Bankenwesen Wird die Frankfurter Volksbank demnächst größte Volksbank?

Das Institut liegt nach Bilanzssumme nur noch zwei Milliarden Euro hinter dem Branchenführer Berliner Volksbank.
Frankfurt Nach 19 Fusionen seit 1990 ist die Frankfurter Volksbank eG nicht mehr weit davon entfernt, zur größten deutschen Volksbank zu werden. Mit den beiden jüngsten Zugängen, deren technische Integration bis Oktober abgeschlossen werden soll, liegt sie nach Bilanzsumme nur noch 2 Milliarden Euro hinter Branchenführer Berliner Volksbank eG. Eva Wunsch-Weber, die Chefin des Frankfurter Instituts, glaubt, dass die Konsolidierung noch nicht vorbei ist.
„Die Anzahl der genossenschaftlichen Banken wird in Deutschland weiter sinken“, sagte die Managerin, die ihre Karriere einst mit einer Ausbildung bei der Deutschen Bank AG begonnen hatte, in einem Interview mit Bloomberg News. Besonders in Frankfurt gebe es einen harten Wettbewerb. Die Bündelung der Kräfte sei schon immer Teil der Strategie der Bank gewesen, durch Fusionen werde man effizienter und stärker.
In diesem Jahr holt die Frankfurter Volksbank sowohl die Volksbank Griesheim eG als auch die Vereinigte Volksbank Maingau eG unter ihr Dach. Unterm Strich ergibt das 1.700 Mitarbeiter und über 600.000 Kunden bei einer Bilanzsumme von rund 11,6 Milliarden Euro und einer Kernkapitalquote von 19,7 Prozent.
Die Dreier-Fusion ist beispielhaft für die Konsolidierung in der deutschen Bankenbranche. Allein im vergangenen Jahr war die Anzahl der Institute um 65 auf 1823 zurückgegangen, zeigen Zahlen der Deutschen Bundesbank.
Für Branchenkenner kommt die Entwicklung nicht überraschend. „Die Zahl der Banken sinkt, weil die Regulatorik es kleinen Häusern zunehmend erschwert, sich zu behaupten. Sie brauchen zum Beispiel Spezialisten für eine Vielzahl aufsichtlicher Meldungen, die es nicht überall gibt und die teuer sind“, erklärte Steffen Steudel, Sprecher des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken.
Wunsch-Weber bestätigte das indirekt. „Das Meldewesen an die Aufsichtsbehörden ist nur ein Bereich, in dem wir uns personell verstärkt haben“, sagte sie. Das sei mit finanziellem Mehraufwand verbunden. „Wir haben uns abgewöhnt, zu berechnen, wie hoch die Regulierungskosten genau sind.“ Dennoch hat sie eine Botschaft an die Aufsichtsbehörden: „Wir würden uns wünschen, dass bei den Vorgaben die Größe und das Risiko einer Bank stärker berücksichtigt werden.“
Rund 50 Einstellungen dieses Jahr
Im bisherigen Jahresverlauf hat die Frankfurter Volksbank nach eigenen Angaben etwa 50 neue Mitarbeiter an Bord geholt. Dabei handele es sich unter anderem um Spezialisten, etwa in den Bereichen Steuer, Recht und Risiko-Controlling.
Unterm Strich soll es durch den aktuellen Zusammenschluss keine Kündigungen bei der Frankfurter Volksbank geben, auch wenn die Anzahl der Stellen in den nächsten Jahren auf Grund von Pensionierungen und ausbleibenden Nachbesetzungen schrumpfen wird. „Bei Zusammenschlüssen geben wir eine Beschäftigungsgarantie von fünf Jahren“, sagte Wunsch-Weber. „In unserer 156-jährigen Geschichte haben wir noch nie betriebsbedingt gekündigt.“
Wenn es um die Suche nach geeigneten Mitarbeitern geht, sieht Wunsch-Weber in Frankfurt sowohl Vor- als auch Nachteile. Zwar gebe es hier viele Talente, doch seien diese gerade im deutschen Finanzzentrum hart umkämpft. Grundsätzlich ist sie froh über den Standort. „In Frankfurt bekommt man frühzeitig ein Gespür für Trends in der Branche“, erklärte sie. Zudem wachse die Stadt, was gut für die Bank sei.
Die Suche nach Angestellten dürfte künftig nicht einfacher werden. Viele Banken wollen wegen des anstehenden Brexits einen Teil ihrer Aktivitäten von London nach Frankfurt umsiedeln. „Wir gehen davon aus, dass in den nächsten zwei Jahren von den 20 Instituten, die im Brexit Geschäft verlagern werden, circa 3.000 bis 5.000 neue Arbeitsplätze in Frankfurt aufgebaut werden“, sagte Oliver Wagner, Geschäftsführer des Verbands der Auslandsbanken in Deutschland.
Vermögensverwaltung ab 250.000 Euro
Neben dem klassischen Retailbanking ist die Frankfurter Volksbank auch in der Vermögensverwaltung aktiv. Diese zielt auf Privatleute und Mittelständler, die mindestens 250.000 Euro anlegen wollen. „Hier verzeichnen wir in jedem Jahr zweistellige Wachstumsraten bei Mandaten und verwaltetem Vermögen“, sagte Wunsch-Weber. Die Zahl der Mitarbeiter in diesem Bereich sei gestiegen und liege nun bei 15.
Anders als bei anderen Banken sind viele Kunden der Volksbanken gleichzeitig auch deren Eigentümer. Sie werden am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt und erhalten in der Regel einmal pro Jahr eine Dividende. Bei der Frankfurter Volksbank lag diese 2017 bei 6 Prozent auf die Genossenschaftsanteile.
Wunsch-Weber ist seit Jahrzehnten in der Finanzbranche aktiv. Nach einer Station bei der Commerzbank AG wechselte sie 1993 zur Frankfurter Volksbank. Ab 1997 verantwortete sie das Vorstandssekretariat. Nach Posten als Direktorin und Generalbevollmächtigte wurde sie 2008 zum stellvertretenden Vorstandsmitglied, bevor sie schließlich im Jahr 2012 den Chefsessel übernahm.
Dass sie als Frau ein Finanzinstitut leitet, sorgt laut Wunsch-Weber in der Region kaum für Gesprächsstoff. „Frankfurt ist von großer Offenheit geprägt. Wir hatten lange Zeit auch eine sehr erfolgreiche Oberbürgermeisterin“, sagte sie. „Ich bin optimistisch, dass wir in der Branche künftig noch mehr Frauen in Führungspositionen sehen werden.“
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