Deutsche Bank Deutsche Bank entlässt nach Umbauplänen ihre ersten Mitarbeiter

Mitarbeiter verlassen die Amerika-Zentrale der Deutschen Bank.
New York. London Die schlechten Nachrichten stecken in einem großen weißen Umschlag. Es ist kurz nach zehn Uhr morgens in New York, und die ersten Mitarbeiter der Deutschen Bank verlassen die Amerika-Zentrale an der Wall Street mit ihren Kündigungsunterlagen in der Hand. „Wollen Sie sich zu den Kürzungen äußern?“, fragt eine Fernsehjournalistin unermüdlich. Doch die Antwort lautet immer: Nein.
Nachdem Vorstandschef Christian Sewing am Sonntag die großen Umstrukturierungspläne verkündet hatte, wurden die Mitarbeiter in New York bereits im Vorfeld informiert. Viele mussten gleich morgens im Auditorium – eigentlich ein beliebter Veranstaltungsort für Konferenzen – erscheinen, um ihre Kündigungsunterlagen entgegenzunehmen.
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In New York und London, wo der Großteil der Entlassungen ansteht, geht so etwas ganz schnell. Die Deutsche Bank profitiert hier von dem lockereren Kündigungsschutz und macht sofort davon Gebrauch. Die Bank will sich aus dem weltweiten Aktiengeschäft zurückziehen und das Handelsgeschäft eindampfen, besonders den Handel mit Zinsprodukten. Finanzkreisen zufolge haben Hunderte Mitarbeiter in New York, London und in Asien am Montag ihre Jobs verloren.
Sie werden dann meist sofort freigestellt. Zwar erhalten die meisten betroffenen Mitarbeiter eine Abfindung, doch viele wissen nicht, ob sie überhaupt noch einmal zu ihren Schreibtischen zurückkehren können.
Auch hinter der ockerfarbenen Sandsteinfassade des Deutsche-Bank-Sitzes am London Wall in der britischen Hauptstadt laufen bereits die Kündigungsgespräche. Neben New York ist London das Zentrum des Aktienhandels bei der Bank. Das gesamte Geschäft wird geschlossen.
Die Kündigungen dürften insgesamt deutlich diskreter ablaufen als einst bei Lehman Brothers. Als die amerikanische Investmentbank in der Finanzkrise 2008 Insolvenz anmeldete, trugen Mitarbeiter ihre persönlichen Gegenstände in Umzugskartons aus den Büros. Die Fotos gingen um die Welt.
Um derart negative Bilder zu vermeiden, hat sich an der Wall Street generell ein neues System durchgesetzt. Die Mitarbeiter bekommen einen Anruf aus der Personalabteilung und werden zu einer Besprechung in einen Konferenzraum gebeten. Dann dürfen sie meist noch einmal an ihren Schreibtisch zurück, um ihre Jacke, ihren Schlüssel, ihr Smartphone und andere dringend benötigte private Gegenstände mitzunehmen. Den Rest liefert eine Umzugsfirma diskret nach Hause.
Von der Personalabteilung direkt zum Ausgang
Da bei der Deutschen Bank in New York am Montag gleich eine große Zahl an Mitarbeitern betroffen ist, könnten sie nach dem Gespräch mit der Personalabteilung möglicherweise direkt vom Sicherheitspersonal zum Ausgang begleitet werden, vermuten Insider. Einige haben das kommen sehen und bereits am Freitag persönliche Gegenstände mitgenommen. „Wer weiß, ob am Montag noch Zeit ist“, sagte ein Mitarbeiter, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will.
Auch am Sonntag kamen vereinzelt Mitarbeiter mit Taschen oder leeren Koffern ins Büro. Reden wollten sie nicht.
Auch in London erleben die Deutschbanker am Montagmorgen einen Spießrutenlauf. Vor dem Deutsche-Bank-Gebäude warten morgens bereits die Kameras von BBC und ITV. Entlang der Straße haben sich Reporter mit gezückten Notizblöcken positioniert.

Kamerateams und Fotografen haben sich vor der Niederlassung positioniert.
Die Deutschbanker gehen ohne viele Worte und schnellen Schrittes vorbei. „Wir dürfen nichts sagen“, sagt eine junge Frau. „No comment.“ Ein älterer Mitarbeiter wird gefragt, ob er nervös sei. „Nein, überhaupt nicht“, sagt er. Eine Frau biegt mit Kaffeebecher in der Hand um die Ecke. Als sie das Empfangskomitee sieht, schüttelt sie genervt den Kopf und dreht wieder um.
Alle wissen: Viele werden am heutigen Montag und in den kommenden Monaten ihren Job verlieren, insgesamt soll sich der Prozess dreieinhalb Jahre hinziehen. Einige Aktienhändler werden noch bleiben, um das Geschäft abzuwickeln, andere werden in die Bad Bank wechseln. Doch das Gros wird entlassen.
Noch nie hat es in der Londoner Geschichte der Bank, die immerhin bis ins Jahr 1873 zurückreicht, eine größere Entlassungswelle gegeben. Noch nie hat es auch einen solchen Medienauflauf vor dem Eingang gegeben. In der Vergangenheit haben die Sicherheitsleute Reporter stets verjagt. Dieses Mal versuchen sie es gar nicht erst.
