Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Bankentag Banker und Politiker kommen sich vorsichtig wieder näher

In der Coronakrise konnte die Finanzbranche Vertrauen zurückgewinnen. Aber ein Rest von Misstrauen bleibt. Bundespräsident Steinmeier warnt vor den Folgen neuer Finanzskandale.
19.04.2021 - 18:05 Uhr Kommentieren
Der Bundespräsident mahnte die Banker, die nach der Finanzkrise zurückgewonnene Glaubwürdigkeit nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen. Quelle: dpa
Frank-Walter Steinmeier

Der Bundespräsident mahnte die Banker, die nach der Finanzkrise zurückgewonnene Glaubwürdigkeit nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Zeiten, in denen sich Politiker eher ungern mit Bankern in der Öffentlichkeit blicken ließen, scheinen endgültig vorbei zu sein. Auf seinem traditionellen Bankentag konnte sich der Bundesverband deutscher Banken (BdB) jedenfalls vor politischer Prominenz kaum retten.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen blickte zwar noch einmal kurz zurück in die Vergangenheit, als „heftige Kritik an den Banken und ihrem Geschäftsgebaren wie selbstverständlich dazugehörte“, dann dankte sie den Banken aber ausdrücklich: „Sie haben in den vergangenen Monaten verlässlich an der Seite unserer Unternehmen gestanden, sie haben in der Krise Rückzahlungen gestreckt und mit Liquidität geholfen.“

Kein Zweifel: Die Politik erkennt an, dass die Banken in der Coronakrise Teil der Lösung und nicht Teil des Problems waren. Aber der erste Teil der Bemerkung von der Leyens zeigt, dass auch 13 Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise das Misstrauen gegenüber der Branche noch nicht vollständig ausgeräumt ist. Neu ist, dass die privaten Banken mit frischem Selbstbewusstsein nun ihrerseits die Politik unter Druck setzen: Sie fordern eine engere europäische Kooperation ein – und dabei geht es nicht nur um die Bankenunion.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bemühte den Dichter Matthias Claudius, um die Banker zu mahnen, die nach der Finanzkrise zurückgewonnene Glaubwürdigkeit nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen: „Die Ehre eines Menschen hängt daran, ob wir ihm vertrauen können. Fälle wie die insolvente Bremer Greensill Bank und mehr noch der Fall Wirecard sind dagegen geeignet, das mühselig zurückgewonnene Vertrauen wieder zu verspielen“, betonte Steinmeier. „Betrug beschädigt das Fundament des Finanzsystems insgesamt“ – unabhängig davon, welcher Akteur verantwortlich sei.

Außerdem erinnerte der Bundespräsident die Geldhäuser daran, dass die Coronakrise noch nicht ausgestanden sei. Die Banken täten gut daran, den Finanzsektor vor möglichen pandemiebedingten Turbulenzen zu schützen.

Neuer Cheflobbyist für die privaten Banken

Der diesjährige Bankentag steht auch für einen Wachwechsel. Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing wurde zum neuen Präsidenten des BdB gewählt, am 1. Juli wird er das Amt vom Verwaltungsratschef der Privatbank Berenberg, Hans-Walter Peters, übernehmen.

Als neuer Cheflobbyist der privaten Banken will er künftig gegen zu strikte Regulierung in der Finanzbranche kämpfen. „Wir in Europa drohen immer weiter zurückzufallen“, warnte Sewing. „An manchen Stellen sind es die komplizierten Rahmenbedingungen in Deutschland und Europa, die dem Wandel entgegenstehen, weil sie die Ertragskraft der Branche spürbar beeinträchtigen.“

Speziell bei den unter „Basel IV“ bekannten Kapitalvorgaben seien die Besonderheiten des deutschen Bankensystems nicht ausreichend berücksichtigt. Auch die Bankenabgabe, die die Institute für eine mögliche Abwicklung von Geldhäusern jährlich bezahlen müssen, dürfe nicht weiter steigen, warnte er.

