Bilanzskandal Habeck fordert wegen Wirecard-Skandal mehr Kompetenzen für Aufseher

Der Grünen-Chef sieht im Wirecard-Skandal ein „multiples Kontrollversagen“ von Finanzaufsicht und Wirtschaftsprüfern.
Berlin Wirecard sorgt fast täglich mit immer neuen Enthüllungen für Schlagzeilen. Die jüngste: Die Finanzaufsicht Bafin hat der Staatsanwaltschaft München mitgeteilt, einen Insiderverdacht gegen den insolventen Zahlungsdienstleister zu hegen, wie das Handelsblatt berichtete.
Für Grünen-Chef Robert Habeck steht der Wirecard-Skandal für ein „multiples Kontrollversagen“ von Finanzaufsicht und Wirtschaftsprüfern, wie der Grünen-Chef in einem dem Handelsblatt vorliegenden Positionspapier schreibt. In Deutschland würden „im Zweifel lieber die Unternehmen als die Anleger geschützt“. Der Grünen-Chef fordert daher eine Neuaufstellung der Finanzaufsicht sowie schärfere Regeln für Wirtschaftsprüfer.
„Die Bafin, so scheint es, agiert insgesamt sehr vorsichtig, wenn es darum geht, selbst zu ermitteln“, und vertraue lieber Wirtschaftsprüfern, so Habeck. Zwingend sei deshalb eine neue Gruppenaufsicht für Fintechs, um das gesamte Konzernkonstrukt in den Blick nehmen zu können. So bestand im Fall Wirecard ein Problem darin, dass die Bafin nur die kleine Tochter, die Wirecard Bank, beaufsichtigte.
Daneben fordert Habeck erweiterte Kompetenzen für die Bafin. Sie soll sowohl bei Verdachtsfällen als auch ohne „konkreten Verdacht stichprobenartig selbst prüfen dürfen“. Habeck sieht hier vor allem Olaf Scholz (SPD) in der Pflicht: „Der Bundesfinanzminister hätte dafür schon lange Vorschläge machen können.“
Deutschland müsse zudem den nationalen Gestaltungsspielraum der EU-Vorgaben bei Abschlussprüfungen weniger großzügig auslegen. Das europäische Recht will Habeck so verschärfen, dass spätestens nach fünf Jahren ein Unternehmen die Wirtschaftsprüfer wechseln muss.
Forderung nach Finanzpolizei
Mittelfristig schwebt Habeck sogar vor, dass sich Unternehmer Wirtschaftsprüfer gar „nicht mehr selbst aussuchen dürfen“. Er will einen Pool einrichten, in den Unternehmen einzahlen, aus dem die Wirtschaftsprüfer anteilig bezahlt werden. Zudem sollte die Zuständigkeit für Abschlussprüfungen künftig nicht mehr beim Wirtschafts-, sondern beim Bundesfinanzministerium angesiedelt sein.
Neben diesen Reformen braucht es nach Habecks Ansicht aber auch eine „zentrale Finanzpolizei des Bundes“, die mit „umfassenden Kompetenzen und Mitteln“ ausgestattet werden müsse. Bei dieser Finanzpolizei sollten Ermittlungen in Fällen von Anlagebetrug, Marktmanipulationen, Steuerbetrug bis hin zur Geldwäsche zusammenlaufen. Andere Staaten hätten mit solch einer Einheit gute Erfahrungen gemacht, so Habeck.
Auch in Deutschland gibt es immer wieder Ideen für ein „Steuer-FBI“. Bislang scheiterte die Einrichtung einer solchen Einheit aber an den Bundesländern. Sie wollen sich die Zuständigkeit für die Bekämpfung von Steuerkriminalität nicht vom Bund wegnehmen lassen.
Mehr: Ermittler gehen gegen die Financial Intelligence Unit vor, die Geldwäsche bekämpfen soll.
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