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Coronakrise EZB und Bankenaufsicht planen gemeinsame Aktion zur Unterstützung des Finanzsektors

Die deutschen Geldhäuser erwarten mehr Kreditausfälle sowie einen „massiv steigenden Liquiditätsbedarf“ und fordern Erleichterungen. Die Aufseher wollen ihnen entgegenkommen.
11.03.2020 Update: 11.03.2020 - 18:28 Uhr Kommentieren
Europas Geldhäuser leiden unter der Coronakrise. Quelle: dpa
EZB in Frankfurt

Europas Geldhäuser leiden unter der Coronakrise.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die Europäische Zentralbank (EZB) und die ihr angegliederte Bankenaufsichtsbehörde planen wegen der drohenden wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus eine gemeinsame Aktion zur Unterstützung des Finanzsektors. Die Bankenaufseher wollen nach Veröffentlichung der geldpolitischen Beschlüsse der EZB am Donnerstag ihrerseits eine Mitteilung versenden.

Eine mit der geplanten Aktion vertraute Person bestätigte dem Handelsblatt einen entsprechenden Bericht der Nachrichtenagentur Reuters. Details zum Inhalt des Maßnahmenpakets gibt es bislang nicht.

Im Gespräch ist nach Handelsblatt-Informationen eine Verschiebung des für dieses Jahr geplanten Stresstests der EBA. Am Nachmittag wollten die Europäischen Bankenaufseher darüber beraten, ob der für dieses Jahr geplante Stresstest verschoben werden könnte. Eine Entscheidung wurde bislang nicht bekannt. Die EBA war für eine Stellungnahme zunächst nicht erreichbar.

Denkbar sei auch, eine Lockerung bei den individuellen Extra-Kapitalpuffern für Banken, die sich die EZB-Bankenaufseher von Banken zwar wünschen, die aber nicht verpflichtend sind (Pillar-2-Guidance), hieß es weiter. Reuters zufolge könnte die EZB-Bankenaufsicht den Euro-Ländern zudem empfehlen, den sogenannten inländischen antizyklischen Kapitalpuffer abzuschwächen.

Diesen Extra-Puffer sollen Banken in konjunkturell guten Zeiten aufbauen, in Schwächephasen kann er wegfallen. In Deutschland wird aktuell ohnehin diskutiert, ob man ihn noch vor seinem Inkrafttreten im Juli wieder auf Null senken soll.

Die EZB würde damit Forderungen der Branche entgegenkommen. Die deutschen Banken fordern umfangreiche Erleichterungen wegen der Coronakrise. „In dieser außergewöhnlichen Situation brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen für unser Land zu begrenzen“, sagte Hans-Walter Peters, der Präsident des deutschen Privatbankenverbands BdB, am Mittwoch.

Deutsche Banken spüren Folgen der Coronakrise

In dieser außergewöhnlichen Situation brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen für unser Land zu begrenzen“, fordert der Präsident des deutschen Privatbankenverbands BdB Quelle: dpa
Hans-Walter Peters

In dieser außergewöhnlichen Situation brauchen wir ein Bündel von Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen für unser Land zu begrenzen“, fordert der Präsident des deutschen Privatbankenverbands BdB

(Foto: dpa)

Am Freitag findet im Finanzministerium ein Spitzentreffen mit den Chefs großer Banken und Vertretern der Bankenverbände statt. Dabei soll unter anderem besprochen werden, wie die Institute Kunden helfen können, die durch die Folgewirkungen der Virusepidemie in finanzielle Probleme geraten – beispielsweise mit Überbrückungskrediten.

Die Bankenvertreter wollen das Treffen jedoch auch nutzen, um ihre Wünsche vorzutragen. Sie fordern vor allem weitere Liquiditätshilfen von der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie eine Senkung der Kapitalanforderung.

BdB-Präsident Peters erwartet, dass viele Unternehmen wegen der Coronakrise die von Banken bereitgesellten Liquiditätslinien voll ausnutzen werden. Zudem geht er davon aus, dass zahlreiche Firmen ihre Kredite nicht mehr tilgen können.

„Parallel dazu ist mit einem steigenden Liquiditätsbedarf der privaten Haushalte zu rechnen“, schreibt der BdB in einem Brief an den Ausschuss für Finanzstabilität (AFS), der dem Handelsblatt vorliegt. „Dies wäre vor allem dann als kritisch einzustufen, wenn die Haushalte vermehrt Geld horten, um ihren Bargeldbestand zu sichern.“

Es sei damit zu rechnen, „dass der Liquiditätsbedarf der Banken insgesamt massiv steigen wird“, warnt der BdB. Der Verband fordert deshalb, dass die EZB ihre Programme zur billigen Refinanzierung von Banken ausweiten beziehungsweise ergänzende Programme auflegen soll.

Der deutsche Bankenverband fordert neben Liquiditätshilfen eine Reihe von regulatorischen Erleichterungen. Aus seiner Sicht sollten unter anderem die Bilanzregeln zum Umgang mit ausfallgefährdeten Krediten gelockert werden, sagte Peters. Konkret fordert der BdB eine „flexiblere Handhabung“ der regulatorische Ausfalldefinitionen und des Bilanzierungsstandards IFRS 9.

