergleichsweise schwach ab. Das liegt unter anderem an ihrer Abhängigkeit von Zinserträgen. Bei der Deutschen Bank gab es aber noch einen zweiten Grund dafür.
Frankfurt Glanz und Elend liegen bei der Deutschen Bank oft nahe beieinander: Gerade erst legte das Institut Halbjahreszahlen vor, die die Fortschritte beim Umbau der Bank illustrierten. Doch Freitagabend stellte die EU-Bankenbehörde Eba dem größten deutschen Geldhaus für den europaweiten Stresstest ein Zeugnis mit nur unterdurchschnittlichen Noten aus. Das Institut landete dabei europaweit auf einem der hinteren Ränge.
Die Eba hatte die 50 wichtigsten Kreditinstitute in der Belastungsprobe durchkalkulieren lassen, welche Folgen ein Einbruch der Wirtschaft und ein Verfall von Immobilien- und Aktienpreisen für sie hätte. Die harte Kernkapitalquote der Institute bei voller Umsetzung der Basel-III-Kapitalregeln sank im schärfsten Krisenszenario dabei im Durchschnitt um 4,85 Prozentpunkte auf 10,2 Prozent. Bei der Deutschen Bank ging die für eine Bank wichtige Kennziffer sogar um 6,2 Prozentpunkte auf 7,43 Prozent zurück.
Das geht aus den Zahlen hervor, die die EU-Bankenbehörde Eba und die Europäische Zentralbank (EZB) vorlegten. Sie zeigen aus Sicht der Finanzaufsicht, dass die meisten europäischen Großbanken für einen erneuten Wirtschaftsabschwung gerüstet sind. Die Institute schnitten insgesamt minimal besser ab als bei der letzten Belastungsprobe 2018, obwohl der Test dieses Mal schwieriger war als vor drei Jahren.
Auch die Deutsche Bank blieb mit ihrer Kernkapitalquote über den von den Aufsehern geforderten Mindestanforderungen von 5,9 Prozent. Allerdings ist ihre Kernkapitalquote die fünftniedrigste unter den 50 überprüften Banken. Sie war außerdem eine von nur sechs Banken, deren Kapitalquote unter die Marke von acht Prozent rutschte. Die Deutsche Bank schnitt damit zudem schlechter ab als die anderen sechs deutschen Institute, die am Eba-Stresstest teilgenommen hatten.
Anders als bei früheren Krisenübungen dieser Art konnten die Banken beim Eba-Stresstest nicht durchfallen. „Dennoch müssen Institute, die vergleichsweise schlechter abgeschnitten haben, damit rechnen, dass ihnen die Aufsicht raten wird, Kapitalpuffer auszubauen und ihre Dividendenpolitik erneut zu überdenken“, sagt Torsten Lund, Partner der Strategieberatung Berg Lund & Company.
Einfluss hat das Stresstestresultat vor allem auf den individuellen Kapitalzuschlag, der von der EZB nicht verbindlich gefordert wird, dessen Einhaltung sie von den Instituten aber erwartet. Der Stresstest sei für diese EZB-Empfehlung „ein ganz wichtiger Faktor“, sagte der oberste Bankenaufseher der Bafin, Raimund Röseler, dem Handelsblatt. Wenn Banken diese Empfehlungen nicht erfüllen, kann die EZB ihre Dividenden beschränken oder ganz verbieten. Das ist allerdings eine Entscheidung, die die EZB-Bankenaufseher individuell treffen.
Deutsche Bank: Gefahr für die Dividende?
Das lenkt den Blick auf die Deutsche Bank, da sie unter der Schwelle von acht Prozent liegt, bei der die Bankenaufseher die Ausschüttungspläne von Instituten genauer unter die Lupe nehmen. Immerhin hat die Bank auf ihrer diesjährigen Hauptversammlung angekündigt, ab 2022 rund fünf Milliarden Euro etwa in Form von Dividenden an die Aktionäre ausschütten zu wollen.
Diese Pläne sieht das Institut aber nicht gefährdet: „Aus heutiger Sicht haben wir keine Bedenken, was unsere Ausschüttungspläne angeht. Unter anderem ist unsere Ertragskraft deutlich höher als im vergangenen Jahr“, sagte Ralf Leiber, Leiter des globalen Kapitalmanagements der Deutschen Bank. Ausgangspunkt für die Krisenübung waren die Bilanzen des Jahres 2020. Der Gewinnzuwachs im ersten Halbjahr bei der Deutschen Bank fand daher noch keinen Niederschlag im Stresstest.
