Banken und der Brexit Im Kampf ums Clearing tickt die Uhr für Frankfurt

An der Frage ob das Clearing von Euro-Geschäften von London in die EU verlagert werden muss, hängen Tausende Arbeitsplätze.
Frankfurt Die Abwicklung von Derivategeschäften zählt nach dem Brexit zu den brisantesten Themen in der Finanzbranche. Muss das sogenannte Clearing von Euro-Geschäften ab März 2019 von London in die EU verlagert werden? Oder reicht es, wenn sich das britische Clearinghaus LCH.Clearnet auch nach dem Brexit der Kontrolle von europäischen Aufsichtsbehörden unterwirft? Es sind Fragen, von denen Tausende Arbeitsplätze abhängen - und aus Sicht mancher Beteiligter auch die Stabilität der Finanzmärkte.
In Frankfurt und Paris und hoffen viele Politiker, dass ihre Städte ein großes Stück vom Kuchen abbekommen. Und die Chancen dafür steigen, je länger die Unsicherheit über die künftigen Regeln anhält. Denn große Finanzinstitute wie die Deutsche Bank können ihre Entscheidungen über eine mögliche Verlagerung von Clearinggeschäften nicht mehr lange hinauszögern. „Die Deutsche Bank muss in den nächsten Monaten entscheiden“, sagt ein hochrangiger europäischer Bankenaufseher. Das Institut wollte sich dazu nicht äußern.
Deutschlands größtes Geldhaus und andere Investmentbanken müssen Insidern zufolge den Aufsichtsbehörden im Rahmen ihrer Brexit-Notfallpläne darlegen, dass sie auf einen möglichen Abzug des Euro-Clearings aus London vorbereitet sind. Einige Banken haben deshalb in den vergangenen zwölf Monaten Konten bei der Deutsche-Börse-Tochter Eurex Clearing in Frankfurt eröffnet, wie es in Finanzkreisen heißt. Viele andere verfügen darüber ohnehin schon länger. „Viele Institute lassen mehr Geschäfte über Eurex Clearing laufen, um Erfahrungen zu sammeln“, sagt eine mit dem Vorgang vertraute Person.
Das spiegelt sich auch in den Zahlen des Frankfurter Clearinghauses wider. Hier hat sich das ausstehende Nominalvolumen bei der Abwicklung außerbörslich gehandelter (OTC) Euro-Derivate von April 2016 bis April 2017 auf 1,05 Billionen Euro mehr als vervierfacht. Das ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Banken im Laufe des vergangenen Jahres gesetzlich gezwungen wurden, mehr Geschäfte über Clearinghäuser abzuwickeln. Aber auch die Unsicherheit wegen des Brexit hat der Deutschen Börse zusätzliches Geschäft beschert.
„Wir verzeichnen eine steigende Nachfrage von Kunden“, betont Eurex-Clearing-Chef Erik Müller. Und er macht deutlich, dass sich sein Unternehmen bereit fühlt, bei Bedarf große Teile des Londoner Clearinggeschäft zu übernehmen. „Unsere IT-Infrastruktur und unser Risikomanagement sind auf dem neuesten Stand und in vollem Maße skalierbar.“
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