SPD-Chef Gabriel will Banken dazu zwingen, ihr Investment- und Privatkundengeschäft aufzuspalten. Es gibt aber viele Gründe, die dagegensprechen.
Eine Universalbank in ihre Einzelteile zu zerlegen ist so, als würde man siamesische Zwillinge trennen: Zu sehr sind die einzelnen Geschäftsbereiche der Kreditinstitute in den vergangenen Jahren zusammengewachsen. Zu schwer würde es die Sparten treffen, risse man sie jetzt auseinander. Eine Operation ohne Garantie für den Chirurgen, dass die Patienten allein auch überlebensfähig wären.
Das Investment-Banking, das Politiker wie SPD-Chef Sigmar Gabriel in diesen Tagen am liebsten verbieten würden, ist mehr als nur der Eigenhandel und mehr als nur das riskante Geschäft mit Anleihen, Aktien oder Derivaten, das viele Kritiker meinen, wenn sie fordern, die Banken zu zerschlagen. Investment-Banking ist vor allem Beratung und Kapitalmarktexpertise. Dieses Geschäft lässt sich perfekt mit dem klassischen Kundengeschäft verbinden. Und das haben viele Universalbanken in den vergangenen Jahren auch sehr erfolgreich getan, gerade beim sogenannten M&A-Geschäft, dem Geschäft mit Fusionen und Übernahmen.
In der Regel ist es ein großer Vorteil für die Bank, aber auch den Kunden, wenn das beratende Institut kein reines Investmenthaus, sondern eine Universalbank ist. Eine Bank, die nicht nur berät, sondern auch über ein eigenes Kreditbuch verfügt, also im Zweifel bei der Finanzierung einer milliardenschweren Übernahme einspringen beziehungsweise Kredite verlängern oder erhöhen kann. Kunden schätzen diesen Rundum-Service, zumal das M&A-Geschäft in den vergangenen Jahren immer internationaler und deshalb für alle Beteiligten komplexer geworden ist.
Universalbanken können zudem Verluste zwischen einzelnen Sparten ausgleichen und ihre Risiken stärker streuen, also besser kontrollieren. Zumindest theoretisch. „Das Universalbankensystem hat sich bei uns als sehr stabil erwiesen“, sagt Hans-Peter Burghof von der Universität Hohenheim. Erst als die Geldhäuser hochkomplexe und undurchsichtige Finanzprodukte sowie Bonussysteme wie in den USA eingeführt hätten, sei es zur Krise gekommen.
Bankenfachmann Burghof hält „herzlich wenig“ von Gabriels Vorschlägen: „Wir haben in Europa ganz andere Erfahrungen und einen ganz anderen historischen Hintergrund mit unserem Bankensystem als die Amerikaner“, sagt der Wissenschaftler.
Die US-Investmentbank Lehman Brothers, deren Zusammenbruch im September 2008 die Finanzkrise dramatisch verschärfte, war ja nichts anderes als eine Trennbank: eine reine Investmentbank ohne Spareinlagen und Firmenkredite. Und wahrscheinlich führte gerade diese Tatsache zu der Entscheidung der US-Regierung unter Präsident George W. Bush, die Bank nicht zu retten, sondern pleitegehen zu lassen.
Für die US-Banken wäre die Einführung eines Trennbankensystems immerhin die Rückkehr zu einer von 1933 bis 1999 geübten Praxis. Für europäische Universalbanken hingegen liefe die Zerschlagung in Geschäftsbanken und Investmentbanken auf ein mehr als riskantes Abenteuer hinaus. Denn viele europäische Banken haben gar kein eigenständig lebensfähiges Investment- oder Privatkundengeschäft.
Die Folge einer Aufspaltung, so Finanzexperten, wäre eine Welle von Fusionen und Übernahmen. Die Banken, die von der Finanzkrise am stärksten betroffen waren, waren übrigens gerade keine Universalbanken: HRE, IKB, WestLB oder BayernLB. Und schließlich: Ein Trennbankensystem hätte auch nicht die Immobilienblasen in Spanien, Portugal und Irland verhindert. Diese waren vielmehr, wie in den USA, die Folge billigen Zentralbankgeldes.
Wenn die Krisenjahre etwas bewiesen haben, dann ist es die Überlegenheit des sogenannten Universalbanken-Modells. Wenn man die Bereiche stärker als bisher voneinander abgrenzen will, braucht man eine Bank nicht gleich zu zerschlagen.
