Bezahldienst Klarna profitiert vom Boom beim Onlineshopping – und macht 2020 trotzdem einen Verlust

Der schwedische Konzern wächst weiter rasant.
Frankfurt Kurz vor einer anstehenden neuen Finanzierungsrunde meldet der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna einen Umsatzsprung für das Jahr 2020. Das Transaktionsvolumen, das im vergangenen Jahr über Klarna lief, stieg um nahezu die Hälfte auf 56 Milliarden Dollar, wie das Finanz-Start-up am Donnerstag mitteilte. Parallel dazu kletterte der Umsatz um 40 Prozent auf knapp 1,1 Milliarden Dollar.
Klarna, eines der wertvollsten Fintechs in Europa, zählt nun 87 Millionen aktive private Nutzer und mehr als 250.000 Handelspartner. Angesichts anhaltend hoher Kosten im Zuge der Expansion und steigender Kreditausfälle schrieb Klarna trotzdem rote Zahlen. Der Verlust betrug umgerechnet 168 Millionen Dollar, im Vorjahr hatte das Minus bei 110 Millionen Dollar gelegen.
Über Klarna können Verbraucher ihre Onlineeinkäufe unter anderem per Rechnung und auf Raten bezahlen. Hier entstehen Kreditrisiken für Klarna, die Kreditausfälle beliefen sich auf 275 Millionen Dollar, 36 Prozent mehr als im Vorjahr. Schon 2019 hatte es einen Sprung bei den Kreditausfällen gegeben.
Klarna-Chef und Co-Gründer Sebastian Siemiatkowski verwies darauf, dass immer mehr Menschen über das Internet einkauften und so zusehends Vertrauen in Onlinemarktplätze hätten. Da sich das neue Online-Einkaufsverhalten bereits so stark festgesetzt habe, „kann ich nicht erkennen, wie es wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkehren könnte“, sagte er. Seine Firma ist in Europa, Nordamerika sowie Australien und Neuseeland aktiv, Deutschland ist der wichtigste Markt.
Da der Onlinehandel im Corona-Lockdown boomt, gehört Klarna – wie andere Payment-Firmen – zu den großen Profiteuren der Coronakrise. Auch der Zahlungsdienstleister Adyen aus den Niederlanden und der US-Onlinebezahldienst Paypal haben den Umsatz im vergangenen Jahr erheblich gesteigert. Die beiden börsennotierten Unternehmen erzielten unterm Strich aber auch hohe Gewinne.
Auch Klarna gilt als Kandidat für einen baldigen Börsengang. Siemiatkowski hatte der Nachrichtenagentur Reuters vor wenigen Tagen gesagt, er denke an ein Direktlisting an der Börse nach dem Vorbild des Musikstreamingdienstes Spotify. Bei einem Direktlisting bringt eine Firma Aktien an die Börse, ohne im Vorfeld öffentlich Papiere zu verkaufen. Damit wird der komplexe und teure sogenannte Bookbuilding-Prozess umgangen, Investoren können aber trotzdem Anteile verkaufen oder kaufen.
Klarnas Bewertung könnte auf 30 Milliarden Dollar steigen
Zuvor aber dürfte das Fintech noch eine weitere Finanzierungsrunde durchziehen. Zuletzt hatte das Start-up im vergangenen September 650 Millionen Dollar erhalten. Medienberichten zufolge könnte Klarna jetzt mehr als 500 Millionen Dollar, womöglich sogar eine Milliarde Dollar von Investoren beschaffen. Damit würde sich die Bewertung Klarnas womöglich nahezu verdreifachen – auf rund 30 Milliarden Dollar.
Damit wäre Klarna das mit Abstand wertvollste, nicht börsennotierte Fintech Europas. Die Paymentfirma Checkout.com aus Großbritannien kommt nach eigenen Angaben auf eine Bewertung von 15 Milliarden Dollar.
Klarna dürfte die frischen Mittel in die weitere Expansion stecken. In den Jahren 2017, 2018 und 2019 hatte die Firma jeweils einen Gewinn erzielt, war aber noch nicht so stark gewachsen. Klarna hat mehr als 3500 Beschäftigte.
Wie Checkout und auch Adyen agiert Klarna als Zahlungsdienstleister für Händler. In erster Linie bekannt ist die Firma aber mit ihren Bezahlmethoden – ihrer eigenen Shopping-App, über die Nutzer beim Onlineeinkauf bezahlen können. In Deutschland gehört das Bezahlen per „Sofortüberweisung“ zu Klarnas Angeboten. Zudem gibt Klarna eine eigene Kreditkarte aus.
Seit zwei Wochen bietet Klarna in Deutschland auch ein Girokonto an, zunächst allerdings nur ausgewählten Kunden mit Klarna-App. Dafür nutzt das Fintech seine schwedische Banklizenz, mit der es EU-weit Bankdienstleistungen vertreiben kann.
Mit dem neuen Konto wagt Klarna die direkte Konfrontation mit den etablierten deutschen Kreditinstituten und auch mit anderen Digitalbanken. Diese müssen mit einem ernst zu nehmenden Konkurrenten rechnen. Schließlich nutzen nach Klarna-Angaben deutschlandweit rund sechs Millionen Verbraucher die App.
Mehr: Vorbild Spotify? Zahlungsdienstleister Klarna erwägt Direktlisting für den Weg an die Börse.
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