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Deutsche-Bank-Vorstand Werner Steinmüller „Wir müssen die Angst vor China ablegen“

Der Asien-Vorstand der Deutschen Bank warnt davor, chinesische Investitionen zu erschweren, und erklärt im Interview, warum das Geldhaus in der Volksrepublik auf Angriff schalten will – und warum es dafür eine Vollbanklizenz braucht.
02.08.2017 - 06:07 Uhr Kommentieren
„China möchte viel enger mit uns zusammenarbeiten, und es wäre nicht sinnvoll, sich abzuschotten.“ Quelle: picture alliance/dpa
Werner Steinmüller

„China möchte viel enger mit uns zusammenarbeiten, und es wäre nicht sinnvoll, sich abzuschotten.“

(Foto: picture alliance/dpa)

Frankfurt Das Vorstandsbüro von Werner Steinmüller in den silberglänzenden Doppeltürmen an der Frankfurter Taunusanlage wirkt unpersönlich, fast schon steril. Dafür gibt es einen guten Grund. Steinmüller ist kaum noch hier, seit er im Herbst 2016 zum ersten hauptamtlichen Asien-Vorstand des Geldhauses befördert wurde.

Herr Steinmüller, was bringt Sie nach Frankfurt? Seit Sie im Vorstand für Asien verantwortlich sind, ist Ihr Dienstsitz doch eigentlich Hongkong?
Das stimmt, aber natürlich bin ich trotzdem regelmäßig in Deutschland. Einmal im Monat, so lautet im Moment die Faustregel. Aber den Löwenanteil meiner Zeit verbringe ich in Hongkong und an anderen Standorten in Asien.

Das Thema China scheint Sie im Moment besonders umzutreiben. Vor kurzem haben Sie vereinbart, mit der China Development Bank in den nächsten fünf Jahren drei Milliarden Dollar für Projekte der Initiative „Neue Seidenstraße“ zur Verfügung zu stellen. China knüpft mit dem Investitionsprojekt an die historische Seidenstraße an, bis ins Mittelalter die wichtigste Handelsverbindung zwischen China und Europa. Nun sind hier neue Straßen und Schienenverbindungen geplant, die den Handel ankurbeln sollen. Was kann die Deutsche Bank dabei tun?
Man sollte dieses chinesische Projekt auf keinen Fall zu eng definieren. Es geht hier nicht nur um die historische Seidenstraße. Die neue moderne Seidenstraße steht symbolisch für die Öffnung der chinesischen Wirtschaft insgesamt. Dabei geht es nicht nur um Infrastrukturprojekte oder die Entwicklung neuer Exportmärkte, sondern auch um die Liberalisierung der Währungs- und Kapitalmärkte. Und wie auf jedem wichtigen Verkehrsweg fließt der Verkehr auf der modernen Seidenstraße nicht nur in eine Richtung – es geht um Austausch, um ein Geben und Nehmen.

Das klingt sehr ambitioniert, aber auch sehr abstrakt. Können Sie das ein bisschen konkreter machen?
Die chinesische Regierung hat zum Beispiel einen Investitionsfonds namens Silk Road Fund geschaffen. Dieser Fonds soll auch in deutsche oder europäische Firmen investieren, die in China aktiv werden wollen. Im Moment sprechen wir mit mehreren Unternehmen, die sich für eine chinesische Beteiligung interessieren. Dabei geht es nicht um die Übernahme einer Mehrheit, sondern eher um Anteile von um die zehn Prozent. China ist sehr an Deutschland, deutschem Know-how und deutschen Unternehmen interessiert. Aber auch umgekehrt können wir helfen, zum Beispiel mit Finanzierungen in Yuan, wenn deutsche Unternehmen in der Volksrepublik Geschäfte machen wollen. Wir sind bei vielen Initiativen mit dabei, vom Zahlungsverkehr über das Kapitalmarktgeschäft bis hin zu Investitionsprojekten.

Ist das nicht übertrieben optimistisch? Viele Experten warnen, dass sich in China eine gefährliche Kreditblase aufbläht, die sogar die Stabilität des globalen Finanzsystems gefährden könnte.
Die chinesische Regierung hat einen Plan, wie sie das Problem angehen will. Aus meiner Sicht schätzen die Behörden die Situation derzeit richtig ein und haben die Lage im Griff. Ein Beispiel dafür sind die Devisenreserven, die sich bei rund drei Billionen Dollar stabilisiert haben.

Zuletzt sickerte durch, dass die chinesische Bankenaufsicht die Kreditvergabe an übernahmehungrige Konzerne wie den Versicherer Anbang, das Konglomerat Fosun, aber auch den größten Einzelaktionär der Deutschen Bank HNA überprüfen soll. Beunruhigt Sie das?

