Bidsina Iwanischwili Georgischer Ex-Premierminister droht Credit Suisse mit Klage in den USA

Der Milliardär und frühere georgische Regierungschef wurde Opfer eines betrügerischen Kundenberaters der Credit Suisse.
Zürich Der Oligarch und frühere georgische Regierungschef Bidsina Iwanischwili erwägt, die Credit Suisse in den USA zu verklagen. So will der 65-Jährige den Druck auf die Schweizer Großbank erhöhen, von der er seit Jahren eine dreistellige Millionensumme fordert. Der Sprecher von Iwanischwili, Charlie Wigan, sagte dem Handelsblatt: „Wir prüfen alle Optionen in den USA.“
Iwanischwili war zusammen mit anderen vermögenden Kunden aus Osteuropa Opfer eines betrügerischen Kundenberaters der Credit Suisse geworden. Der Berater, Patrice Lescaudron, hatte zwischen 2010 und 2015 Millionen zum eigenen Vorteil abgezweigt. 2018 verurteilte ihn ein Genfer Gericht wegen Betrugs und Urkundenfälschung zu fünf Jahren Gefängnis und 130 Millionen Schweizer Franken Schadensersatz. 2020 nahm sich Lescaudron das Leben.
Iwanischwili legte gegen das Genfer Urteil Berufung ein, scheiterte aber vor einem Schweizer Bundesgericht. Er sieht jedoch nach wie vor auch die Bank in der Verantwortung: „Sollte die Credit Suisse weiterhin nicht willens sein, die eigenen Fehler zu korrigieren, sind wir gezwungen zu handeln – und zwar in den Vereinigten Staaten“, so der Anwalt weiter.
Die Credit Suisse betonte auf Anfrage, das Institut sei „von allen gerichtlichen Instanzen als geschädigte Partei in dieser Angelegenheit anerkannt. Die Bank wird die effektiv zurückgeführten Vermögenswerte weiterhin zur Entschädigung betroffener Kunden verwenden.“ Iwanischwili liegt seit Jahren mit der Bank im Clinch: Derzeit laufen Zivilprozesse etwa in Singapur und auf den Bermuda-Inseln.
Der georgische Milliardär hat sein Vermögen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs unter anderem mit Eisenerz-Minen und einer Bank gemacht. Das Magazin „Forbes“ schätzte es zuletzt auf 4,8 Milliarden Dollar. 2004 wurde Iwanischwili Kunde bei der Credit Suisse, zwischenzeitlich hatte er rund eine Milliarde Dollar bei der Bank angelegt. 2009 wurde Lescaudron sein Berater.
Die Hoffnungen der Iwanischwili-Vertreter, die Credit Suisse in den USA unter Druck setzen zu können, fußen unter anderem auf Transaktionen, die Lescaudron stellvertretend für Iwanischwili mit Aktien der US-Biotechfirma Raptor durchgeführt hatte. Die Bank hatte insgesamt sechs Investment-Vehikel für Iwanischwili aufgesetzt, wie aus einem Untersuchungsbericht der Kanzlei Geissbühler Weber und Partner (GWP) im Auftrag der Schweizer Finanzaufsicht Finma von 2017 hervorgeht, welcher dem Handelsblatt vorliegt.
Telefongespräche haben mutmaßlich nicht stattgefunden
Über diese sechs Investment-Vehikel, die teils in Steueroasen wie den Bermudainseln ansässig waren, veranlasste Lescaudron zwischen 2010 und 2015 Käufe von Millionen Raptor-Aktien, zu dieser Zeit ein kleiner, an der Nasdaq gelisteter Biotech-Titel. Die Orders will der Kundenberater telefonisch entgegengenommen haben. Allerdings notiert die von der Finma beauftragte Kanzlei in ihrem Untersuchungsbericht, es seien „Hinweise vorhanden, dass diese Telefonaufträge mutmaßlich gar nicht stattgefunden haben“.
Zwischenzeitlich hielt Iwanischwili 22 Prozent aller ausstehenden Raptor-Aktien im Wert von knapp 200 Millionen Dollar. Die Bank musste mehrere Pflichtmeldungen an die US-Börsenaufsicht SEC abgeben. Hier stießen die externen Anwälte auf Probleme: „Die gemeldeten Bestände an Raptor-Aktien bei drei SEC-Meldungen sind nicht nachvollziehbar, da diese Diskrepanzen zu den tatsächlichen Beständen in den CS-Konten aufweisen.“
Die Schweizer Anwälte halten fest, es sei nicht abschließend zu beurteilen, „ob es die Aufgabe der Bank ist, den Kunden zu informieren, wenn dieser eine SEC-Meldegrenze erreicht hat“. Auch sei unklar, „wer die Verantwortung trägt, wenn aufgrund betrügerischer Handlungen eines Bankmitarbeiters dem Kunden sein tatsächlicher Bestand nicht ersichtlich ist“.
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Credit Suisse im Fokus der US-Aufseher
Allerdings listet der Bericht zahlreiche Fälle auf, in denen Vorgesetzte von Lescaudron auf das Treiben des Kundenberaters aufmerksam gemacht wurden, ohne dass die internen Warnungen Folgen hatten. So seien etwa „unautorisierte Abwicklungen von Kundentransaktionen“ der Bank seit 2011 bekannt gewesen. Es habe jedoch lange gedauert, bis die Bank zu Disziplinarmaßnahmen griff. „Es gab sogar Bestrebungen, die Verstöße zu beschönigen“, heißt es in dem Bericht für die Finanzaufsicht weiter.
Die Credit Suisse erklärt dazu: „Die Informationen im Bericht stammen aus einem frühen Stadium einer abgeschlossenen Überprüfung zu Vorfällen aus den Jahren 2008 bis 2015. Diese Überprüfung lieferte keine Fakten, die eine Strafuntersuchung gegen die Credit Suisse unterstützen würden.“
Dennoch lässt der einstige Top-Kunde nicht locker: „Herr Iwanischwilis Schäden und Verluste, die durch die Credit Suisse verursacht wurden, übersteigen den Betrag von 800 Millionen Dollar, die bislang nicht zurückgezahlt wurden“, sagt sein Sprecher. Zudem fordert er zusammen mit weiteren reichen Kunden aus Osteuropa 150 Millionen Euro an Gebühren und Provisionen zurück, die Lescaudron für die Bank erwirtschaftet haben soll.
Dass der Georgier seine Ansprüche durchsetzen kann, zumal in dieser Höhe, ist jedoch fraglich. Auf zivilrechtlichem Weg ist er gegen die Credit Suisse in der Schweiz zudem bislang nicht vorgegangen.
Dass Iwanischwili ausgerechnet jetzt den Gang in die Vereinigten Staaten erwägt, dürfte auch damit zu tun haben, dass die Schweizer Großbank wegen der jüngsten Verfehlungen etwa beim Zusammenbruch des Hedgefonds Archegos ohnehin im Fokus der US-Aufsicht steht. Allerdings sind die US-Behörden nicht unbedingt dafür bekannt, den Interessen osteuropäischer Oligarchen einen hohen Stellenwert einzuräumen.
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