Für das relativ schwache Abschneiden des Instituts war allerdings vor allem das Kapitalmarktgeschäft verantwortlich, das sich seit Ausbruch der Pandemie zur wichtigsten Ertragsquelle des Geldhauses entwickelt hat. „Die Bewertungsrisiken aus Handelspositionen waren ein wichtiger Treiber unseres Stresstestresultats“, erklärt Leiber.
Die Annahmen der Eba zu den Bewertungsrisiken aus Handelspositionen seien „überaus streng“ gewesen. So seien die negativen Auswirkungen eines Marktschocks – eine größere Differenz zwischen An- und Verkaufskursen, die den Wert von Handelspositionen erst einmal mindert – im Stresstest „besonders berücksichtigt“ worden.
„Die positiven Nebeneffekte, nämlich die daraus üblicherweise resultierenden höheren Erträge im Handelsgeschäft, bleiben dagegen außen vor“, so Leiber. Bei den Kreditrisiken hatte sich die Deutsche Bank ähnlich wie die Commerzbank im Vergleich zu anderen Instituten dagegen relativ gut geschlagen, zeigen die Eba-Daten.
Tröstlich für die Deutsche Bank: Ihre harte Kernkapitalquote schrumpfte im Krisenszenario nur geringfügig stärker als im vorangegangenen Stresstest 2018, obwohl der aktuelle Stresstest deutlich härtere Annahmen traf. Wichtige Wettbewerber wie etwa BNP Paribas, Société Générale, Unicredit oder die Commerzbank erlitten herbere Einbußen. „Unser Risikoprofil im Vergleich zu anderen Wettbewerbern ist besser geworden“, schlussfolgert Leiber daraus.
Kapitalquote sinkt unter Stress um ein Drittel
Die Deutsche Bank ist nicht das einzige heimische Institut, das in der europaweiten Krisenübung relativ schwach abschnitt. Die Kernkapitalquote der deutschen Geldhäuser schrumpfte im härtesten Krisenszenario im Durchschnitt um 5,575 Prozentpunkte auf 8,78 Prozent. Bis 2023 würden die Geldhäuser also knapp 40 Prozent ihres Eigenkapitals verbrennen.
Die Kernkapitalquote aller 50 Stresstest-Banken sank im Durchschnitt dagegen nur um 4,85 Prozentpunkte auf 10,2 Prozent. Unter den 15 Ländern, die am Eba-Stresstest teilnahmen, belegte Deutschland damit im Ländervergleich nur den 13. Rang. Schlechter waren die Durchschnittswerte nur in Italien und Irland.
Trotz des wenig schmeichelhaften Abschneidens deutscher Institute ist die Bundesbank der Ansicht, dass sich die Institute als robust erwiesen haben. „Sie würden die hohen Kapitalanforderungen selbst in einer schweren Wirtschaftskrise durchgehend erfüllen“, sagte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling.
Dass die Kapitalquoten der deutschen Banken im Stresstest stärker zurückgingen als im EU-Durchschnitt, führt der für Bankenaufsicht zuständige Bundesbank-Vorstand auf die exportorientierte deutsche Volkswirtschaft und die starke Abhängigkeit der deutschen Banken vom Zinsgeschäft zurück. „Das ist kein Grund zur Beunruhigung und auch keine Schwäche, sondern spiegelt nur die höhere Verwundbarkeit der deutschen Volkswirtschaft in einer weltweiten Rezession wider“, so Wuermeling.
Auch Deutsche Bank und Commerzbank hatten ihre Resultate unmittelbar nach der Veröffentlichung verteidigt. Der Finanzchef der Deutschen Bank, James von Moltke, hatte das Ergebnis als „ermutigend“ bezeichnet, weil die gestiegenen Gewinne aus dem ersten Halbjahr noch nicht darin enthalten waren.

Trotz der durchwachsenen Ergebnisse konnte der Deutsche-Bank-Finanzvorstand James von Moltke konnte dem Stresstest-Ergebnis auch positive Aspekte abgewinnen.
Commerzbank-Risikovorstand Marcus Chromik hatte betont, die Bank habe „trotz einer schwierigen Ausgangslage im Pandemieumfeld in einem sehr harten Stressszenario“ ihre Widerstandsfähigkeit „bewiesen“. Die Commerzbank habe komfortable Liquiditäts- und Kapitalpuffer und damit genügend Spielraum für die Transformation des Instituts.
