Banco Popular: Die Lehren aus dem Ende für Anleger
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BankenabwicklungDie Lehren aus dem Popular-Ende für Anleger
Die rein private Rettung der spanischen Krisenbank Banco Popular hat allseits positives Echo erhalten: Staat und damit die Steuerzahler bleiben außen vor. Bei einer Gruppe hält sich die Freude darüber in Grenzen.
Madrid/Frankfurt Für einen Euro hat in Spanien die Banco Santander die illiquide Banco Popular gekauft. Alle rund 305.000 Aktionäre verlieren ihren Einsatz, ebenso die Besitzer von eigenkapitalähnlichen Anleihen (Additional Tier 1) und nachrangigen Anleihen (Tier 2). Insgesamt werden Anleihen über zwei Milliarden Euro wertlos.
Dem Notverkauf, der in der Nacht zum Mittwoch beschlossen wurde, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) die drohende Zahlungsunfähigkeit von Popular festgestellt hatte, gingen dramatische Stunden voraus: Banco Popular hatte am Dienstag offenbar den Aufsichtsbehörden mitgeteilt, dass sie am folgenden Tag ihre Schalter nicht mehr öffnen könne, weil ihr die nötige Liquidität fehlte, berichtet die Financial Times. Demnach habe Popular allein am Montag und Dienstag 3,6 Milliarden Euro Notkredite der EZB verbrannt. „Es gab einen Ansturm auf die Bank“, sagte EZB-Vizepräsident Vitor Constancio am Donnerstag in Tallinn. Die EZB hatte das drohende Aus der Bank mit fehlender Liquidität begründet.
Es ist das erste Mal, dass die EU die neue Richtlinie für die Bankenabwicklung anwendet und Besitzer nachrangiger Anleihen ihr Geld verlieren. Vor allem für den Markt für eigenkapitalähnlichen Anleihen, im Fachjargon Contingent Convertibles oder CoCo-Bonds genannt, ist der Total-Verlust ein Novum. Der Markt ist noch relativ jung, Erfahrungswerte gibt es nur wenige.
David Schnautz, Anleiheexperte der Commerzbank, geht davon aus, dass die Investoren jetzt umdenken. „Bisher haben die Bondholder zwar das Risiko unterzeichnet und auch entsprechend höhere Risikoprämien kassiert. Aber sie haben gehofft, dass die EU im Ernstfall doch einen anderen Weg wählt und den Staat zu Kasse bittet“, sagt er. „Künftig wird dieses Risiko stärker mit in die Prüfung einfließen“, erwartet er. Für Großbanken wie Banco Santander oder BBVA, die absolut systemkritisch sind, halte sich die Wahrscheinlichkeit zwar in Grenzen, dass dort im Notfall zu einer ähnlichen Lösung gegriffen werde. Aber für kleinere Institute könne es durchaus zu einer Neubewertung kommen. Tatsächlich lassen sich für den noch jungen Markt der CoCo-Bonds zwei Lehren aus dem Fall Popular ziehen.
Lehre Nummer 1: Der Ernstfall für solche Anleihen kann früher eintreten als gedacht. Coco-Bonds sind Anleihen, die das Eigenkapital einer Bank in Notzeiten stärken sollen: Sinkt die Eigenkapitalquote unter ein bestimmtes Niveau, werden sie in Aktien umgewandelt oder abgeschrieben. Im Gegenzug sind die Zinszahlungen höher als bei klassischen Anleihen.
Das ist die Theorie, doch in der Praxis können die Verluste noch schneller eintreten als gedacht. Für die CoCo-Anleihen von Popular etwa lag die Schwelle, bei der die Anleihen in Aktien umgewandelt werden sollen bei sieben Prozent und bei 5,125 Prozent. Diese Schwelle war zum Zeitpunkt der Abwicklung noch gar nicht berührt, die Kernkapitalquote lag stattdessen noch bei 7,33 Prozent, wie der spezialisierte Vermögensverwalter Assenagon schreibt.
Ausradiert wurden die Anleihen dennoch, eben weil die Bank in den Augen der Bankenaufseher als nicht mehr überlebensfähig galt. „Der Ausfall eines CoCos wird also nicht durch den eigentlichen Triggerpoint verursacht, vielmehr sind es die Aufsichtsbehörden, welche proaktiv Banken schließen, um einen Flächenbrand zu verhindern“, schreibt der Fondsmanager Daniel Björk vom Anlagespezialist Swisscanto.
Lehre Nummer 2 ist schon etwas beruhigender für CoCo-Besitzer: In der Risiko-Hierarchie gelten CoCo-Anleihen zwar als äußerst riskant – sie stehen im Risiko direkt hinter Aktien. Doch im Falle einer Pleite sind schnell auch andere nachrangige Anleihen betroffen, die in Relation zu CoCo-Bonds als sicherer gelten. Es falle auf, dass „auch Tier-2-Anleihen, die im Vergleich zu CoCos üblicherweise deutlich niedrigere Renditen aufweisen, ebenfalls vollständig zur Verlustabsorption herangezogen wurden“, analysiert Assenagon.
Die größten Banken Europas (nach Börsenwert)
Deutsche Bank
Deutschland
23,8 Milliarden Euro
Quelle: Bloomberg / Stand: 13.12.2016
BBVA
Spanien
41,8 Milliarden Euro
Nordea Bank
Dänemark
42,6 Milliarden Euro
Barclays
Großbritannien
46,1 Milliarden Euro
Lloyds Bank
Großbritannien
52,3 Milliarden Euro
ING
Niederlande
52,9 Milliarden Euro
Sberbank
Russland
58,3 Milliarden Euro
UBS
Schweiz
60,2 Milliarden Euro
Banco Santander
Spanien
71,3 Milliarden Euro
BNP Paribas
Frankreich
73,8 Milliarden Euro
HSBC
Großbritannien
154,7 Milliarden Euro
Alles in allem hat der Markt für CoCo-Anleihen die Popular-Abwicklung aber gut verdaut. Eine große Panik löste dieser Ernstfall am Markt für solche eigenkapitalähnlichen Anleihen bislang jedenfalls nicht aus. Die individuellen Probleme der Banco Popular seien „seit einiger Zeit erkennbar“ gewesen, schreibt Assenagon. „Da es sich hier um ein isoliertes Ereignis handelt, waren keine nennenswerten branchenweiten Ansteckungseffekte zu beobachten“, heißt es in der Analyse des Vermögensverwalters. Nach anfänglichen leichten Verlusten hätten sich die meisten anderen CoCo-Anleihen schnell erholt.
Auch der Anlagespezialist Swisscanto Invest rechnet nicht mit einem „breiten Einfluss“ auf den Coco-Markt. Er stimmt aber mit der Einschätzung von Schnautz überein, dass Anleger sich künftig genauer ansehen werden, „welche Emittenten ausreichend kapitalisiert, diversifiziert und nachhaltig aufgestellt sind, um den zukünftigen Herausforderungen zu genügen“, sagt Swisscanto-Fondsmanager Daniel Björk. Das werde sich künftig auch stärker in den Risikoprämien einzelner Emissionen niederschlagen.
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