Britische Großbank HSBC macht wieder Gewinn in Europa – und hält an ihrem Sparkurs fest

Die Bank profitiert von einem deutlich stärkeren Europageschäft.
Frankfurt, London Zum ersten Mal seit Langem vermeldet die HSBC wieder satte Gewinne in Europa. Vor Steuern betrug das Europa-Ergebnis im ersten Halbjahr zwei Milliarden Dollar, teilte das britische Institut am Montag mit. In diesem Jahr steuerte die Region bislang ein Fünftel zum Gesamtgewinn der Bank bei.
Vor einem Jahr schrieb das Europageschäft noch rote Zahlen. Insgesamt belief sich der Vorsteuergewinn auf 10,8 Milliarden Dollar. Das war mehr als doppelt so viel wie vor einem Jahr, als hohe Rückstellungen für mögliche Kreditausfälle infolge der Corona-Pandemie das Ergebnis verhagelten. Der Umsatz jedoch ging um zehn Prozent zurück – vor allem weil sich das Handelsgeschäft nach dem Pandemieboom wieder normalisiert hat.
„Die Verbesserung unserer Performance in Europa ist sehr willkommen“, sagte Vorstandschef Noel Quinn in einem Gespräch mit Journalisten. „Das ist der harten Arbeit der Teams zu verdanken, die unser Geschäft neu positioniert haben.“ Doch hält Quinn an seiner Strategie fest, mehr Kapital in die Wachstumsmärkte Asiens zu verlagern und das Geschäft in Europa und den USA zu schrumpfen.
Das bessere Ergebnis in Europa sei eine Folge dieser Strategie, sagte der Vorstandschef. „Das Management hat die Kosten in Europa gesenkt, was zu einer Verbesserung der Profitabilität geführt hat.“ Bis Ende 2022 will Quinn 110 Milliarden Dollar an Vermögenswerten in Europa und den USA abbauen, vor allem im Investmentbanking.
Aktuell habe man bereits drei Viertel davon geschafft, sagte er. Allein in den vergangenen zwölf Monaten reduzierte die Bank das eingesetzte Kapital in den beiden Regionen um 16 Prozent.
Verkauf der Frankreich-Filialen an Finanzinvestor Cerberus
Im Juni verkaufte die HSBC das verlustträchtige Filialgeschäft in Frankreich an den US-Finanzinvestor Cerberus. Der Deal soll in der ersten Hälfte 2023 abgeschlossen werden. Die HSBC gibt damit 244 Filialen und 800.000 Kunden auf. Der Verkauf wird die Bilanz einmalig mit drei Milliarden Dollar belasten, soll aber langfristig Milliarden einsparen.
Ebenfalls mit Verlust hat Quinn kürzlich das US-Filialgeschäft abgestoßen. Dort soll es künftig nur noch rund 20 Anlaufstellen für vermögende Privatkunden geben. In China hingegen baut die Bank die Kreditvergabe und die Vermögensverwaltung aus. Man werde dieses Jahr hundert Vermögensberater mehr als geplant einstellen, erklärte Quinn – zusätzlich zu den tausend Stellen, die bereits angekündigt waren.

Der HSBC-Chef fokussiert sich weiter auf die Wachstumsmärkte in Asien.
Auch verlagert er seine Führungsmannschaft nach Hongkong: Vier wichtige Vorstände ziehen nach China, um näher an den Kunden zu sein. Die risikogewichteten Aktiva in Asien stiegen im zweiten Quartal um sechs Prozent. Der Asienfokus von Quinn verstärkt die Sorgen bei HSBC Deutschland.
Viele Mitarbeiter fürchten um die Stellung der Tochter im Konzern, seit die britische Mutter im vergangenen Jahr der Landesbank Baden-Württemberg ihren Minderheitsanteil von knapp 19 Prozent abgekauft hat. Es folgte ein Squeeze-out der verbliebenen Kleinaktionäre. Mittlerweile hält HSBC 100 Prozent am deutschen Ableger und kann damit durchregieren.
Zum ersten Mal hat HSBC Deutschland nun keinen eigenen ausführlichen Halbjahresbericht veröffentlicht. Die Unruhe nach dem überraschenden Führungswechsel von der langjährigen Vorstandschefin Carola von Schmettow zum Ex-Investmentbanker Nicolo Salsano in diesem Frühjahr ist groß.

Die ehemalige HSBC-Chefin gilt als eine der einflussreichsten deutschen Bankerinnen.
In den Zahlen haben sich die Turbulenzen in den ersten sechs Monaten allerdings nicht niedergeschlagen. Bereinigt um Sondereffekte und die Kosten des gerade laufenden Effizienzprogramms ist der Vorsteuergewinn im ersten Halbjahr um 65 Prozent auf 178 Millionen Euro gestiegen.
Vor allem dieses Effizienzprogramm ist es, das für Ärger in der Belegschaft sorgt. Im Rahmen des Projekts „Germany Transformation“ hatte HSBC im vergangenen Herbst seine Sparziele nochmals nachgeschärft und angekündigt, bis 2022 in Deutschland gut 600 Vollzeitstellen streichen zu wollen.
Verhandlungen über einen Sozialplan scheitern
Im Vergleich mit dem Personalstand Ende 2019 wären das rund 22 Prozent aller Arbeitsplätze. Diese Pläne haben nun zum offenen Streit zwischen Vorstand und Mitarbeitervertretern geführt. Finanzkreisen zufolge sind die Verhandlungen über einen Sozialplan gescheitert, jetzt muss eine gerichtliche Einigungsstelle in der Auseinandersetzung schlichten.
Nach Informationen aus Finanzkreisen dürfte HSBC Deutschland über kurz oder lang auf jeden Fall an die kontinentaleuropäische Holding in Paris angekoppelt werden. Die Frage ist nur noch, in welcher Form: ob als eigenständige Bank oder als Niederlassung.
Den Informationen zufolge prüft HSBC derzeit in einer Machbarkeitsstudie, welche dieser beiden Optionen wirtschaftlich sinnvoller ist. Bislang sei noch keine Entscheidung gefallen, heißt es. Die Europazentrale werde in Paris sein, sagte Finanzvorstand Ewen Stevenson am Montag. „Aber wir werden eine bedeutende Präsenz in Deutschland behalten.“
„Wir wollen uns auf die Kunden konzentrieren, die unsere Stärken nutzen“, sagte Stevenson. Das seien internationale Kunden, die grenzüberschreitende Geschäfte tätigten. „Unser ,sweet spot‘ sind europäische Firmen, die Geschäfte im Mittleren Osten machen.“
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