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Das Pariser Finanzviertel

In der kommenden Woche will Brüssel einen Strategieplan vorstellen, um das in der Coronakrise wachsende Problem fauler Kredite anzugehen.

(Foto: AFP)

Bad Banks EU will den Banken beim Umgang mit faulen Krediten in der Coronakrise helfen

Die EU-Kommission will es Finanzinstituten leichter machen, ausfallgefährdete Darlehen an Abwicklungsanstalten auszulagern. Die deutschen Banken reagieren verhalten.
11.12.2020 - 16:49 Uhr 2 Kommentare
In der kommenden Woche wird sie in Brüssel einen Strategieplan vorstellen, um das in der Coronakrise wachsende Problem fauler Kredite anzugehen. Quelle: Reuters
EU-Kommissarin Mairead McGuinness

In der kommenden Woche wird sie in Brüssel einen Strategieplan vorstellen, um das in der Coronakrise wachsende Problem fauler Kredite anzugehen.

(Foto: Reuters)

Brüssel, Frankfurt Die EU-Kommission hat ein Bündel von Maßnahmen erarbeitet, damit Banken ihre ausfallgefährdeten Kredite leichter weiterverkaufen können. Damit will Europa den Geldhäusern beim Umgang mit faulen Krediten infolge der Corona-Pandemie helfen.

Die erst seit Oktober im Amt befindliche irische EU-Kommissarin für Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion, Mairead McGuinness, wird dazu in der nächsten Woche in Brüssel einen Strategieplan vorstellen, der dem Handelsblatt vorliegt.

Ziel ist es unter anderem, faule Kredite leichter an Abwicklungsanstalten („Bad Banks“) auslagern zu können und so die Stabilität des Finanzmarktes zu verbessern.

Die EU-Exekutive sieht in dem 18 Seiten umfassenden Papier ein Netzwerk aus privat und teilstaatlich finanzierten Bad Banks in den Mitgliedsländern, zudem Verbesserungen von Datenqualität und Datenvergleichbarkeit sowie ein neues europäisches Datenmanagementzentrum vor. Darüber hinaus soll es zumindest kurzfristig weitere staatliche Unterstützungsmaßnahmen geben.

Das Unterstützungspaket aus Brüssel löst allerdings im deutschen Bankensektor nur verhaltene Reaktionen aus. Es sei gut, den Sekundärmarkt für faule Kredite zu verbessern, erklärte Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied beim Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR). „Die Anregung, staatliche Einrichtungen zum Ankauf ausgefallener Forderungen zu schaffen, sehen wir aber kritisch.“ Privatwirtschaftliche Lösungen, wie es sie in vielen Mitgliedstaaten seit Jahrzehnten gebe, seien zu bevorzugen.

Stärkerer Konsumentenschutz gefordert

Die EU will mit ihrem Maßnahmenpaket besonders Finanzmärkte mit vielen faulen Krediten wie Griechenland, Zypern, Polen, Portugal, Bulgarien, Italien und Kroatien unterstützen. Die Kommission schlägt unter anderem einen Leitfaden für Verkäufer von faulen Krediten vor. Auch sollen die Rahmenbedingungen für Insolvenzverfahren gerade in Ländern mit vielen ausfallgefährdeten Krediten verbessert werden. Es geht darum, wie ein „bestmöglicher Verkaufsprozess für die Transaktionen auf den Sekundärmärkten“ auf die Beine gestellt werden kann, heißt es.

„Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es am besten ist, notleidende Kredite frühzeitig und entschlossen anzugehen und gleichzeitig einen robusten Verbraucherschutz sicherzustellen, damit der Bankensektor seine Rolle bei der Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung spielen kann.“ So steht es in dem internen EU-Papier, das an das Europaparlament, den Rat und die Europäische Zentralbank (EZB) geschickt wurde.

Bereits vor zwei Jahren hatte die Kommission einen Vorschlag für Sekundärmärkte für ausfallgefährdete Kredite gemacht. Er ist Teil eines Maßnahmenpakets zur weiteren Verringerung von Risiken im Bankensektor. Ziel ist es, den Abbau fauler Kredite zu erleichtern. Zu den im März 2018 gemachten Vorschlägen hat das Europaparlament allerdings bislang noch keine Zustimmung gegeben.

