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Coronakrise Deutsche Bank ändert ihre Strategie im einstigen Wachstumsmarkt Indien

Das Geldhaus legt das Geschäft mit Problemkrediten auf Eis. Laut Asien-Vorstand Werner Steinmüller geht es nun darum, den Betrieb am Laufen zu halten.
13.04.2020 - 14:19 Uhr Kommentieren
Das Geldhaus fährt sein Kreditgeschäft in Indien zurück. Quelle: NurPhoto/Getty Images
Deutsche-Bank-Filiale in Indien

Das Geldhaus fährt sein Kreditgeschäft in Indien zurück.

(Foto: NurPhoto/Getty Images)

Bangkok Noch vor Kurzem war der Terminkalender von Werner Steinmüller prall gefüllt mit Reiseplänen. Nach Indien sollte es gehen und nach Japan, in Vietnam wollte der Asien-Vorstand der Deutschen Bank zusammen mit anderen deutschen Unternehmensführern neue Geschäftschancen ausloten.

Doch statt den Kontinent abzufliegen, leitet der 65-jährige Manager die Asien-Geschäfte seiner Bank nun von seiner Hongkonger Wohnung aus. „Mein Zuhause ist jetzt mein Büro geworden“, sagt Steinmüller.

Die Coronavirus-Krise ändert bei der Deutschen Bank in Asien aber nicht nur den Arbeitsalltag des Chefs. Ausgangssperren in den Schwellenländern der Region stellen das Geldhaus vor massive Herausforderungen. Gleichzeitig muss die Bank ihr Auftreten in einem ihrer wichtigsten Wachstumsmärkte in der Region überdenken.

Indien war für die Deutsche Bank zuletzt der mit Abstand profitabelste Markt im Asien-Pazifik-Raum. Im vergangenen Jahr trug der Subkontinent fast 400 Millionen Euro zum Vorsteuerergebnis des Unternehmens bei – mehr als dreimal so viel wie die Niederlassung in China.

Das Geschäft mit notleidenden Krediten infolge einer Schattenbankenkrise in Indien erschien für den Konzern besonders vielversprechend: Er kaufte Problemkredite im Wert von Hunderten Millionen Dollar auf und befand sich laut Medienberichten auch Anfang des Jahres noch in Verhandlungen um große Portfolios, bei denen Preisnachlässe von 70 Prozent im Vergleich zum Nominalwert im Gespräch waren.

Doch die ebenso lukrativ wie riskant erscheinenden Wetten legt der Konzern nun vorerst auf Eis. „Im Neugeschäft mit notleidenden Krediten agieren wir sehr vorsichtig“, sagt Steinmüller im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Wir wissen nicht, wann diese Krise ihren Höhepunkt erreicht hat, und verhalten uns deshalb besonders umsichtig.“ Wenn überhaupt noch neue Portfolios gekauft würden, dann versuche die Bank nun, den Großteil unmittelbar weiterzureichen und selbst nur einen kleinen Anteil zu halten.

Weniger Geschäft

Auch in anderen Bereichen kühlt sich das Geschäft laut Steinmüller spürbar ab. „Kaum noch jemand trifft gerade Entscheidungen, große Investitionen oder Finanzierungen werden häufig vertagt“, sagt er. Die Kreditnachfrage sei niedriger als erwartet. Bei den Kunden der Bank stünden jetzt kurzfristige Finanzierungen im Vordergrund. „Es geht darum, den Betrieb am Laufen zu halten.“

Das gilt auch für die Arbeit der Bank selbst. In Indien stellt die von Premierminister Narendra Modi verhängte Ausgangssperre für das fast 1,4 Milliarden Einwohner große Land den Finanzkonzern vor Probleme. Mit mehr als 12.000 Menschen beschäftigt die Deutsche Bank in Indien, so viele Mitarbeiter wie in keinem anderen Land außerhalb Deutschlands.

Ein Großteil von ihnen erledigt ausgelagerte Aufgaben für Konzernteile in anderen Weltregionen. Doch den Betrieb in dem Schwellenland angesichts der Reisebeschränkungen aufrechtzuerhalten und auf Homeoffice-Lösungen umzustellen, war alles andere als einfach.

