Axel Weber „Eine brutale und offene Analyse betreiben“
„Sich aus Asien zurückzuziehen, wäre ein großer Fehler“
Frankfurt Banken werden auf mehreren Ebenen gleichzeitig vor große Herausforderungen gestellt. Zum einen die Regulierung, dort ist es zu einer deutlichen Nachsteuerung nach der Finanzkrise gekommen. Das Zweite sind die Herausforderungen im makroökonomischen Umfeld, allen voran das Zinsumfeld. (...) Die dritte Herausforderung ist das Verhalten der Kunden. Die Kunden haben in der Finanzkrise teilweise heftige Verluste erlitten. Für Banken bedeutete das einen Vertrauensverlust. Wir müssen auf diese drei Bereiche – Regulierung, makroökonomisches Umfeld und Kundenverhalten – Antworten finden.
Zunächst zur Regulierung: Die steigenden Liquiditäts- und Kapitalvorschriften haben schon letztes Jahr hier auf dieser Tagung eine große Rolle gespielt. Die Banken haben in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Die Kernkapitalquote der 93 größten Banken ist von sieben Prozent im Jahr 2008 auf 13 Prozent im vergangenen Jahr gestiegen. Bei der UBS liegt die Quote bei 14 Prozent. (...)
Unsere Strategie hat sich für die Aktionäre in zweierlei Form ausgezahlt: mit nachhaltigen Dividenden und einem besseren Kursverhältnis. Die UBS ist unter den Großbanken eine der wenigen, deren Aktie über ihrem Buchwert handelt. (...)
Bei der UBS haben wir uns auf die Kernkompetenzen besonnen. Das waren die Vermögensverwaltung und die marktbeherrschende Stellung in der Schweiz. Eines der großen Probleme der Banken in der Zeit vor der Krise war, dass jede Bank überall alles für jeden tun wollte. Und genau dieser Verlust der Identität hat dafür gesorgt, dass Banken eigentlich fast alle fast identisch aussahen, dass sie alle fast dieselben Geschäfte verfolgt haben und dass sie natürlich in der Krise auch alle in dieselbe Falle getappt sind. (...)
Wir haben uns 2012 für eine Strategie entschieden, bei der die Kernkompetenzen die Hauptrolle spielen. Wir sind jetzt dabei, diese Strategie umzusetzen. Wir führen keine Strategiediskussionen mehr. Das Wichtige bei einer Strategie ist: Sie darf sich nicht ständig ändern. Wenn Sie – in einer Phase wie jetzt – nichts bei den Erträgen tun können, weil die Kunden in ihrem Verhalten sehr risikoavers sind und weil es an den Märkten zu Korrekturen kommt, dann können Sie nicht an der Ertragsseite schrauben. Also müssen Sie an der Kostenseite etwas tun. Wir haben uns vorgenommen, etwa 2,1 Milliarden Franken an Kosten aus der Bank herauszunehmen. In diesem Jahr wollen wir etwa 1,4 Milliarden sparen. (...)
Aber wo geht die Reise hin? Die Kapitalanforderungen werden uns weiter beschäftigen. Bis 2030 werden unsere Geschäftsmodelle so aufgestellt sein müssen, dass wir von den Wachstumsmärkten dieser Welt profitieren. Diese Wachstumsmärkte befinden sich gerade in einer typischen Korrekturphase, allen voran China. Diejenigen, die sich deshalb nun aus China zurückziehen, begehen einen großen strategischen Fehler: China und Asien insgesamt werden der Markt der Zukunft sein. (...)
Auf der Reise, auf der wir uns befinden, muss man vor allem auf eines schauen: Wo werden unsere zukünftigen Kunden sein? Und wenn ich mir das anschaue, dann bedingt das einen Umbau der Banken, der phänomenal ist. Wir werden alle zu globalen Banken werden müssen. Wir werden zunehmend unsere Präsenz in Asien, allen voran in China, ausbauen müssen. Wir werden nicht alle dasselbe tun, sondern uns spezialisieren auf Kernkompetenzen. (…)
Jede Bank muss auf die heutigen Herausforderungen ihre eigenen Antworten finden. Wo die eigenen Stärken liegen, muss man das Geschäft ausbauen. Und wo die Schwächen liegen, muss man sich aus Geschäftsfeldern verabschieden. Der Ansatz ist sicherlich derselbe. Aber um dort hinzukommen, müssen Sie eine Sache tun: Sie müssen eine brutale und offene Selbstanalyse betreiben.