Banker im Porträt Garth Ritchie hätte die Deutsche Bank fast verlassen, nun ist er Vizechef

Gilt als wettbewerbsfreudig und gelegentlich ungeduldig.
Frankfurt Ein englisches Sprichwort lautet: Rugby ist eine von Gentlemen gespielte Raufbold-Sportart, Fußball ist ein von Raufbolden gespielter Gentlemen-Sport. Garth Ritchie war einmal ein sehr guter Rugby-Spieler, und das beschreibt die Art des 49-jährigen Südafrikaners recht gut. Ritchie gilt in der Bank als wettbewerbsfreudig, gelegentlich ungeduldig und als Manager, der keine Entscheidungen scheut.
Diese Eigenschaften wird er in den nächsten Jahren unter Beweis stellen müssen. Die Entscheidung darüber, in welchen Feldern die Deutsche Bank auch künftig noch aktiv bleiben will und wo sie besser aussteigt, muss bald fallen, wenn die Bank wieder nachhaltig erfolgreich sein will. Nach dem Abgang von Marcus Schenck trägt Ritchie nun allein die Verantwortung für den Erfolg.
Als Investmentbanker zählt Ritchie zu der seltenen Gattung des loyalen Händlers, der praktisch sein ganzes Berufsleben lang für ein Institut arbeitet: 1996 fing er in Südafrika bei der Deutschen Bank an, wechselte später nach London, wo er 2009 Chef des globalen Aktienhandels wurde.
Manchem in der Bank gilt er als Teil der Mannschaft um den früheren Bank-Chef Anshu Jain. Seine Befürworter bestreiten das, und zum Kern der umstrittenen Truppe zählte er nie. Er gehört zu den wenigen hochrangigen Händlern aus dieser Zeit, denen kein Skandal anhaftet.
Dank seiner langjährigen Zeit im Haus gilt er als bestens vernetzt unter den Investmentbankern der Deutschen Bank. Die Wertschätzung schlug sich auch in seinem Gehalt nieder. Dank einer Funktionszulage und Nebenleistungen verdiente er zuletzt sogar mehr als Marcus Schenck, mit dem er die Sparte seit vergangenen Sommer leitete.
Dennoch war sein Aufstieg zum alleinigen Chef des Investmentbankings und Vizechef der Bank alles andere als selbstverständlich. Zwei Punkte sorgten bei der entscheidenden Aufsichtsratssitzung für Diskussionsstoff. Zum einen war dem Aufsichtsrat bekannt, dass Ritchie damit geliebäugelt hatte, die Bank nach immerhin 22 Jahren zu verlassen. Zum anderen waren nicht alle Aufsichtsratsmitglieder davon überzeugt, dass man dem neuen Chef Christian Sewing gleich zwei Stellvertreter an die Seite stellen müsse.
Letztlich setzten sich Ritchies Befürworter – zu denen auch Aufsichtsratschef Paul Achleitner gehört – durch. Für sie zählt, dass Ritchie sich nach einem intensiven Gespräch mit Sewing klar für die Deutsche Bank entschieden hat.
„Es stört mich, dass jeder denkt, dass ich weniger Deutsche Bank bin, nur weil ich nicht deutsch spreche“, hat Ritchie intern einmal gesagt. Vielleicht hat es den Karriereschub von Sonntag auch gebraucht, um Ritchie davon zu überzeugen, dass nach 22 Jahren nicht nur er an der Bank hängt, sondern die Bank auch an ihm.
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