Insbesondere Sozialdemokraten und Grüne wollen Verbesserungen. „Wir sind nicht gegen eine europäische Ordnung für notleidende Kredite. Wir verlangen aber einen besseren Konsumentenschutz“, sagte der Europaabgeordnete und Finanzexperte Sven Giegold (Grüne) dem Handelsblatt am Freitag. „Ein kooperativer Kreditnehmer darf nicht zustimmungsfrei von den Banken wie ein Sack Kartoffeln verkauft werden.“

Kreditausfälle bereiten EZB große Sorgen

Aus Sicht von Giegold besteht die Gefahr, dass Kreditnehmer außerhalb Deutschlands in die Hände zwielichtiger Kredithändler gelangen. Eine Abstimmung über den Kommissionsvorschlag ist im Januar im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments vorgesehen.

Die Kommission fordert in ihrem neuen Strategiepapier eine schnelle Verabschiedung ihrer Vorschläge durch das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten. „Dieser Vorschlag zielt darauf ab, die Märkte zu öffnen und gleichzeitig sicherzustellen, dass der Schuldnerschutz im Falle eines Verkaufs des Kredits im Hinblick auf den Schutz, den die ursprünglich kreditgebende Bank geboten hat, im gesamten Binnenmarkt nicht geschwächt wird“, heißt es in dem Papier.

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Bei der europäischen Finanzaufsicht dürfte der Vorstoß der EU-Kommission gut ankommen. Der oberste Bankenaufseher der EZB, Andrea Enria, hat wiederholt davor gewarnt, dass Geldhäuser im Zuge der Coronakrise wieder Berge an faulen Krediten anhäufen und dadurch gelähmt werden.

Extremszenario: Ausfälle von 1,4 Billionen Euro

In einem Extremszenario könnte das Volumen ausfallgefährdeter Darlehen infolge der Pandemie auf bis zu 1,4 Billionen Euro steigen, schätzt die EZB. Das wäre mehr als nach der Finanzkrise 2008.

Enria macht sich deshalb schon länger dafür stark, die Rahmenbedingungen derart zu verbessern, dass Banken faule Kredite losschlagen können. Der Italiener spricht sich dabei für den Einsatz von Bad Banks aus, die er Vermögensverwaltungsgesellschaften nennt. Diese könnten den Geldhäusern notleidende Darlehen abkaufen. Wenn sie richtig konstruiert seien, müssten dabei aus Sicht von Enria keine Kosten für die Steuerzahler entstehen.

„Es spricht meiner Einschätzung nach vieles für eine europäische Initiative“, sagt der oberste EZB-Bankenaufseher. „Aber auch ein Netzwerk aus nationalen Vermögensverwaltungsgesellschaften kann gut funktionieren.“

Warnung davor, die Risiken auf die Steuerzahler abzuwälzen

Darüber hinaus hat Enria kürzlich die Chefs der größten europäischen Banken in einem Brandbrief aufgefordert, Kreditrisiken in ihren Bilanzen genauer unter die Lupe zu nehmen. Nur so könnten zeitnah angemessene Lösungen für finanziell angeschlagene Schuldner gefunden werden, schrieb er. „Das hilft dabei, den Aufbau von Problemaktiva bei Banken einzudämmen.“

Finanzaufseher und Politiker warnen, dass auf die Banken in den kommenden Monaten und Jahren mehrere Wellen von Kreditausfällen zurollen könnten. „Die volle Wucht der Covid-19-Pandemie wird sich in den Bankbilanzen erst dann widerspiegeln, wenn die jetzigen staatlichen Unterstützungsmaßnahmen auslaufen“, sagte der Europaabgeordnete und wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber. „Klug strukturierte Bad Banks können dabei helfen, den Umgang mit ausfallgefährdeten Krediten zu erleichtern.“

Der CSU-Politiker fordert, die Risiken im Bankensektor „nicht in exzessivem Umfang“ an die Steuerzahler auszulagern. Als Risikoländer in dieser Hinsicht betrachtet Ferber insbesondere Italien, Zypern und Griechenland.

Staatliche Hilfen vermeiden

Enrias Vorstoß für eine europäische Bad Bank wurde in Brüssel angesichts des massiven Widerstands vieler Beteiligter nicht vorangetrieben. „Eine europäische Bad Bank hätte in letzter Konsequenz nur zu einer Vergemeinschaftung von Bankenrisiken geführt“, sagt Ferber.

Der genossenschaftliche Lobbyverband BVR sieht das ähnlich. „Staatliche Beihilfen sollten so weit wie möglich vermieden werden beziehungsweise müssten zwingend von den jeweiligen nationalen Regierungen getragen werden, nicht aus gemeinschaftlichen Mitteln“, sagte Vorstandsmitglied Hofmann.