Ein Engpass: Viele Mitarbeiter hatten zu Hause keine Computer. Insgesamt schaffte die Bank in Asien deshalb 2000 neue Laptops an. Die Geräte mussten aber erst zentral eingerichtet werden. Die Verteilung wurde improvisiert: Ein Mitarbeiter fuhr mit Hunderten Computern von der westindischen Metropole Pune in Indiens Finanzhauptstadt Mumbai und händigte die Geräte an seine Kollegen aus.

„Wir haben in allen Ländern natürlich Pläne in der Schublade, um den Betrieb in Krisensituationen aufrechtzuhalten“, sagt Steinmüller. „Aber in diesen Plänen geht man davon aus, dass es an einzelnen Orten zu Problemen kommen könnte, etwa wegen einer Überschwemmung – aber nicht überall gleichzeitig.“ Trotzdem sei es in Indien gelungen, dass die Belegschaft nun von zu Hause aus die gleichen Leistungen erbringen kann wie früher im Büro. „Homeoffice in Indien kann sehr herausfordernd sein: Wohnungen sind oft recht klein, man hat die Kinder um sich herum, und gleichzeitig soll man arbeiten. Das ist nicht einfach“, berichtet der Banker.

Insgesamt können nach Unternehmensangaben inzwischen 90 Prozent der 20.000 Deutsche-Bank-Mitarbeiter im Asien-Pazifik-Raum aus dem Homeoffice arbeiten. Steinmüller selbst kommt nur noch in Ausnahmefällen in das regionale Hauptquartier: „Unsere Büros in Hongkong und Singapur fühlen sich sehr leer an“, sagt er im Interview via Videoschalte.

Gesprächspartner nicht mehr persönlich treffen zu können prägt inzwischen Steinmüllers Geschäftsalltag. „Wir bemühen uns sogar um Mandate für Börsengänge vom Homeoffice aus“, sagt der Manager. „Ich hatte gerade meinen ersten IPO-Pitch per Telefon – und er war erfolgreich.“

Eingefrorene Zahlungsströme

Nötig sind aber auch Krisengespräche – ausgelöst durch besonders strikte Maßnahmen zur Eindämmung der Viruspandemie. Auf den Philippinen habe der Lockdown der Hauptstadt Manila zunächst erhebliche Probleme mit sich gebracht. Präsident Rodrigo Duterte hatte die Metropole Mitte März abgeriegelt. „Viele Menschen konnten nicht mehr in die Stadt. Die Börse musste schließen, die Clearingsysteme waren außer Betrieb – das ganze Bankwesen wurde heruntergefahren“, sagt Steinmüller.

„Das war ein richtiger Schock, der auch zu Liquiditätsengpässen am Markt hätte führen können.“ Steinmüller schlug bei den Regulierungsbehörden Alarm. „Das hat geholfen: Innerhalb eines Tages wurden die Zahlungsströme dann wieder freigegeben.“

Die Erfahrungen in Asien bieten laut dem Bankmanager aber auch Grund für Optimismus im Umgang mit der Krise. In China hätten 80 bis 90 Prozent der Unternehmen wieder den Betrieb aufgenommen und liefen wieder zumindest mit 50 bis 70 Prozent ihrer Kapazität.

Südkorea habe es geschafft, die Verbreitung des Virus zu kontrollieren. „In Europa können wir von diesen Positivbeispielen lernen.“ Wann die Wirtschaft wieder normal laufen wird, wagt Steinmüller nicht zu prognostizieren. „Generell liegt der Planungshorizont jetzt eher bei Wochen als bei Monaten.“

Er selbst versucht, sich mit der Situation zu arrangieren. Statt am Wochenende Golf zu spielen, geht er in Hongkong wandern und nur noch mit Gesichtsmaske in die Öffentlichkeit. Seine Frau, die in Deutschland arbeitet, kann ihn aber vorerst nicht für einen Kurzurlaub besuchen. Nach den in Hongkong geltenden Regeln müsste sie nämlich erst einmal zwei Wochen in Quarantäne.

Mehr: Sonderweg gescheitert: Japan und Singapur schwenken auf harte Einschnitte um.

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