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Studentinnen bei der Abschlussfeier

Kaum eine Akademikerin zieht es beruflich in die Finanzbranche.

(Foto: imago/photothek)

Arbeiten in Führungspositionen Finanzbranche ist bei Frauen unbeliebt

Viele Frauen meiden Finanzunternehmen als Arbeitgeber. Im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen haben sie geringere Gehaltsaussichten. Doch das ist nicht der einzige Grund, zeigt eine Studie der Universität Mannheim.
22.01.2018 - 17:41 Uhr Kommentieren

Frankfurt Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ein Problem: In ihrem Direktorium sitzt mit der Deutschen Sabine Lautenschläger eine einzige Frau. Und deren Position gilt als bedroht, falls der deutsche Bundesbankchef Jens Weidmann 2019 EZB-Präsident wird. Die EZB als Männerklub finden aber EU-Politiker zumindest der Grünen und Sozialdemokraten offenbar als nicht mehr akzeptabel. Die Notenbank braucht dringend Geldpolitikerinnen.

Die EZB steht mit ihrem Problem nicht allein. Auch viele andere Topadressen der Finanzbranche suchen nach neuen weiblichen Managern. Doch häufig lässt sich der Wunsch schwerer in die Praxis umsetzen als gedacht – und dafür gibt es auch fundamentale Gründe.

Branche hat ein extrem schlechtes Image

Nach einer Studie der Universität Mannheim, die dem Handelsblatt vorab vorliegt, machen viele Frauen um die Finanzindustrie offenbar gern einen Bogen. Fondsanbieter beispielsweise äußern, „Schwierigkeiten zu haben, genügend weibliche Nachwuchskräfte zu finden“, sagt Anne Connelly, Gründerin des Karrierenetzwerks Fondsfrauen. Dies gelte vor allem für Kernaufgaben wie Fondsmanagement und Vertrieb. Aber bei vielen Vermögensverwaltern würden sich auf ausgeschriebene Führungspositionen „wenige bis keine“ Frauen bewerben.

Zwar gibt es in Deutschland wie international Gegenbeispiele: In der Fondsindustrie führt etwa Evi Vogl das Deutschland-Geschäft des französischen Anbieters Amundi. Britta Weidenbach ist Chefin für europäische Aktien bei der Deutsche-Bank-Fondstochter Deutsche Asset Management, Sonia Laud Aktienchefin bei Fidelity in London. Und die US-Fondshäuser Russell, JP Morgan Asset Management und Fidelity haben weibliche Chefs.

Doch die Statistiken zeigen, dass diese Frauen eine Ausnahme bilden: Nur rund jeder zehnte Fondsmanager ist weiblich in den USA, in Deutschland ist der Anteil geringer. Und in Führungspositionen gibt es noch weniger Frauen: In den Finanzfirmen des US-Aktienindexes S&P 500 gibt es nur 6,3 Prozent Frauen als Chefs. Im Vorstand oder der Geschäftsführung der 100 größten deutschen Banken fanden sich 2017 gerade mal knapp neun Prozent Frauen, unter den 60 größten Versicherungen gut neun Prozent, wie die Marktforscher vom DIW errechneten. In der deutschen Fondsbranche gab es den Beratern von KPMG und den Fondsfrauen zufolge 2016 nur sechs Prozent Frauen in Führungspositionen – Tendenz unverändert.

Die niedrige Präsenz von Frauen wirft ein Schlaglicht auf ein desolates Image der Finanzbranche: Für viele der insgesamt knapp 1200 befragten Studentinnen und Studenten der Wirtschaftswissenschaften der Universitäten Mannheim, Frankfurt und St. Gallen gilt die Sparte als Haifischbecken mit geringen Aussichten auf eine Arbeit im Einklang mit den eigenen Moralvorstellungen und klar geringeren Gehaltsaussichten als für männliche Kollegen.

Arbeitsstrukturen fundamental verändern

Generell schätzen weibliche wie männliche Studenten das öffentliche Ansehen der Finanzbranche als extrem schlecht ein: Unter 13 verschiedenen Industrien bewerten die angehenden Akademiker den Ruf der Finanzsparte auf dem zweitletzten Platz, knapp vor der Energiebranche. Nach Interpretation von Alexandra Niessen-Ruenzi, Professorin für Betriebswirtschaft an der Uni Mannheim, spielen schlechte Erfahrungen aus der Zeit der Finanzkrise hier eine „große Rolle“.

Gleichwohl zählen männliche Studenten die Finanzindustrie zu den drei attraktivsten Branchen, um zu arbeiten. Frauen sehen die Branche dagegen deutlich skeptischer. So gehen Frauen häufig davon aus, dass ein Job in der Finanzbranche nicht vereinbar ist mit ihren persönlichen Moralvorstellungen und Integrität. Diese Anforderungen sind für die Studentinnen demnach deutlich wichtiger als für ihre männlichen Kollegen. Ebenfalls beklagen fast alle der Studentinnen, dass Jobs in der Finanzindustrie von Wettbewerb und weniger von Mannschaftsgeist geprägt seien, was nur der Hälfte von ihnen Spaß machen würde. Zudem nehmen die Studentinnen die Jobaussichten der Branche als nicht familienfreundlich und männerdominiert wahr. Die Hälfte von ihnen gibt an, sich in einem solchen Umfeld unwohl zu fühlen. So ziehen Studentinnen eher einen Job im Marketing oder Personalbereich vor.

Als Gegenmaßnahme rät Studienautorin Niessen-Ruenzi den Firmen dringend, ihre Arbeitsstrukturen fundamental zu verändern: „Statt Profitmaximierung und Wettbewerb ins Schaufenster zu stellen“, mahnt sie an, Themen wie Teamgeist und die Einhaltung moralischer Standards als Kernbestandteile der Arbeit zu leben: Um gute Frauen gewinnen und halten zu können, reichten ein paar Feigenblatt-Events zum Thema „Gender“ nicht aus. Die Ökonomin empfiehlt den Firmen, sich mehr an den Vorstellungen des Wirtschaftsnobelpreisträgers Robert Shiller zu orientieren: „Finanzen sollten nicht nur definiert werden als die Manipulation von Geld oder Risikomanagement, sondern als die treuhänderische Verwaltung von Gesellschaftsvermögen.“

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