Kritisch sieht der BVR auch die angeregte Errichtung einer europäischen Datenzentrale für ausfallgefährdete Kredite (Non Performing Loans, kurz NPL). Er fürchte, dass der Nutzen eher gering sei, die Kosten dafür aber hoch, sagte Hofmann.

Kehrtwende erst im kommenden Jahr

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) forderte, die EU-Kommission müsse auch die vor einigen Jahren verschärften Regeln zum Umgang mit ausfallgefährdeten Darlehen auf den Prüfstand stellen.

„Sie zwingen Kreditinstitute derzeit unter anderem, für ausfallgefährdete Kredite unter Umständen aus aufsichtsrechtlichen Gründen noch mehr Geld als Risikovorsorge zur Seite zu legen als nach dem Handelsrecht geboten“, erklärte der DSGV.

Solche Regeln drohten vor dem Hintergrund der aktuellen Krise weit über das angepeilte Ziel hinauszuschießen. Damit würde die Kreditvergabe behindert, was letztlich die Probleme weiter anwachsen ließe.

Die zweite Welle der Pandemie hat die Wirtschaft in der Euro-Zone unterdessen fest im Griff. Die neuen Maßnahmen haben den Aufschwung im dritten Quartal zunichtegemacht. Die EU-Kommission prognostiziert einen Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Euro-Zone von 7,8 Prozent. „Die ökonomische Erholung ist unterbrochen“, sagte Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni zuletzt.

Eine Kehrtwende erwartet die Kommission erst im kommenden Jahr. Dann soll es ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,2 Prozent und 2022 von drei Prozent geben. „Da sich das wirtschaftliche Umfeld stark verschlechtert hat, wird es für die Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung sein, bei Bedarf weitere entschlossene politische Maßnahmen zu ergreifen und die nationalen Insolvenzregelungen anzupassen, damit die Banken in der Lage sind, den Anstieg neuer NPLs zu bewältigen“, heißt es in dem neuen Entwurf der Kommission.

Mehr: EZB warnt vor faulen Krediten in Billionenhöhe

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2 Kommentare zu "Bad Banks: EU will den Banken beim Umgang mit faulen Krediten in der Coronakrise helfen "

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • @Herr Bajohr,
    2009 waren es CDS, Credit Default Swaps. Hier wurden Tranchen von mehreren ausfallgefährdeten Krediten zusammengebündelt und als "sicheres Produkt" weiterverkauft, da man die Meinung vertat, dass nicht alle Kredite gleichzeitig ausfallen können/werden... Mit einem Zinsanstieg wurde dieser Plan allerdings durchkreuzt.


    Im Allgemeinen gilt jedoch, dass bei ausfallgefährdeten Krediten irgendwo Fehler passiert sind!!!
    Entweder war der Kunde von vornerein nicht qualifiziert einen Kredit zu bekommen (zu geringe Kreditanforderungen) oder die Ausgabensituation des Kunden hat sich sprunghaft verschlechtert (2009 Anstieg der Zinsen) oder die Einkommenssituation des Kunden hat sich sprunghaft verschlechtert (2020 Kurzarbeit bzw. Arbeitslosigkeit).
    Sogenannte "Bad Banks" können jedoch in keinem Szenario nachhaltig für Entlastung sorgen. Man muss die Gründe des Versagens bzw. den Ursprung kennen um gezielte Lösungen durchführen zu können.

    Meiner Meinung nach, bedarf es keiner nationalen bzw. europäischen Bad Bank, die Finanzstabilität auf Kosten der Gesellschaft gewährleistet und unter Umständen zur Geldwäsche oder Steuerhinterziehung benutzt werden kann.
    Vielmehr wäre ein europäisches Kurzarbeitssystem oder Arbeitslosenversicherung hilfreich, um durch Krisen herbeigeführte Probleme zu bewältigen.


    Liebe Europa Politiker.. wer am lautesten schreit hat nicht immer Recht und wir alle wissen, dass die Finanzbranche laut schreien kann.

  • Das hatten wir doch schon mal. Da werden den Leuten dann die Eigenheime oder Wohnungen unter dem Hintern weg verkauft, weil irdendein Banker die Hypothek oder den Kredit als gefährdet darstellt. Es wurden Wohnungen die schon zu 80 % bezahlt waren über die Restschulden in diese CFD Papiere oder wie die Banditen die Dinger auch immer genannt hatten eingeschlossen und später von irgendeinem direkt fällig gestellt. Wer nicht liquide war verlor sein Eigentum. Sind wir wieder so weit? Danke Frau Merkel.

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