Dass der Eba-Stresstest 2021, der wegen des Ausbruchs der Pandemie um ein Jahr verschoben worden war, deutlich härter ausfiel als seine Vorgänger, ist unbestritten. Das lag zum einen am Startpunkt: 2020 war kein „normales“ Jahr für die Wirtschaft, sondern ein Krisenjahr, in dem Banken wegen der Coronakrise viel Risikovorsorge bilden und Abschreibungen vornehmen mussten. Zum anderen waren die Annahmen härter als 2016 und 2018.
Gleich nach der Covid-Krise noch eine Krise
Bis 2023 wurde europaweit ein Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 3,6 Prozent unterstellt sowie ein Anstieg der Arbeitslosenquote um 4,7 Prozentpunkte. Darüber hinaus mussten die Banken einen Rückgang der Preise für private Immobilien um 16,1 Prozent und von Gewerbeimmobilien um 31,2 Prozent simulieren sowie einen Einbruch der weltweiten Aktienkurse um 50 Prozent. „Obwohl die Wirtschaft bereits in einer Krise steckte, unterstellt der Stresstest noch eine Verschärfung der Situation“, räumt Bafin-Bankenaufseher Röseler ein. „Aber so funktionieren Stresstests: Es kann immer noch schlimmer kommen“ so Röseler.
Anders als beim letzten Stresstest wurden bei der diesjährigen Belastungsprobe keine steigenden Zinsen unterstellt, sondern anhaltend niedrige und bei langen Laufzeiten sogar sinkende Marktzinsen. „Das ist im Vergleich zur Prüfung 2018 ein wesentlicher Unterschied, der den Stresstest realistischer macht“, hob Röseler hervor. „Besonders bemerkbar macht sich dies natürlich bei Instituten, die über ein starkes Privatkundengeschäft und hohe Spareinlagen verfügen.“
Karolin Kirschenmann, Bankenexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW, kann gerade diesen Härten in den Annahmen Positives abgewinnen: „Durch die Simulation einer verlängerten Corona-Pandemie in einem Umfeld weiterhin niedriger Zinsen gewinnt die Überprüfung des europäischen Bankensystems an Glaubwürdigkeit“, sagte sie.
In der Vergangenheit hatte es den Stresstests oft an so einer Glaubwürdigkeit gefehlt, denn es gab immer wieder Kritik daran, dass wichtige Risiken gar nicht überprüft wurden: Der Eba-Stresstest 2011 etwa blendete die Risiken, die von Staatsanleihen ausgehen können, vollständig aus. Dabei war die europäische Staatsschuldenkrise, die 2012 in einen Schuldenschnitt Griechenlands gipfelte, bereits in vollem Gange.

Die italienische Großbank Unicredit könnte die älteste Bank der Welt übernehmen.
Seit der Finanzkrise und der europäischen Schuldenkrise liegt bei den Stresstests ein besonderes Augenmerk auf Südeuropas Instituten. Im Ländervergleich schnitt Spanien diesmal aber geringfügig besser ab als Deutschland, Italien dagegen belegte den vorletzten Platz. Dazu passend kam das Schlusslicht aus Italien: Bei der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi radierte das radikale Szenario die komplette Kapitalbasis aus. Derzeit verhandelt Unicredit über einen Kauf der ältesten Bank der Welt, die seit einer schweren Krise dem italienischen Staat gehört.
Am besten kamen Institute aus Skandinavien durch den Stresstest wie etwa SEB, Svenska Handelsbanken oder DNB Bank. Viele der Institute aus den Top Ten gehören außerdem der öffentlichen Hand wie etwa die NWB Bank oder die BNG Bank aus den Niederlanden sowie die portugiesische Caixa General de Depósitos. An der Bank Pekao hält der polnische Staat indirekt einen großen Anteil. Aus Deutschland hat es die VW Bank in die Top Ten geschafft.
Mehr: Nach dem Stresstest: Europas Banken brauchen endlich die Bankenunion
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Aktienkultur
Nach der letzten Kapitalerhöhung der Deutschen Bank im April 2017 Betrug das, den Aktionären zurechenbare Eigenkapital:
am 31.12.2017 63,164 Mrd.
am 31.12.2018 62,495 Mrd.
am 31.12.2019 55,857 Mrd.
am 31.12.2020 54,786 Mrd.
Und schon ist das einbezahlte Kapital mehr als aufgezehrt, nach 4 Jahren fehlt den Aktionären schon wieder ein EK Anteil von 8,378 Mrd.
Hr. Sewing räumt auf, er war nicht der Erzeuger dieses maroden Systems. Er ist die erste "Chance" für die Deutsche Bank Bank, die Ehre und die Glaubwürdigkeit nach 15 Jahren wieder herzustellen.