In Sachen Regulierung und „Basel IV“ konnte ihm Kommissionspräsidentin von der Leyen allerdings wenig Hoffnung machen: „Spätestens im Herbst wollen wir unseren Gesetzesvorschlag vorlegen, denn wir halten diese Regeln weiterhin für richtig“, betonte die EU-Politikerin. Die Kommission sei davon überzeugt, dass die „verstärkten Eigenkapitalanforderungen der Grund sind, warum die Banken heute, anders als in der Finanzkrise 2008, Teil der Lösung und nicht Teil des Problems sind“.

Seismograf für das Verhältnis zur Politik

Eigentlich hätte der Bankentag bereits im vergangenen Jahr stattfinden sollen, doch das verhinderte die Pandemie. Jetzt wurde das Großereignis als virtuelle Veranstaltung nachgeholt. Die seit 1902 existierende Veranstaltung eignet sich ausgezeichnet als Seismograf für die Schwankungen im Verhältnis von Banken und Politik.

2011 dominierte noch die Angst vor der Unbelehrbarkeit gieriger Banker. Der damalige Bundespräsident Christian Wulff wähnte die Branche in „Parallelwelten“. Drei Jahre später schrieb Wulffs Nachfolger Joachim Gauck den Finanzmanagern noch einmal ins Stammbuch, dass sie sich nach den Exzessen der Vergangenheit wieder am „Ideal des ehrbaren Bankiers“ orientieren müssten.

2017 war der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) der oberste politische Vertreter, und er machte die Banken darauf aufmerksam, dass sie für politische Verwerfungen wie den Aufstieg von Populisten wie Donald Trump mitverantwortlich seien.

2021 fiel der Ton deutlich freundlicher aus. Was allerdings nicht bedeutet, dass es keinen Konfliktstoff zwischen Politik und Banken mehr gibt. Bundespräsident Steinmeier forderte von den Geldhäusern mehr Mut bei der Finanzierung von Innovationen. „Kunden vertrauen ihren Banken, aber Banken sollten auch ihren Kunden, ihren Ideen, ihrer Kreativität vertrauen“, sagte Steinmeier auf dem Bankentag. „Mir scheint, an Letzterem mangelt es bisweilen.“

Schulterschluss von privater und öffentlicher Finanzierung

Sewing wies die Vorwürfe zurück: „Jede Bank in Deutschland fordert heute schon erheblich Innovationen“, sagte er. Um noch mehr Investitionen in Schlüsseltechnologien tätigen zu können, macht sich Sewing jedoch schon länger dafür stark, dass die staatliche Förderbank KfW bei Innovationskrediten einen Teil der Haftung übernimmt – ähnlich wie bei den Corona-Hilfen.

Es brauche einen Schulterschluss von privater und öffentlicher Finanzierung, um Schlüsselindustrien wie Infrastruktur, Mobilität und grüne Technologien gezielt zu fördern, sagte Sewing. „Es geht um staatliche Förderprogramme, die noch viel stärker darauf ausgerichtet sind, private Investitionen zu mobilisieren.“

Grundsätzlich könnten Geldhäuser die „Jahrhunderttransformation zu einer digitalen nachhaltigeren Wirtschaft“ nicht allein über die Bankbilanzen finanzieren, betonte Sewing. Eine europäische Kapitalmarktunion sei dafür unabdingbar. „Der Green Deal ist direkt verknüpft mit der Kapitalmarktunion, das eine funktioniert nicht ohne das andere.“

Und Sewing hat selbst eine ganze Reihe von Wünschen an die Politik: Europa müsse sich geopolitisch gegen die USA und China behaupten, mahnte der Banker. Dazu gehören für den Deutsche-Bank-Chef auch eine Verteidigungsunion und eine eigenständige Außenpolitik der EU.
Mehr: Deutsche Privatbanken ziehen Konsequenzen aus der Greensill-Pleite

Startseite
Mehr zu: Bankentag - Banker und Politiker kommen sich vorsichtig wieder näher
0 Kommentare zu "Bankentag: Banker und Politiker kommen sich vorsichtig wieder näher"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%