Bestes Beispiel dafür ist die Deutsche Bank. Sie kam bisher ohne Staatshilfe durch die Krise, weil sie trotz eines dominanten Investment-Bankings schon vor der Übernahme der Postbank in Europa auf zehn Millionen Privatkunden als Gegengewicht bauen konnte. Mit dem Zukauf der Bonner Filialbank und dem Erwerb des privaten Bankhauses Sal. Oppenheim wird zukünftig ein noch stärker ausbalanciertes Geschäftsmodell entstehen.
Der Wirtschaftswissenschaftler John Vickers hat für die britische Regierung ein Modell entworfen, bei dem die Geldhäuser intern das Privatkundengeschäft und Investment-Banking strikt voneinander abschotten können. Dieses „Ringfencing“ soll dafür sorgen, dass für das Finanzsystem wichtige Funktionen wie der Zahlungsverkehr oder die Sicherheit von Sparkonten nicht leiden, wenn Risikogeschäfte schiefgehen. Deutsche-Bank-Risikovorstand Hugo Bänziger kann sich so ein Modell grundsätzlich vorstellen. Es komme aber auf die konkrete Ausgestaltung an, sagt er.
Die Gleichung „Investment-Banking ist böse, Kreditbanken sind gut“ hat mit der Realität nichts zu tun. Die Jahre seit der Lehman-Pleite haben nämlich gezeigt, dass es vor allem auf die Risikomanager in den einzelnen Instituten ankommt, damit eine Bank nicht in Schieflage gerät oder vom Staat gerettet werden muss.
Häuser wie die Düsseldorfer WestLB oder der Mittelstandsfinanzierer IKB wurden vor allem deshalb zu Sanierungsfällen, weil das Management zu stark in den toxischen Subprime-Papieren am US-Immobilienmarkt engagiert war. So handelte man sich in einem eng begrenzten Feld am Kapitalmarkt nicht beherrschbare Klumpenrisiken ein. Diese Konzentration von Risiken ist auch heute wieder aktuell.
Banken mit gutem Risikomanagement haben ihre Anlagen über viele Staaten und Asset-Klassen gestreut, sie können Abschreibungen – etwa auf griechische Bonds – besser verdauen als andere Institute. Ein schlechtes Risikomanagement kann alle Geschäftsmodelle treffen. Die lokale Sparkasse Köln-Bonn etwa patzte bei der Vergabe großer Kredite für Renommierprojekte, bei der weltweit agierenden UBS verhagelten Spekulationen eines einzelnen Händlers die Bilanz.
„Keine Bank darf so groß sein, dass sie die Regierung erpressen kann“, sagte Kanzlerin Angela Merkel vor zwei Jahren. Milliardenverluste wie bei der Immobilienbank HRE, die nur mit Hilfe des Staates gerettet werden konnte, sollen nie mehr vorkommen.
Inzwischen allerdings kommt es bei Rettungsaktionen weder auf die Größe des Instituts noch darauf an, ob es sich um eine Investmentbank oder eine Universalbank handelt. Das zeigt ein Blick in das seit Anfang 2011 geltende Bankenrestrukturierungsgesetz.
Danach sollen Kapitalhilfen zwar angeschlagenen Instituten wieder auf die Beine helfen. Dabei trennt der Rettungsfonds Soffin in Kooperation mit der Finanzaufsicht Bafin aber zwischen erhaltenswerten, systemrelevanten Bereichen wie dem Kreditgeschäft und nicht systemrelevanten Bereichen wie dem Investment-Banking. Diese können nach dem Gesetz abgespalten und abgewickelt werden.
Für den Staat bleibt das Risiko damit schon jetzt möglichst klein. Der Soffin selbst ist auf Nothilfe vorbereitet. Es wurden drei Brückenbanken gegründet, eine ist mit dem nötigen Kapital ausgestattet, um sofort starten zu können. Insgesamt könnten 100 Milliarden Euro Liquiditätsgarantien und 20 Milliarden Euro mobilisiert werden, um Banken zu rekapitalisieren.
Der Kapitalmarkt ist ein wankelmütiger Patron, wie die Finanzkrise gezeigt hat. Banken, die sich allein dort finanzieren, finden nur wenige Kreditgeber und geraten schnell in Liquiditätsnöte – wie jüngst die belgisch-französische Dexia, die ihre langfristigen Darlehen vor allem über kurzfristige Kapitalmarktkredite finanziert hatte.
Die Risiken sind auch Profiinvestoren wie Versicherungen, Fonds oder Banken bewusst. Banken, deren einzige Finanzquelle der Kapitalmarkt ist, bekommen deshalb zu eher ungünstigen Konditionen Kredite. Die Kapitalmärkte folgen der Logik: Wer hat (Privatkundeneinlagen), dem wird gegeben (Kapitalmarktkredite). Solche Refinanzierungsthemen sind ein Grund dafür, dass es für Finanzinvestoren derzeit so schwer ist, Banken zu kaufen, die vom Kapitalmarkt abhängig sind.
