Banken So will die britische Digitalbank Starling Deutschland erobern

Das Institut zählt zu den führenden Digitalbanken in Großbritannien.
London Eigentlich hatte die britische Digitalbank Starling den Start in Deutschland schon für das vergangene Jahr geplant. Doch die Pandemie machte dieses Vorhaben zunichte. Nun soll es im kommenden Jahr losgehen.
„Wir bereiten unsere europäische Operation vor“, sagt Starling-Gründerin Anne Boden. Man wolle sich zunächst auf die großen Märkte Deutschland und Frankreich konzentrieren. Einen konkreten Starttermin gibt es noch nicht. Dieser hängt von Gesprächen mit potenziellen Partnern ab.
Denn Boden hat ihre Strategie für Europa grundlegend geändert: Statt mit der eigenen Marke anzutreten, will die Bank nun als Dienstleister für Einzelhändler oder Marktplätze auftreten. „Banking as a Service“ heißt dieses Modell, das in Deutschland auch das Berliner Start-up Solarisbank verfolgt.
Dabei stellt die Bank dem Kunden über API-Schnittstellen die gesamte technologische Infrastruktur zur Verfügung – von Konten bis Zahlungsabwicklung. Der Name Starling taucht nur im Kleingedruckten auf. Es sei „Starling Inside“, sagt Boden in Anspielung auf den Werbeslogan des Chipherstellers Intel.
Ein Vorteil für das Unternehmen: Starling muss keine Marketingkampagne fahren, um sich den deutschen Kunden vorzustellen. Die Bank kann vom Image und dem Kundenstamm einer hierzulande bekannten Marke profitieren. Das könne ein Einzelhändler sein, ein Autobauer oder ein Onlinemarktplatz, sagt Boden. Man rede mit mehreren potenziellen Partnern. „So können wir schneller in mehr Länder kommen, als wenn wir es allein mit unserer eigenen Marke versuchen“, erklärt die Bankerin.
Tatsächlich zeigen die Erfahrungen anderer Fintechs wie Revolut und Monzo, dass es mühselig ist, im Ausland Fuß zu fassen. „Viele Neobanken haben ein paar hunderttausend Kunden in jedem Land“, sagt Boden. „Ich glaube nicht, dass diese Strategie funktioniert. Für ein nachhaltiges Geschäft braucht man mehr als das.“

Die Starling-Gründerin hat ihre Strategie für Europa grundlegend geändert.
Starling ist eine der führenden Digitalbanken Großbritanniens. Im Heimatmarkt ist das Start-up während der Coronapandemie stark gewachsen. Die Bank hat 2,5 Millionen Kunden, rund 400.000 davon sind Geschäftskunden. Von Anfang an hatte Starling einen starken Fokus auf kleine Unternehmen. Das zahlte sich in der Pandemie aus, weil die Bank staatliche Coronakredite vergeben durfte. Das Kreditbuch wuchs in den anderthalb Jahren auf drei Milliarden Pfund.
Im Kreditgeschäft mit kleinen Unternehmen habe man jetzt einen Marktanteil von sechs Prozent, berichtet Boden. Zum Vergleich: Die Traditionsbank Barclays hat 15 Prozent. In zehn Jahren werde Starling so groß sein wie die „big boys“, prognostiziert Boden. Das wäre eine besondere Genugtuung für die 61-jährige Waliserin, die nach einer jahrzehntelangen Karriere bei Großbanken wie RBS und Allied Irish Banks 2014 ausgestiegen war, um mit Starling ihre Branche aufzumischen.
Die Frage ist allerdings, ob Starling das Wachstumstempo nach dem Auslaufen der Coronakreditprogramme halten kann. Boden glaubt, dass der Digitalisierungsschub auch nach der Pandemie anhalten wird. Viele Unternehmer hätten vor verschlossenen Bankfilialen gestanden und nach Online-Alternativen gesucht. Und hier böten Digitalbanken wie Starling einfach den besseren Service als die Traditionshäuser, sagt sie.
Um noch mehr Wachstum zu generieren, steigt Starling nun auch in das Geschäft mit Hypotheken ein. Die Bank hat kürzlich den britischen Hypothekenanbieter Fleet Mortgages gekauft. Man suche weitere Kreditunternehmen zum Kauf, auch auf dem europäischen Festland, sagt Boden. Denn nachdem die Einlagen auf mehr als sieben Milliarden Pfund gewachsen sind, braucht die Bank neue Kanäle, um das Geld zu verleihen.
US-Großbanken entdecken den britischen Markt
Mit einem Börsengang hat Boden es hingegen nicht eilig – Kapital hat die Bank noch genug. Im März sammelte das Start-up 272 Millionen Dollar von Investoren ein, darunter Fidelity, dem Staatsfonds von Katar und Millennium Management. Im April investierte die US-Bank Goldman Sachs weitere 50 Millionen Dollar. Seitdem wird Starling mit 1,1 Milliarden Dollar bewertet.
Obendrein ist das Fintech seit elf Monaten profitabel. Im laufenden Geschäftsjahr bis Ende März 2022 erwartet Boden den ersten Jahresgewinn. Starling wäre die erste Digitalbank, der das gelingt.
Der Erfolg ruft potenzielle Käufer auf den Plan. Berichten zufolge war die US-Bank JP Morgan Chase an einem Kauf interessiert. Boden äußert sich dazu nicht. „Starling steht nicht zum Verkauf“, sagt sie.
JP Morgan hat seither angekündigt, unter dem Namen Chase eine eigene Digitalbank in Großbritannien zu starten. Auch Goldman Sachs ist bereits mit Marcus vertreten. Sorgen macht Boden die Konkurrenz der beiden Wall-Street-Riesen nach eigener Aussage nicht. Stattdessen wertet sie deren Präsenz als Bestätigung. „Wir zeigen, dass man Lloyds, Barclays und HSBC Marktanteile abnehmen kann“, sagt sie. „Deshalb halten Banken wie JP Morgan den britischen Markt für attraktiv.“
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.