C.S. Venkatakrishnan Neuer Barclays-Chef muss skeptische Anleger überzeugen

Die britische Bank hat ihren Chef gewechselt.
London Coimbatore Sundararajan Venkatakrishnan – so lautet der volle Name des neuen Barclays-Chefs. Seine Mitarbeiter versuchen sich an dem Zungenbrecher jedoch gar nicht erst, sondern nennen ihn einfach „Venkat“. Seit Montag ist der indischstämmige Amerikaner Chef der britischen Großbank. Viel Zeit zur Vorbereitung hatte der Investmentbanker nicht, denn der Abgang seines Vorgängers Jes Staley kam überraschend.
Am Freitagabend hatte die britische Finanzaufsicht FCA die Bank über das Ergebnis ihrer jüngsten Untersuchung gegen Staley informiert. Am Montagmorgen trat dieser mit sofortiger Wirkung zurück.
Staley stolperte über sein Verhältnis zum verstorbenen Sexualstraftäter Jeffrey Epstein. Zwar gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass er in dessen kriminelle Machenschaften mit minderjährigen Mädchen verwickelt war. Aber Staley hat offenbar seine Beziehung zum Investmentbanker Epstein gegenüber Barclays und der Aufsicht nicht korrekt dargestellt.
Er hatte stets betont, es habe sich nur um eine berufliche Beziehung gehandelt. Doch E-Mails legen offenbar nahe, dass sie enger war. Details gab die Aufsicht nicht bekannt, Staley kündigte an, das Ergebnis anfechten zu wollen. Nun muss Venkatakrishnan den Imageschaden für das Geldhaus reparieren.
Seine Ernennung wird von einigen Beobachtern so interpretiert, dass der Verwaltungsrat sich nach den Kontroversen um Staley mehr Ruhe an der Spitze wünscht. Denn „Venkat“ ist in der Öffentlichkeit bisher nicht aufgefallen. Intern gilt er als umgänglich und vorsichtig, er ist kein Draufgänger wie einige seiner Vorgänger.
In einer ersten Rundmail an die 84.000 Mitarbeiter äußerte der 55-Jährige sein Bedauern über Staleys Abgang und erklärte, an dessen Strategie festhalten zu wollen. „Jes war viele Jahre mein Chef, Mentor und Freund“, schrieb er. „Er wurde in einer der dunkelsten Stunden Vorstandsvorsitzender von Barclays und entwarf eine erfolgreiche Aufbaustrategie von außergewöhnlicher Weitsicht.“ Diese Strategie sei weiterhin richtig.
Der Vorgänger hatte an der Investmentbanksparte festgehalten
Staley hatte trotz des Drucks von Anlegern, allen voran dem aktivistischen US-Investor Ed Bramson, an der Investmentbanksparte festgehalten. Dies zahlte sich in der Pandemie aus, als die Sparte erneut zum Gewinnbringer der Bank wurde. Bei den jüngsten Quartalszahlen im Oktober konnte Staley eine Verdoppelung des Konzerngewinns auf 1,45 Milliarden Pfund verkünden. Die Eigenkapitalrendite lag bei satten 14,9 Prozent.
„Venkat“ hat seinem Vorgänger viel zu verdanken. Die beiden Männer arbeiteten bei der US-Bank JP Morgan in New York jahrelang zusammen. 2016 holte Staley „Venkat“ als Risikovorstand zu Barclays – zusammen mit einem weiteren JP-Morgan-Banker, Paul Compton.
Vergangenes Jahr beförderte Staley seine beiden Vertrauten an die Spitze des Handelsgeschäfts und des Beratungsgeschäfts in der Investmentbank. Damit machte er sie zu seinen Kronprinzen. Sie sollten beweisen, wer sich besser als Nachfolger eigne.
Nun hat „Venkat“ das Rennen gemacht, auch wenn es unerwartet schnell ging. Geboren in Mysore im Südwesten Indiens ging er zum Studium in die USA. Nach dem PhD an der Eliteuni MIT fing er 1994 bei JP Morgan an. Dort blieb er mehr als 20 Jahre und bekleidete Führungspositionen in der Vermögensverwaltung, im Investmentbanking und im Risikomanagement. Als Risikomanager warnte er 2012 vor einem Derivatehändler, der später als „Londoner Wal“ bekannt wurde. Die Warnung wurde von seinen Vorgesetzten ignoriert, die Bank verlor Milliarden.
Bei Barclays muss er nun skeptische Anleger überzeugen, dass Staleys Vision der „transatlantischen Bank“ mit Zentren in London und New York richtig ist. Der Aktienkurs ist in den sechs Jahren unter Staley um zehn Prozent gefallen.
Dieses Jahr hatte er sich angesichts der guten Zahlen rasant erholt, aber die internationale Investmentbankstrategie bleibt umstritten. Anleger scheinen nationale Akteure wie Lloyds zu bevorzugen. Immerhin kann „Venkat“ auf höhere Zinsen im Heimatmarkt hoffen: Die Bank of England könnte schon am Donnerstag die Zinswende einleiten.
Der neue Barclays-Chef wird 2,7 Millionen Pfund Festgehalt im Jahr verdienen – mehr als Staley mit 2,4 Millionen. Die Hälfte wird in Cash bezahlt, die Hälfte in Aktien. Dazu kommen Bonus- und Pensionszahlungen. Für den neuen Job wird er wohl umziehen müssen: Bisher arbeitete er in New York, aber das würden die britischen Anleger ihrem Vorstandschef kaum verzeihen.
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