Denn die Märkte halten sowohl die Investoren als auch die Banken für riskant und leihen ihnen ungern Geld. So scheiterte gerade der geplante Kauf der BHF-Bank durch einen Finanzinvestor. Eine Trennung zwischen einlagenfinanzierten Banken und reinen Kapitalmarktbanken würde wohl dazu führen, dass Letztere ihre Produkte teurer anbieten müssten, weil sie sich selbst nur teuer refinanzieren können.
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Wissen die Leserbriefschreiber, was Investmentbanking ist? Wollen sie, daß alle börsennotierten Unternehmen in D Ausländern gehören? Wir sind Ex-Exportweltmeister und nur 46% gehen in die EU. Die wenigsten Exporte dürften in € laufen; die Absicherung dieser Geschäfte geschieht mit Derivaten. Wenn sich ein Mittelständler an einer Aus-schreibung zB in den USA beteiligt, braucht er ein Derivat, das ihn dagegen schützt, den Auftrag zu einem USD-Wechselkurs zu bekommen, der vom kalkulierten abweicht. Und die beliebten 10 - 20 Jahren Festzinsen für den deutschen Häuslebauer sind auch nur über Derivate dar-stellbar. Etc.
Eine Vermischung hat uns nur Probleme bereinigt. Und die Zocker haben erst sich und dann unsere Wirtschaft abgezockt.
### Schmeißt die Zockerbaken vom Parket ####
Das ist grundsaetzlich richtig, aber das Steuergeld was eingesetzt wird zur Rettung der kommerziellen Banken ist das einzige Geld, was begruendet hergegeben werden kann. Die Hergabe von Steuergeld zur Rettung von Investmentbanken wuerde ein falsches Zeichen setzen. Es wuerde den Investmentbankern das Signal geben, wir sind auf dem richtigen Weg. Die Politik unterstuetzt uns!
War es nicht so, als es in der Finanzkrise 2008 um die Boni ging?
Es ist an der Zeit den Reset-Knopf zu betaetigen und zwar solange bis ein neuer Typus an Bankern nachgewachsen ist. Erinnern wir uns an das Gesicht mit dem Viktory-Zeichen. Wir haetten es bereits frueher erkennen koennen.
Hat nicht gleicher Mann 25 % Rendite von seinen Mitarbeitern verlangt? Oeffentlich - wir haetten es erkennen muessen.
Wird das Investmentbanking nicht als die Zockerbude in der Bank erkannt? Basiert deren Ergebnis nicht aus den Handelsgewinnen - der Differenz zwischen Kauf und Verkauf. Das bedeutet, dass dieser Teil der "Bank" nicht funktioniert, wenn es keine Preisschwankungen gibt. Anders ausgedrueckt, je volatiler, bewegter die Maerkte sind, um so besser funktioniert Investmentbanking. Und das soll gestuetzt werden.
Gibt es da nicht eine Bank, deren Ergebnis zu 80% aus dem Investmentbanking kommen soll?
Kein Cent aus Steuergeld!
Die Unterstützung der gegen die Banken gerichtete Proteste durch die Politiker ist ein scheinheiliges Ablenkunsmanöver.
In einer Demokratie ist grundsätzlich erlaubt, was nicht verboten ist. Diesen Freiraum haben die Banken intelligent genutzt. Die Politiker hingegen haben versäumt rechtzeitig Grenzen zu ziehen, die Auswüchse und Risiken begrenzen. Gegen sie müsten sich die Proteste richten
Einseitig!
Wo bitte sind die Vorteile einer Trennung des "klassichen" Bankgeschäftes vom Investment-Banking?
Ich bin überzeugt, dass vielen "Nachteilen" widersprochen werden kann und wird. Beispiele:
+ Lehman: das zeigt dass eine Trennung notwendig ist. Eine Kombi-Bank wäre gemäss HB ein "too big to fail" Fall gewesen.
+ Höhere Produktpreise: hätten ein (gewünschten) regulierenden Effekt.
Dochdoch! Für diese wertvolle Erkenntnis war die Zusammenarbeit von 7 (sieben!) Autoren erforderlich!
von Michael Brackmann, Jens Münchrath, Christian Panster, Peter Köhler, Yasmin Osman, Thorsten Giersch und Robert Landgraf
Mal eine Frage an den pluralis majestatis,
Was ist das eine Prozent das fehlt?
Sind es die volkstümlichen Tassen im Schrank?
Genug gelästert an die Arbeit!
Das Grundübel ist die Haftungsverschiebung, die darf es auf keinen Fall geben. Ist eine Bank oder sonst ein Unternehmen (auf deutsch) zu deppert um solide zu wirtschaften dann muss es Pleite gehen.