Die großen Konzerne müssen offenlegen, wie viel sie finanziert haben und wo ihre Gesamtverschuldung liegt. Aber wer Kapital im Ausland hat oder dort eine Finanzierung bekommt, kann weiter größere Übernahmen angehen, auch wenn die Firmen dafür eine Genehmigung der Behörden brauchen. Trotz der Einschränkungen bin ich sicher, dass auch in Zukunft strategisch wichtige Zukäufe möglich sein werden. Den chinesischen Behörden geht es darum, Risiken für die Wirtschaft zu verhindern.

Die Aufseher der Europäischen Zentralbank überlegen gerade, ob sie HNA als größten Aktionär der Deutschen Bank einer formellen Prüfung unterziehen sollen. Dabei würde untersucht, ob der chinesische Konzern auch ein solider Eigentümer ist. Welchen Einfluss hätte eine solche Prüfung auf die Bank?
HNA ist ein Aktionär wie jeder andere auch. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns grundsätzlich nicht zu einzelnen Aktionären äußern.

Ihr Vertrauen in die Steuerung der chinesischen Ökonomie durch die kommunistische Regierung scheint sehr groß. Glauben Sie, dass China auch das Wirtschaftswachstum so lenken kann, dass soziale Unruhen vermieden werden können?
Bislang ist das immer gelungen. Ich schätze, dass die chinesische Wirtschaft in diesem Jahr um etwa 6,5 Prozent wachsen wird und damit im Rahmen des Ziels der Regierung liegt. Das sollte als Wachstumsimpuls ausreichen. Außerdem ist die Volksrepublik ja dabei, sich nach außen zu öffnen – mit Erfolg. Der Yuan hat sich innerhalb weniger Jahre zur Weltwährung entwickelt. Dazu kommen die kontrollierte Öffnung des Aktienmarktes durch die Verbindung von Hongkong und Festland-China und die jüngste Erweiterung auf den Anleihemarkt.

Bringen solche Maßnahmen denn wirklich so viel?
Durchaus. Früher wurden die meisten Im- und Exporte in Euro oder Dollar abgerechnet, inzwischen werden rund zehn Prozent des Handels zwischen Deutschland und China in Yuan abgewickelt. Auch am Kapitalmarkt zeigt die schrittweise Liberalisierung Wirkung. Erst vor kurzem hat der große Index-Anbieter MSCI entschieden, chinesische Festland-Aktien in seinen wichtigen Schwellenländer-Index aufzunehmen. Wir erwarten, dass dies zu erheblichen Kapitalzuflüssen führen wird.

Sie haben in China gerade eine Erlaubnis für die Platzierung von Anleihen in Landeswährung, sogenannten Panda-Bonds, beantragt. Gibt es schon Fortschritte?
Das steht ganz oben auf meiner Agenda, aber wir verfolgen bereits Projekte, die deutlich weiter gehen. Wir überlegen derzeit, eine Vollbanklizenz in China zu beantragen. Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der Wiedervereinigung von Hongkong mit der Volksrepublik haben gerade die ersten beiden internationalen Banken eine Lizenz erhalten, die es erlaubt, auch Investmentbanking-Produkte lokal anzubieten. Solche Projekte müssen zwar nach wie vor als Joint Venture mit chinesischen Partnern betrieben werden, aber internationale Geldhäuser können jetzt mit 51 Prozent die Mehrheit halten.

Im Privatkundengeschäft hat sich die Deutsche Bank gerade erst von ihrer Minderheitsbeteiligung am chinesischen Geldhaus Hua Xia verabschiedet. Was versprechen Sie sich von dieser neuen Art von Gemeinschaftsunternehmen?
Wir könnten dann auf dem chinesischen Festland Fusionen und Übernahmen für unsere Kunden organisieren, Börsengänge begleiten und Panda-Bonds begeben. Das wäre ein riesiger Schritt, mit dem ich persönlich erst in zwei bis drei Jahren gerechnet habe. Bislang sind uns solche Geschäfte nur außerhalb der Volksrepublik möglich, also zum Beispiel in Hongkong.

Sie haben erwähnt, dass Deutschland noch immer eines der interessantesten Zielländer für übernahmehungrige chinesische Investoren ist. Jetzt hat die Bundesregierung gerade eine Regelung auf den Weg gebracht, die dem Staat erweiterte Vetorechte bei Übernahmen aus dem Ausland einräumt. Halten Sie das für richtig?
Aus meiner Sicht müssen wir die Angst vor China ein Stück weit ablegen. Deutsche Unternehmen haben 70 Milliarden Euro in der Volksrepublik investiert und sind damit in der Regel sehr erfolgreich. Umgekehrt ist es gerade einmal ein Zehntel, rund sieben Milliarden Euro, das chinesische Unternehmen in Deutschland investiert haben. China möchte viel enger mit uns zusammenarbeiten, und es wäre nicht sinnvoll, sich abzuschotten. Vor allem nicht in einer Zeit, in der in anderen Regionen der Welt die Zeichen wieder stärker auf Protektionismus stehen.

Herr Steinmüller, vielen Dank für das Gespräch.

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