Coronavirus Video-Ident-Anbieter rüsten sich fürs Homeoffice

Eine Ident-Mitarbeiterin im Callcenter.
Frankfurt Wenn sich Kunden per Video-Ident-Verfahren für ein neues Konto legitimeren lassen, sitzt ihr Gegenüber in der Regel in einem abgesicherten Callcenter. Schon, dass dies möglich ist, und sich Kunden nicht mehr persönlich in einer Bank oder einer Postfiliale ausweisen müssen, war vor wenigen Jahren eine Sensation. Angesichts der Corona-Pandemie könnte die Finanzaufsicht noch einen Schritt weitergehen und die Video-Identifikation auch aus dem Homeoffice erlauben – sofern das genauso sicher ist. Wie das Handelsblatt von mehreren Ident-Dienstleistern erfuhr, bereiten sie sich schon darauf vor.
Beim Video-Ident-Verfahren können Kunden ihre Identität vom heimischen Sofa aus bestätigen lassen. Sie halten ihren Personalausweis vor eine Webcam, beantworten im Video-Chat ein paar Fragen – und können sich auf diese Weise legitimieren, etwa für die Eröffnung eines Kontos, für einen Kreditantrag oder um eine SIM-Karte freizuschalten. In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen und geschlossenen Bankfilialen wegen des Coronavirus ist diese Technologie besonders gefragt. Die Anbieter IDnow und WebID Solutions sprechen von einer „deutlich“ beziehungsweise „stark“ erhöhten Nachfrage.
Bisher arbeiten ihre Ident-Mitarbeiter in Callcentern und müssen Zugangskontrollen passieren, bevor sie ihren Arbeitsplatz erreichen. Wegen der Coronakrise haben die Anbieter nun weitere Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter ergriffen. So berichten sowohl WebID Solutions als auch IDnow, dass sie die Abstände zwischen den Arbeitsplätzen vergrößert haben. „Der geforderte Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern zwischen den Arbeitsplätzen wird stets eingehalten oder sogar übertroffen. Und wir haben zusätzliche bauliche Maßnahmen installiert, um alle Kolleginnen und Kollegen bestmöglich zu schützen“, sagt Frank S. Jorga, Co-Gründer und Geschäftsführer von WebID. Auch die Hygienemaßnahmen seien verschärft worden und es werde auf das Einhalten der Abstandsregeln geachtet.
Doch keiner weiß, wie lange das ausreicht. Strengere Ausgangsbeschränkungen oder erkrankte Mitarbeiter könnten die Arbeit der Dienste einschränken. Sie bereiten sich deshalb darauf vor, dass zumindest ein Teil ihrer Mitarbeiter die per Video geführten Gespräche in ihren eigenen Wohnungen durchführen kann. Den Ablauf hat sich IDnow vom Tüv IT zertifizieren lassen. Auch WebID hat laut Jorga sein Sicherheitskonzept fertiggestellt und wird es voraussichtlich zertifizieren lassen. In Abstimmung mit Bankpartnern befinde er sich schon.
Bei den Homeoffice-Lösungen nutzen die Mitarbeiter nicht ihren eigenen Computer, sondern bekommen spezielle Geräte gestellt. Daten würden nicht gespeichert, sondern direkt verschlüsselt an die Server der Ident-Anbieter übertragen, heißt es. Damit soll ein gleichwertiges Sicherheitsniveau erreicht werden wie in den Callcentern. Auch müssen Mitarbeiter sicherstellen, dass ihr Bildschirm nicht von außen einsehbar ist und dass sich keine andere Person im Raum befindet.
Zudem sollen die Berater auch zu Hause möglichst vor einem ausreichend neutralen Hintergrund und an einem Tisch sitzen: „Bevor wir die Arbeitsplätze freigeben, machen wir per Video-Schalte einen virtuellen Rundgang“, sagt Armin Bauer, Co-Gründer und IT-Verantwortlicher von IDnow. Auch die laufenden Kontrollen würden verschärft, berichtet Jorga. „Einen Teil der Videos schauen wir uns zur Qualitätssicherung ohnehin an, wenn wir auf die Arbeit im Homeoffice umstellen, wird es noch mehr Stichproben geben.“
Abstimmung mit der Bafin
Mit der Finanzaufsicht Bafin habe sich IDnow abgestimmt, berichtet Bauer. „Es müssen die gleichen Vorgaben erfüllt werden, die auch bisher an unsere Verfahren gestellt wurden“, sagt er. Jorga gibt sich ebenfalls zuversichtlich: „Sofern gleichwertige Sicherheitsstandards erreicht werden, wird das Homeoffice als Notfalllösung möglich sein.“
Die Bafin selbst drückt sich auf Anfrage des Handelsblatts deutlich zurückhaltender aus, erteilt aber keine grundsätzliche Absage. So sagte ein Sprecher der Behörde: „Bei jeder Identifizierung sind stets die Gesamtumstände zu berücksichtigen, ohne dass unter die gesetzlichen Mindestanforderungen zurückgefallen werden darf.“ Und weiter: „Auch während der Coronakrise muss eine effektive Bekämpfung der Kriminalität unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sichergestellt sein.“
Und nicht zuletzt müssen auch die Kunden der Ident-Anbieter einer Homeoffice-Lösung zustimmen. „Die Verantwortung bleibt weiter bei dem verpflichteten Institut“, sagt Bauer. Das ist im Beispiel der Kontoeröffnungen die Bank, bei der das Konto beantragt wird. Man habe die Kunden bereits kontaktiert und „der überwiegende Teil“ habe der Arbeit im Homeoffice zugestimmt, erklärt Bauer. Auch WebID befindet sich laut Jorga bereits im Austausch mit seinen Kunden. „Einige prüfen bereits. Auf andere gehen wir etwas später zu“, sagt er. Bislang seien die Rückmeldungen positiv.
Ein Sprecher der Direktbank DKB bestätigte dem Handelsblatt: „Ja, das ist tatsächlich eine Option“, denn das Homeoffice nutzen zu können, entspreche der Logik, im Sinne der Verbraucher zu agieren. Noch hat es keine Identifikation aus dem Homeoffice heraus gegeben, sagen die Anbieter. Aber sie wollen gerüstet sein.
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