Nur dadurch, dass im Extremfall der Totalverlust droht ist jeglicher Gewinn gerechtfertigt. Wer den Verlust abwälzen will verliert das Recht auf Besitz und Gewinn.
Punkt ende der Debatte.
Aber die Folgen für die Volkswirtschaft wenn...
Okay über die Abmilderung der Folgen lässt sich reden aber nicht über die Konsequenz der Pleite.
Vorschläge dazu wären:
Eine Abwicklungsabteilung z.B. bei der EZB. Ist eine Bank Pleite wird sie als Vertrauensbildung für die Einleger dieser EZB Abteilung unterstellt und geordnet abgewickelt. Ein Liquiditäts Fond der von der EZB verwaltet wird stellt sicher, das am Ende der Abwicklung die EZB nicht auf Verlusten sitzen bleibt.
Variante 2 wäre aus meiner Sicht die Hall Idee.
Wie bisher werden die schlechten Papiere in eine bad Bank ausgelagert aber anstatt diese bad Bank mit Steuergeldern zu füttern, wird die bad Bank die Eigentümerin der good Bank. Im Grundsatz werden dabei die Eigentümer durch ihre eigene Bank enteignet. Die Idee hat Grenzen wäre aber rein rechnerisch sogar noch bei Lehman aufgegangen.
Zu guter letzt noch eins. 1929 2008 und jetzt wieder taucht immer das gleiche Problem auf. Früher sagte man jedem Banklehrling im ersten Jahr:
Die goldene Regel lautet:
Die Bank leiht sich immer soviel Geld über soviel Zeit wie sie es auch verleiht.
Das Elend in allen Bankenkrisen ist, sich kurzfristig zu verschulden um langfristige Kredite vergeben zu können. Das könnte die BaFin sehr leicht abstellen und somit viel Druck aus dem Kessel nehmen.
Frohes Schaffen allerseits
Als Bürger der Bundesrepublik Deutschland erwarte ich von der Politik Lösungen. Der Vorschlag der Trennung wird die nächsten Wochen in den Talkshows lang und breit diskutiert werden. Um es vorwegzunehmen: Ob nun so oder anders, Entweder es geschieht etwas exakt in diese Richtung oder 2013 wird es die Koalition aus Piraten, Linken und Grünen erledigen. Also, net schwätze, mache.
Typisch Herr Gabriel...Kaum hat er wieder ein populistisches Thema gefunden, spring er natürlich direkt darauf an. Sicherlich sind ein Großteil der Finanzinstitute nicht ganz unschuldig an derzeitige Eurokrise und haben es auch seit der Finanzmarktkrise 2008 versäumt entsprechende Vorkehrungen vorzunehmen. Allerdings sehe ich in erster Linie, die Eurostaaten in der Pflicht, ihre politischen Hausaufgaben, sprich Hauskonsolidierung und Schuldenabbau, entschieden voranzutreiben. Sollten hier substantielle Erfolge zu verzeichnen sein, werden sich die Kapitalmärkte hinsichtlich der Staatsanleihen und die Ratingagenturen beruhigen. Aber dazu fehlt im Moment jeder Partei der Mut dies anzusprechen. Die Versäumnisse der Vergangenheit werden derzeit hart bestraft.
Die Trennung wird sich ganz ganz schlecht durchführen lassen. Die Bankenlobby sträubt sich wehement. OK, das muss man zur Kenntnis nehmen. Welche Möglcihkeiten hat man dann noch, um die "vernünftigen" Bankgeschäfte (Konsumfinanzierung, Staatenfinanzierung, Privatkunden) auf eine sichere Basis zu stellen? Die Antwort:
Wir brauchen MEHR Banken anstatt weniger. Denn die derzeitigen Marktteilnehmer haben alle Risiken in den Tresoren und werden anahnd des Risikomanagements bei Staatsanleihen zurückhaltend sein bzw. sehr hohe Risikoaufschläge einfordern.
Gesunde (neue) Banken haben dieses Risikoproblem nicht. Auf Dauer werden die Risikobanken vom Markt selbst abgestraft, der aber dann wieder funktioniert, weil die Staatsanleihemärkte entspannt sind.
Auch könnten Firmenbanken großer europ. KOnzerner an der Staatsfinanzierung beteiligt werden, z.B. Siemens, Daimler, BMW, Fiat, Peugot, die ja z.T. schon eigene Banken haben.
Also ...mehr Banken statt weniger.......die großen werden dann von selbst schrumpfen oder zu 100% nur noch als INvestmentbanken aktiv sein. Problem von selbst gelöst.