Beteiligungen Finanzinvestoren rechnen 2021 mit mehr Übernahmen – insbesondere in Deutschland

Viele Private-Equity-Fonds investieren in den Bereichen Technologie oder Healthcare.
Frankfurt Die Beteiligungsmanager in Europa erwarten für das laufende Jahr eine nochmals stärkere Rolle der Finanzinvestoren bei Fusionen und Übernahmen (M&A). Das ist eines der Ergebnisse einer Umfrage unter 2500 Managern der Private-Equity-Branche durch die Unternehmensberatung Roland Berger.
Besonders gute Chancen für Transaktionen sehen die Finanzinvestoren demnach in Deutschland, gefolgt von Skandinavien und den Benelux-Staaten, weniger dagegen in Großbritannien. Besonders attraktiv erscheinen Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen und Übernahmen von Unternehmen, die schon einmal von Private-Equity-Fonds gekauft wurden – im Fachjargon heißen diese Deals „secondaries“.
„Viele Unternehmer haben in der Coronakrise schmerzlich erfahren, dass es Umstände gibt, an denen sie nichts ändern können. Unverschuldet sind teilweise hohe Verluste aufgelaufen, das private Vermögen wurde angegriffen. Jetzt ist man offener für Finanzinvestoren, man will eine Brandmauer hochziehen zwischen dem Privatvermögen und dem Unternehmen“, sagt Christof Huth, Partner und Global Co-Head Investor Support bei Roland Berger.
Viele Familienunternehmen wollten ihre Firma verkaufen, wenn es keine geeigneten Nachfolger gibt. Besonders bei Transaktionen zwischen 250 Millionen und 500 Millionen Euro kämen sehr oft Private-Equity-Fonds zum Zug.
Bestes Beispiel für die Deals der Finanzinvestoren war am Mittwoch die angekündigte Übernahme des Brillenherstellers Rodenstock durch Apax Partners. Das ursprünglich einmal in Familienhand befindliche Unternehmen wurde mehrmals von einem zum nächsten Private-Equity-Haus gereicht und nun für 1,5 Milliarden Euro veräußert. „Wir investieren in innovative Unternehmen mit einem differenzierten Kundenangebot und dem Potenzial für herausragendes Wachstum“, sagte Apax-Partner Steven Dyson.
Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen als attraktives Investment
Die Kaufpreise sind schon seit Monaten wieder auf dem Niveau vor der Covid-19-Pandemie. Insgesamt 82 Prozent der Private-Equity-Manager halten die Bewertungen für überzogen – im laufenden Jahr rechnen die „Professionals“ mit stetigen oder nur noch leicht steigenden Preisen. „In den Bereichen Technologie, Software und Healthcare sind die Bewertungen wieder sehr hoch“, sagt Huth von Roland Berger. Einen Bewertungsabschlag wegen Corona gebe es nicht mehr.
Die meisten Finanzinvestoren – nämlich 81 Prozent – rechnen im Jahr 2021 mit einer leichten Besserung der Pandemielage. Deutlich weniger optimistisch sind die Experten bezüglich der Verfügbarkeit von Übernahmeobjekten. Nur 44 Prozent glauben hier an ein etwas höheres Angebot an Firmen und Konzernteilen.
Etwas mehr als die Hälfte der Finanzinvestoren sieht Mehrheitsbeteiligungen an Familienunternehmen als attraktivstes Investment. Rund jeder dritte Beteiligungsmanager rechnet sich Chancen aus bei insolventen oder notleidenden Firmen. „Wenn die Hilfen des Bundes und der Länder zurückgefahren werden, dann schlägt die Stunde der Distressed-Fonds. Das gilt besonders für die Kfz-Zulieferer mit Fokus auf den Verbrennungsmotor, den Einzelhandel und die Reisebranche“, erläutert Huth von Roland Berger.
Oftmals wird der Abschluss eines Deals durch das Marktumfeld beschleunigt. Die Manager sind an virtuelle Abwicklungen mittlerweile gewöhnt, und „wenn sich gute Möglichkeiten ergeben, versuchen Käufer, möglichst schnell abzuschließen, um so unter anderem Auktionssituationen zu vermeiden“, sagt Daniel Möritz, M&A-Partner bei der Kanzlei Hengeler Mueller in München.
„Die Pandemie hatte das Geschäft seit dem ersten Lockdown belastet. Trotzdem kamen die Investitionen anders als in der Finanzkrise nicht zum Erliegen“, sagt Ulrike Hinrichs, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Branchenverband BVK. „Auf Verkäuferseite stehen wie im Vorjahr weiterhin oft Familien und Unternehmen. Beteiligungskapital bleibt für mittelständische Unternehmer gerade auch in schwierigen Zeiten eine wichtige Finanzierungssäule und ein Stabilitätsanker“, ergänzt die Verbandsmanagerin.
Zu den Transaktionen mit Beteiligung von Private-Equity-Häusern gehörten in den vergangenen Monaten laut BVK das Pharmaunternehmen Neuraxpharm, der Antriebssysteme-Spezialist Flender sowie Schülke & Mayr (Hygiene und Infektionsprävention).
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