Banken Warum für Frauen eine Karriere an der Wall Street immer noch schwierig ist

Auch auf dem Börsenparkett sind Frauen klar in der Unterzahl.
Düsseldorf Die Meldung sorgte für Jubel: Mit Jane Fraser steht ab Februar erstmals in der Geschichte der Wall Street eine Frau an der Spitze einer amerikanischen Großbank. Zu der historischen Beförderung gratulierte der 53-jährigen Citigroup-Managerin sogar die Konkurrenz.
Goldman Sachs-Chef David Solomon etwa nannte Fraser auf seinem LinkedIn-Profil eine „Pionierin“. Auch über den Twitter-Account des großen Konkurrenten ließ man die besten Glückwünsche ausrichten.
Christiana Riley, US-Chefin der Deutschen Bank, ging in der „Financial Times“ sogar noch einen Schritt weiter. Sie bezeichnete die Personalie Fraser als „Wendepunkt in Sachen Gleichheit“, den „alle Frauen an der Wall Street“ feierten.
Doch stimmt das wirklich?
Natürlich ist die Berufung Frasers etwas Besonderes für die Branche. Doch die reine Faktenlage zeigt auch: Daran, dass die Finanzindustrie generell und die Wall Street im Speziellen klare Männerdomänen sind, ändert die Nachricht erst einmal nichts.
Studien zeigen immer wieder: Fast nirgends haben es Frauen schwerer als in der Finanz- und Bankenbranche. Bankerinnen steigen nicht nur seltener auf als ihre männlichen Kollegen, sie brauchen in der Regel auch länger für ihren nächsten Karriereschritt und verdienen im Schnitt weniger.
Weniger Gehalt für Frauen – selbst im oberen Management
Für Wirbel sorgte zuletzt ein Bericht des „Wall Street Journal“ über die US-Managerin Karen Karniol-Tambour vom Hedgefonds Bridgewater Associates. Laut der US-Zeitung soll sich die 35-Jährige offiziell bei der obersten Riege ihres Arbeitgebers über ihr Gehalt beschwert haben, das deutlich niedriger liege als das vieler ihrer männlichen Kollegen in vergleichbaren Positionen.
Karniol-Tambour korrigierte kurz darauf den Zeitungsbericht. Zwar sei es richtig, dass sie mit dem Topmanagement von Bridgewater mehrfach über ihre Bezahlung gesprochen habe. „Allerdings ging es in diesen Gesprächen nicht um mein Geschlecht“, stellte die Managerin in einem E-Mail-Statement klar.
Der Fall steht stellvertretend für ein strukturelles Problem: Laut einer Studie der US-Denkfabrik Catalyst waren 2018 gerade einmal 17 Prozent der Top-Positionen an der Wall Street mit Frauen besetzt.
Und das schlägt sich auch aufs Gehalt nieder. So verdienen Frauen im Finanzbereich in den USA laut einem Bericht der „Association of University Women“ im Schnitt zwei Drittel von dem, was ihre männlichen Kollegen auf dem Gehaltszettel stehen haben. Bei der Citigroup, die mit Fraser bald von einer Frau geleitet wird und die Gehaltsunterschiede sehr viel offener kommuniziert als viele ihrer Konkurrenten, liegt die Lücke laut einer internen Auswertung im Schnitt bei 27 Prozent.
Zu wenig Bankerinnen in Top-Positionen – auch in Deutschland
Auch in Deutschland ist das Gender-Pay-Gap, also die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen, in der Finanzindustrie mit am größten. So verdient laut dem aktuellen Gehaltsreport der Jobplattform Stepstone eine Frau im Bereich Finanzen, Versicherungen und Banking hierzulande im Schnitt 57.373 Euro, während ein Mann in der Branche bei 73.826 Euro liegt. Zum Vergleich: Selbst in der männerdominierten IT ist der Unterschied nicht so gravierend. Dort kommen Frauen auf durchschnittlich 55.740 Euro, Männer auf 65.172 Euro.
Eine Auswertung der Personalberatung Willis Towers Watson (WTW) für das Handelsblatt von diesem Februar nennt einen ganz klaren Grund für die ungleichen Gehälter in der Branche. So gibt es in Deutschlands Finanzindustrie nur sehr wenig Frauen in verantwortungsvollen und entsprechend gut bezahlten Positionen. Konkret heißt das: In den Führungspositionen der deutschen Finanzbranche steht im Schnitt eine Frau drei Männern gegenüber.
Oder, um es mit anderen Worten zu sagen: Während an den Bankschaltern, auf Sachbearbeiterebene und im Kundendienst Frauen überrepräsentiert sind, ist das Management im Finanzsektor fest in männlicher Hand – in den USA und in Deutschland. Da ändern auch öffentlichkeitswirksame Beförderungen wie jetzt bei Citi wenig.
Mehr: Kaum Fortschritte bei der Diversität seit 2015: Männer dominieren Banken
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