Wenn sich die Bonität eines Schuldners verschlechtert, müssen Banken gemäß IFRS 9 Risikovorsorge nicht nur für die erwarteten Belastungen im laufenden Jahr bilden, sondern für die gesamte Kreditlaufzeit. Banken haben dies wiederholt kritisiert und gewarnt, die Regelung wirke prozyklisch und könne Krisen verschärfen.

Darüber hinaus fordert der BdB, die Kapitalanforderungen für Geldhäuser zu lockern. Der sogenannte Kapitalerhaltungspuffer sowie der Kapitalzuschlag für national systemrelevante Banken solle reduziert werden. Darüber hinaus möchte der Verband, dass Belastungen ausgesetzt werden, zu denen es bei den Banken nach der Überprüfung interner Modelle durch die EZB gekommen ist.

Des Weiteren plädiert der BdB dafür, den Aufbau des sogenannten antizyklischen Kapitalpuffers zu stoppen. Im vergangenen Mai hatte der Ausschuss für Finanzstabilität (AFS) entschieden, dass die deutschen Banken bis Mitte 2020 insgesamt 5,3 Milliarden Euro an zusätzlichem Kapital zurücklegen sollen.

Ein antizyklischer Kapitalpuffer soll in guten Zeiten aufgebaut werden und kann in Krisen dann wieder abschmelzen. Angesichts des Konjunkturabschwungs und der Coronakrise sind viele Banker jedoch der Ansicht, dass die guten Zeiten bereits vorbei sind – und der Puffer deshalb gar nicht erst in Kraft gesetzt werden soll.

„Wir werden noch in dieser Woche Liquiditätshilfen zur Verfügung stellen“

Der Ausschuss für Finanzstabilität, in dem Vertreter des Finanzministeriums, der Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin vertreten sind, hat sich mit dem Thema am Montag auf einer regulären Sitzung beschäftigt. Entscheidungen sind dabei jedoch noch nicht gefallen. Die Beteiligten wollen Finanzkreisen zufolge genauere Daten über die Auswirkungen der Epidemie abwarten, bevor sie sich festlegen.

Grundsätzlich sind Politik und Finanzaufsicht bereit, den Banken entgegenzukommen, um die Folgen der Krise abzumildern. Sie wollen jedoch zunächst analysieren, wie ernst die Lage ist und welche Entlastungen sinnvoll sind. Verhindert werden soll, dass die Institute Corona als Vorwand nutzen, um ohnehin ungeliebte Auflagen loszuwerden.

Deutsche Banken sind besonders verwundbar

Experten warnen wiederum davor, dass Banken bei der Vergabe von Überbrückungskrediten zu hohe Risiken eingehen. „Es darf auf keinen Fall passieren, dass sich die Banken auf politischen Druck hin zusätzliche Risiken in die Bücher holen“, schrieb Volker Brühl, der Geschäftsführer des Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität, auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Die deutsche Bankenbranche trifft die Coronakrise zur Unzeit, schließlich befinden sich viele Institute ohnehin in einer schwachen Verfassung. Die Deutsche Bank hat im vergangenen Jahr einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro geschrieben und steckt gerade mitten in einem großangelegten Umbau. Die Commerzbank restrukturiert ebenfalls und ist weit davon entfernt, ihre Kapitalkosten zu verdienen.

„Das Coronavirus ist eine zusätzliche Herausforderung für europäische Banken, die bereits heute unter schwachen Erträgen und einer geringen Profitabilität leiden“, erklärte die Ratingagentur Scope am Mittwoch in einer Studie. Sie geht davon aus, dass es wegen der Epidemie zu einem Wirtschaftsabschwung in Europa kommt und in der Folge auch zu mehr Kreditausfällen.

Handelsblatt Morning Briefing - Corona Spezial

„Deutsche Banken sind wegen ihrer geringen Profitabilität besonders verwundbar, wenn es zu einem Anstieg der Risikovorsorge kommt, die in den zurückliegenden Quartalen nahe null war“, erklärte Scope. Die deutsche Industrie gehe bereits geschwächt in die Krise und werde wegen des rückläufigen Welthandels noch stärker unter Druck geraten.

Im Investmentbanking erwartet Scope deutliche Ertragseinbußen, weil sich viele Investoren angesichts der Unsicherheit im sonst sehr lebhaften ersten Quartal zurückhalten. Das Handelsgeschäft werde sich wegen der gestiegenen Volatilität dagegen gut entwickeln.

Ob europäische Banken schlechtere Bonitätsnoten fürchten müssen, hängt laut Scope von der Länge und Schwere der Coronakrise sowie von der aktuellen finanziellen Verfassung der Geldhäuser ab. „Es ist bereits heute klar, dass die Profitabilität vieler Banken nicht ausreichend ist, um eine länger dauernde Wirtschaftskrise zu überstehen.“

Mehr: Lagarde warnt vor wirtschaftlichen Folgen wie in der Finanzkrise

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