„Es ist der größte Strategiewechsel seit der Übernahme von Bankers Trust“, heißt es in London. Nur wird dieses Mal abgebaut statt aufgebaut. Der Umbau der Bank „erfordert unangenehme Entscheidungen, vor allem was den deutlichen Stellenabbau angeht“, schrieb Sewing am Sonntag in einem Brief an die Mitarbeiter. „Wir wissen, dass diese Entscheidung tief greifende Auswirkungen auf die Leben der Menschen hat.“
Erst die Bank, dann der Banker
Und auch für die verbleibenden Mitarbeiter bricht eine neue Zeitrechnung an. Sewing verkündete eine neue Firmenkultur, bei der „die Bank und die Kunden immer vor den Interessen eines Einzelnen stehen“, betonte er – ein Anspielung auf die alten Blütezeiten des Investmentbankings, in denen angelsächsische Manager riskante Wetten eingingen und vor allem ihren Bonus statt die langfristigen Interessen der Bank im Auge hatten.
In New York wird es auch in den Führungsetagen Veränderungen geben. So leitet Christiana Riley ab Montag das Geschäft in Nord- und Südamerika und soll auch Mitglied des Vorstands werden. Riley ist gebürtige Amerikanerin und war seit Ende 2015 Finanzchefin der Unternehmens- und Investmentbank in Frankfurt. Sie folgt auf Tom Patrick, über dessen Abgang schon länger spekuliert wurde.
Mark Fedorcik wird zudem alleiniger Chef der verkleinerten Investmentbanking-Sparte. Fedorcik hat schon viele Krisen und Chefwechsel erlebt, immer wieder bekam er Angebote von anderen Banken – und entschied sich doch immer dafür zu bleiben. Die Loyalität zahlt sich nun aus.
„Jedis“ als Teil eines innovativen Führungsstils
Fedorcik begann seine Karriere 1995 im Bereich der Unternehmensfinanzierungen (Corporate Finance) bei Bankers Trust, die 1999 von der Deutschen Bank übernommen wurde und den Grundstein für den jahrelangen Ausbau der Wall-Street-Aktivitäten legte. Im vergangenen Mai, kurz nachdem Sewing die Führung des Finanzinstituts übernahm, wurde er zum Co-Chef der Investmentbank befördert und war dort vor allem für die Corporate-Finance-Aktivitäten zuständig.
Fedorcik ist ein charismatischer Manager, der für seinen innovativen Führungsstil bekannt ist. Vor zwei Jahren hat er seine besten Mitarbeiter aus verschiedenen Teams zu „Jedis“ gemacht, die sich regelmäßig darüber austauschen, was in ihren Bereichen gut funktioniert und wovon andere lernen können.
Die Jedis, die in den Star-Wars-Filmen gegen das Böse kämpfen, dienen in der Bank jedoch auch als wichtige Kommunikatoren. So telefonierte Fedorcik im vergangenen April zunächst mit den Jedis, um ihnen von dem Chefwechsel in Frankfurt zu berichten. Die wiederum teilten es dann ihren Teams mit. Das sei besser, als große Calls mit Hunderten von Mitarbeitern zu führen, erklärte Fedorcik damals im Gespräch mit dem Handelsblatt.
Der ganz große Sprung blieb ihm bislang jedoch verwehrt. Er wird nicht in den Vorstand einziehen, sondern an Sewing berichten, der die Verantwortung für den Geschäftsbereich übernimmt, in dem der Löwenanteil der Restrukturierung stattfindet.
Mehr: Internationale Presseschau: Die Deutsche Bank kehrt zu ihren Wurzeln zurück – Der Konzernumbau ist die „letzte Chance“ für das Frankfurter Geldhaus.
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Diese Bank ist nicht mehr zu retten, und dass ist auch gut so. Sie hat sich voellig von deutschen Werten nach 2000 entkoppelt und gleichzeitig einen derart unterirdischen Service angeboten, dass sich mit den "fetten Jahren" unter Ackerman leicht kassieren lies. Nun aber kommt die Quittung, u.a. eingeleitet mit der EZB-Niedrigzinspolitik seit 2008, die die Ertragslage (nicht nur bei der DBK!) in die Schieflage gebracht hat. Sollte die DBK nicht von einem Wettbewerber uebernommen werden, werden wohl die deutschen Steuerzahler fuer dieses Fiasko zur Kasse gezogen statt diese Pleite gehen zu lassen, anderes ist man ja von diesem Regime unter Merkel nicht mehr gewohnt.
endlich wird das Notwendige auch getan.
Die Reduzierung des Investment Banking mit den hohen Boni ist unabdingbar für das Überleben der Deutschen Bank.
Gut, dass die Deutsche Bank keine Dividenden die nächsten Jahre zahlt, werden noch Boni gezahlt?
Die Deutsche Bank zahlte die letzten Jahre über 10% des Unternehmenswertes als Boni pro Jahr aus. Wie wird das in Zukunft sein? Wie wird das Verhältnis Boni zu Dividende sein?