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Betrugsskandal Ex-Wirecard-Chef Markus Braun bleibt in Untersuchungshaft

Seit Juli 2020 ist der langjährige Chef des Zahlungsdienstleisters in Augsburg-Gablingen inhaftiert. Das Oberlandesgericht München hat die Haftgründe nun bestätigt.
25.02.2021 - 17:48 Uhr Kommentieren
Der ehemalige Wirecard-Chef weist die Vorwürfe nach wie vor zurück. Quelle: Reuters
Markus Braun

Der ehemalige Wirecard-Chef weist die Vorwürfe nach wie vor zurück.

(Foto: Reuters)

München, Düsseldorf Das tägliche Leben des früheren Wirecard-Chefs Markus Braun spielt sich vorerst weiter auf knapp zehn Quadratmetern ab. Der unter anderem des gewerbsmäßigen Bandenbetrugs, Untreue und Marktmanipulation beschuldigte Manager bleibt im Gefängnis. Das entschied jetzt das Oberlandesgericht München im Rahmen einer Haftprüfung, wie das Handelsblatt aus informierten Kreisen erfuhr. Ein Sprecher des Gerichts wollte dies auf Nachfrage weder bestätigen noch dementieren.

Eine Haftprüfung ist gesetzlich vorgesehen, wenn ein Häftling sechs Monate lang in Untersuchungshaft war. Braun sitzt seit dem 22. Juli 2020 in der Justizvollzugsanstalt Augsburg-Gablingen ein.

Das Gericht nimmt offenbar weiterhin dringenden Tatverdacht sowie Fluchtgefahr an. Der Österreicher Braun wohnt mit seiner Familie in Wien, außerdem hat er Immobilienbesitz in Kitzbühel sowie in Saint-Tropez an der französischen Côte dAzur. Brauns Anwälte bestreiten die ihrem Mandanten gegenüber erhobenen Vorwürfe. Brauns Presseanwältin Stephanie Vendt wollte auf Nachfrage nichts zu der Entscheidung sagen.

Die Staatsanwaltschaft München I sieht in Braun einen Hauptverantwortlichen für einen „gewerbsmäßigen Bandenbetrug“ beim Zahlungsdienstleister. Für die Ermittler ist Braun der Mann, der „innerhalb der Bande als Kontroll- und Steuerungsinstanz“ fungierte. In einem Schreiben an den Untersuchungsausschuss des Bundestags schreiben die Beamten, dass der Ex-CEO ein System aufgebaut haben soll, das nach dem Prinzip „teile und herrsche“ funktionierte und von einem „militärisch-kameradschaftlichen Korpsgeist und Treuschwüren untereinander“ geprägt gewesen sei.

Der Dax-Konzern war über einen der größten Betrugsskandale in der deutschen Wirtschaftsgeschichte im Juni 2020 in die Insolvenz gerutscht. Banken und Investoren sollen um bis zu 3,2 Milliarden Euro geprellt worden sein. Braun und weitere Manager sollen über Jahre Scheingeschäfte in Milliardenhöhe verbucht haben, um Wirecard über Wasser zu halten und Kredite zu erschwindeln, so der Vorwurf.

Die Staatsanwälte stützen ihre Anschuldigungen insbesondere auf die Angaben eines Kronzeugen, der ebenfalls in Haft sitzt. Er berichtete unter anderem, dass im Konzern schon 2015 der Entschluss gefallen sei, die Wirecard-Bilanz und das Umsatzvolumen „aufzublähen“. In seinen Aussagen soll er auch Markus Braun erheblich belastet haben.

Daraufhin kam Braun erneut in Haft, nachdem er bereits im Juni schon einmal festgenommen worden war. Allerdings kam er damals nach nur einem Tag gegen eine Kaution von fünf Millionen Euro wieder frei.

Neben Braun und dem Kronzeugen sitzt noch ein dritter Manager in Untersuchungshaft. Der Haftbefehl gegen den zwischenzeitlich ebenfalls inhaftierten ehemaligen Finanzvorstand Burkhard Ley wurde gegen Auflagen ausgesetzt. Dafür suchen die Ermittler umso nachdrücklicher den früheren COO und für das Asiengeschäft verantwortlichen Vorstand Jan Marsalek. Er ist auf der Flucht und mit internationalem Haftbefehl weltweit zur Fahndung ausgeschrieben.

Braun sieht sich als Opfer

Braun weist die Vorwürfe des Kronzeugen und der Staatsanwälte vehement zurück und wehrte sich bereits mit zwei Haftbeschwerden gegen seine Inhaftierung. Eine erste blieb im September erfolglos, die zweite zogen Brauns Verteidiger kurz vor Weihnachten zurück. Sie begründeten dies mit den seinerzeit laufenden Vernehmungen Brauns durch Staatsanwälte als auch mit dem gesetzlich vorgesehenen Termin der Haftprüfung vor dem Oberlandesgericht.

Mindestens fünfmal haben die Staatsanwälte Braun inzwischen bereits vernommen. Der langjährige Vorstandschef soll dabei konsequent behauptet haben, dass er von jahrelangen Fälschungen der Unternehmenszahlen und dem Abzweigen von Geldern nichts mitbekommen haben will – und schon gar nicht will er daran beteiligt gewesen sein.

Braun, der durch den Aufstieg Wirecards zwischenzeitlich zum Milliardär wurde, sieht sich als Opfer, das unter anderem selbst erheblich Geld verloren hat. In seiner Version der Geschichte will der Manager vor allem von seinem langjährigen Weggefährten Jan Marsalek hintergangen worden sein, den er einst als möglichen Nachfolger an der Firmenspitze aufgebaut hatte.

Marsalek war im Vorstand für das Asiengeschäft zuständig, das im Zentrum des milliardenschweren Betrugs steht und als Schlüssel in der Aufarbeitung des Skandals gilt. Als im Juni bekannt wurde, dass 1,9 Milliarden Euro nicht existierten – ein Viertel der Bilanzsumme Wirecards , die auf philippinischen Treuhandkonten liegen sollten –, war Wirecard wenige Tage später insolvent.

Dass ein ehemaliger Vorstandsvorsitzender eines Dax-Konzerns seit mehr als einem halben Jahr in Untersuchungshaft sitzt, ist ein einmaliger Vorgang hierzulande. Der frühere Audi-Chef Rupert Stadler – er verbrachte seine U-Haft ebenfalls in Augsburg-Gablingen – konnte das Gefängnis nach gut vier Monaten verlassen.

Für Braun steht eine Verlängerung von mindestens drei Monaten an. Dann erfolgt die nächste Haftprüfung. Dass bis dahin eine mögliche Anklage der Staatsanwaltschaft steht, gilt Insiderkreisen zufolge als unwahrscheinlich. Allerdings sollen die Ermittler anstreben, noch im kommenden Sommer eine Anklage fertigzustellen.

Mehr: Inside Wirecard: Die zwei Gesichter des Markus Braun.

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