Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Commerzbank und Deutsche Bank Mehr Schein als Sein

Zehn Jahre nach der Finanzkrise stecken Deutschlands größte Privatbanken noch im Umbau. Die Commerzbank enttäuscht Aktionäre mit schwachen Zahlen. Beim Erzrivalen Deutsche Bank sieht es nicht besser aus.
02.08.2017 - 17:59 Uhr Kommentieren
2020 soll die „Commerzbank 4.0“ fertig sein. Quelle: dpa
Commerzbank

2020 soll die „Commerzbank 4.0“ fertig sein.

(Foto: dpa)

Frankfurt Gerade will sich Stephan Engels dem Abbau der Commerzbank-Altlasten widmen, da kommt ihm eine wichtige Durchsage dazwischen. „Da ist ein kleiner Feueralarm im Empfangsbereich“, erklärt der Commerzbank-Finanzchef den per Telefon zugeschalteten Analysten geduldig. „Aber wir machen hier mit unserem Call weiter.“

Das mit dem Alarm war Zufall, und doch passt es ins Bild: Im abgelaufenen Quartal nahm die Bank so wenig Geld ein wie seit 2014 nicht mehr. Unterm Strich steht wegen der laufenden Restrukturierung gar ein Minus von 637 Millionen Euro. Und auch beim Erzrivalen Deutsche Bank, der vergangene Woche Zahlen vorgelegt hat, sieht es wenig besser aus. Die beiden größten privaten Banken des Landes kämpfen auch zehn Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise noch mit deren Folgen. Commerzbank-Chef Martin Zielke und sein Pendant John Cryan plagen ähnliche Sorgen. Mit ihren Sparprogrammen machen die Institute Fortschritte, auf der Ertragsseite sieht es aber düster aus. Soll heißen: Die Institute verdienen schlicht zu wenig Geld.

Hartnäckige Altlasten

Immerhin sind die Altlasten aus Krisenzeiten zum großen Teil bewältigt. So hat die Deutsche Bank von den gefährlichsten Rechtsstreitigkeiten, etwa dem Skandal um fragwürdige Hypothekenpapiere, viele erledigt. Zu den kritischsten Altfällen zählt aber nach wie vor ein Geldwäscheskandal in Moskau, bei dem die Bank noch immer keine Einigung mit dem US-Justizministerium erzielen konnte. Ihre Abwicklungsbank hat die Bank dagegen längst eingestampft.

Anders die Commerzbank. In ihrer Abbaubank liegen Altlasten – also etwa ausfallgefährdete Gewerbeimmobiliendarlehen oder Schiffskredite – für 15,3 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr konnte die Bank ihre Resterampe um fast eine Milliarde Euro reduzieren. Dass beide Häuser auf stabilerem Fundament stehen, zeigt die harte Kernkapitalquote – ein wichtiger Gradmesser dafür, wie viele Verluste ein Institut wegstecken kann. Hier liegt die Deutsche Bank dank der üppigen Kapitalerhöhung im April leicht vorn, aber auch die Commerzbank konnte die Quote – trotz des schwachen Quartals – leicht auf 13 Prozent steigern. Ohne Kapitalerhöhung.

Vergangene Woche konnten die Commerzbanker dann noch einen Erfolg vermelden: Mit dem US-Finanzinvestor Cerberus haben sie einen neuen Ankeraktionär gefunden. Die Amerikaner interessieren sich schon länger für den europäischen Finanzsektor und haben die österreichische Bawag saniert.

Sind die Jahre der Ungewissheit damit ausgestanden? Mitnichten. Denn auf die niedrigen Zinsen, die hohen Anforderungen der Regulierung und die harte Konkurrenz haben beide Institute mit einem ähnlichen Rezept reagiert: der Schrumpfkur. Commerzbank-Chef Zielke will sein Haus in eine „Commerzbank 4.0“ verwandeln. Die Bank soll schlanker und effizienter werden. Bis 2020 sollen insgesamt 9 600 Vollzeitstellen wegfallen. Deswegen fielen im zweiten Quartal 807 Millionen Euro an Restrukturierungsaufwand an. „Wir haben die Rückstellungen für den Personalabbau frühzeitig und vollständig gebucht und sind einen weiteren wichtigen Schritt bei der Umsetzung unserer Strategie vorangekommen“, sagt Zielke. Zuletzt beschäftigte die Bank rund 41.500 Vollzeitkräfte.

