Banken-Gipfel Der lange Weg zu grüneren Finanzen

Die Gründer betrachten den Kampf gegen den Klimawandel als Chance.
Frankfurt In einem Punkt waren sich quasi alle Finanzmanager auf dem Bankengipfel einig: Der Trend zum nachhaltigen Investieren wird nicht mehr verschwinden und der Kampf gegen den Klimawandel bietet der Branche eine enorme Chance.
Aber ein entscheidendes Problem bleibt: Welches ist der effizienteste Weg, um den Kampf gegen den Klimawandel voranzutreiben? Natürlich könne man ein Portfolio zusammenstellen, in dem ausschließlich ökologische Vorzeigeunternehmen vertreten sind. Das sei dann aber ein Portfolio, das nicht mehr dazu beitrage, die Gesamtwirtschaft auf dem Weg zur Erreichung der Klimaziele voranzubringen, meint Tillmann Lang, Gründer des grünen Investment-Start-ups Inyova.
Der Grund: Die in einem solchen Portfolio der Musterschüler enthaltenen Unternehmen sind bereits „grün“ und tragen damit nicht mehr zu weiteren Fortschritten zur Verbesserung der globalen CO2-Bilanz bei.
Deshalb meint Chuka Umunna, Leiter Nachhaltigkeit Europa bei der amerikanischen Großbank JP Morgan: „Wir sollten nicht zulassen, dass die perfekten Beispiele die Feinde der guten werden.“ Nur bereits vorbildliche Öko-Unternehmen zu finanzieren, sei nicht der richtige Ansatz.
Hinter dieser Argumentation steckt ein Dauerstreit zwischen der Finanzbranche und einer ganzen Reihe internationaler Umweltschutzorganisationen. Während viele Naturschützer fordern, dass die Banken Klimasünder hart von weiteren Finanzierungen ausschließen, betonen die Banken, dass sie ihre Kunden auf dem Weg zu klimaverträglicheren Geschäftsmodellen begleiten wollen. Das Stichwort lautet Transitionsförderung, also die Unterstützung von Unternehmen aus fossilen Branchen bei der Verringerung des CO2-Fußabdrucks.
Mindeststandards werden nicht mehr reichen
Nach Einschätzung von Inyova-Gründer Lang muss die Finanzbranche jetzt den nächsten Schritt gehen. Mindeststandards für Umwelt- und Sozialverträglichkeit würden nicht mehr reichen. Stattdessen müssten die Investoren stärker auf sogenanntes Impact-Investing setzen, also auf Projekte und Unternehmen, die einen messbar positiven Beitrag im Kampf gegen den Klimawandel bringen. Hierbei könnten grüne Start-ups helfen, die ihr Kapital wiederum aus den „schmutzigen“ Branchen erhalten könnten, ergänzt JP-Morgan-Banker Umunna.
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Ein weiteres Problem beim Thema nachhaltige Finanzen ist der Mangel an verlässlichen Daten. Michael Baldinger, Nachhaltigkeitschef der Schweizer Großbank UBS, sieht auf diesem Gebiet aber inzwischen spürbare Fortschritte: „Die Qualität der Daten hat stark zugenommen in den letzten Jahren.“ Als nächsten Schritt fordert der Experte „standardisierte Reportings von Konzernen“. Der Druck der Geldgeber, unter anderem der Pensionskassen, sei jedenfalls riesig.
Für Baldinger ist die deutlich bessere Transparenz „der Nummer-eins-Treiber“ bei der Ökowende. Seine Gleichung: Je besser die Standards für die Datenerhebung, desto kleiner die Gefahr, dass Unternehmen ihre Ökobilanz schönen.
Riesige Kosten für die Unternehmen
Umsonst wird es den ökologischen Umbau der Wirtschaft allerdings nicht geben, betont Hannah Helmke, Chefin des Datenhauses „Right based on science“: „Ich sehe riesige Kosten auf die Unternehmen zukommen, vor allem auf den Immobilienbereich und die Industrie.“
Umunna von JP Morgan sieht aber auch die Unternehmen aus weniger schmutzigen Branchen in der Pflicht: Diese Firmen dürften sich nicht darauf ausruhen, dass die Probleme bei der Konkurrenz aus der Stahl- oder Ölindustrie noch größer seien: „Nur weil sie die Erde nicht über Gebühr belasten, heißt das nicht, dass sie bereits ihren CO2-Ausstoß senken.“
Daher gelte für Banken wie Unternehmen: ambitionierte Nachhaltigkeits-Ziele setzen und diesen dann auch im eigenen Handeln folgen, so der JP-Morgan-Experte. Was Umunna freilich nicht erwähnte: Seine Bank taucht in Öko-Rankings, etwa von der Umweltgruppe „Extinction Rebellion“, regelmäßig als schmutzigste Bank der Welt auf.
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