Auch bei der Deutschen Bank greift der Personalabbau, obwohl die Bank in einzelnen Bereichen wie der Compliance-Abteilung neue Mitarbeiter einstellt. Die Zahl der Vollzeitjobs lag mit 96 652 Personen jedenfalls sichtbar unter den mehr als 100 000 Mitarbeitern, die ein Jahr zuvor noch für die Bank aktiv waren. Ein Sparpaket hat die Bank für ihr Privatkundengeschäft schon abgeschlossen. Doch die neue Strategie, die unter anderem die Integration der Postbank vorsieht, wird weitere Stellenkürzungen nach sich ziehen, über die noch verhandelt werden muss.

Im zweiten Quartal nahm die Bank so wenig Geld ein wie seit 2014 nicht mehr. Quelle: Reuters
Commerzbank-Chef Martin Zielke

Im zweiten Quartal nahm die Bank so wenig Geld ein wie seit 2014 nicht mehr.

(Foto: Reuters)
Fortschritte beim Sparen, aber zu wenig Erträge. Quelle: Reuters
Deutsche-Bank-Chef John Cryan

Fortschritte beim Sparen, aber zu wenig Erträge.

(Foto: Reuters)

Bröckelnde Erträge

Doch die Kosten in den Griff zu bekommen ist nur die halbe Miete: Bei beiden Instituten bröckeln die Erträge. Bei der Commerzbank waren sie mit rund zwei Milliarden Euro so niedrig wie seit 2014 nicht mehr. Auch der Hoffnungsträger, die Privatkundensparte, schwächelt. Bis 2020 will die Bank zwei Millionen neue Kunden gewinnen. Etwa 520 000 hätten seit Verkündung der Strategie im Oktober 2016 den Weg zum Commerzbank-Konzern gefunden, rechnet Privatkundenvorstand Michael Mandel vor. „Wir haben dabei auch von der Schwäche der Konkurrenz profitiert“, sagte er dem Handelsblatt.

Doch die neuen Kunden brachten der Bank nicht automatisch neues Geschäft. So gingen die operativen Erträge in der Sparte auf Quartalssicht sogar leicht zurück. Privatkundenchef Mandel verteidigt die Strategie. Um neue Kunden anzulocken, habe die Bank im zweiten Quartal „ordentlich Geld in die Hand genommen“, sagt Mandel. „Wir wollten unsere Wachstumschance nutzen.“ So startete die Bank mehrere Marketingkampagnen und zahlte Neukunden ein Startguthaben von bis zu 150 Euro. Der Kundenzuwachs mache sich im Quartalsergebnis nicht sofort bemerkbar. „Es dauert, bis die neuen Kunden mit uns auch Geschäft machen“, sagt Mandel. „Aber im Schnitt haben wir die Kosten nach 18 Monaten erwirtschaftet.“

Dass das auch in Zukunft klappt, muss die Bank erst noch beweisen. Analyst Markus Rießelmann von Independent Research sieht die Zahlen jedenfalls skeptisch: Die neuen Kunden scheinen sich nur „teuer erkaufen“ zu lassen, vermutet Rießelmann.

Aber auch das Ergebnis im Firmenkundengeschäft blieb unter den Erwartungen, weil der Commerzbank die Flaute an den Märkten zusetzte. Letztere traf die Deutsche Bank ungleich härter. Zwar verlor sie im Anleihehandel nicht mehr als der Branchendurchschnitt. Doch Anleger hatten nach dem schwierigen Vorjahr auf Marktanteilsgewinne gehofft. Und auch die Verluste im Aktienhandel fielen kräftig aus. Vorstandschef Cryan räumte ein, dass die Bank hier in Technologie investieren müsse.

So vertrösten die beiden Privatbanken ihre Aktionäre auf bessere Zeiten. Die Commerzbank will in diesem Jahr unterm Strich ein knapp positives Ergebnis schaffen, hat dabei allerdings außerordentliche Erträge eingerechnet – etwa den Verkauf des Commerzbank-Towers, in dem die Bank weiter Mieter bleiben wird. Erst 2020 soll die „Commerzbank 4.0“ fertig sein. „Schlagkräftiger, schneller und effizienter“ – so lautet das Versprechen des Vorstandschefs. Auch Cryan verspricht mit der neuen Strategie eine „stärkere Bank“, die in ihren drei Geschäftsbereichen wächst.

Bis dahin brauchen die Aktionäre beider Banken wohl vor allem eines: Geduld – auch wenn zwischendurch der Alarm schrillt.

Startseite
Mehr zu: Commerzbank und Deutsche Bank - Mehr Schein als Sein
0 Kommentare zu "Commerzbank und Deutsche Bank: Mehr Schein als Sein"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%