Deutsche Börse Aufsichtsratschef pocht auf Fusion mit LSE

Der Brexit soll die Fusion mit der LSE nicht gefährden.
Frankfurt Die Deutsche Börse kämpft trotz der Kritik von Politik und Aufsichtsbehörden für den Zusammenschluss mit der London Stock Exchange (LSE). „Nach der Entscheidung der britischen Bevölkerung, die EU zu verlassen, ist es nun wichtiger als zuvor, die finanzwirtschaftliche Verbindung zum Vereinigten Königreich stabil zu halten“, sagte Deutsche-Börse-Aufsichtsratschef Joachim Faber am Mittwoch. „Der Finanzplatz Frankfurt sollte dabei eine Führungsrolle einnehmen und die Verbindung zwischen Europas größter Volkswirtschaft mit London als dem größten Finanzplatz der Welt sicherstellen.“ Die fusionierte Börse könne dabei eine Schlüsselrolle übernehmen.
Zuletzt hatten mehrere Politiker und die Finanzaufsicht BaFin die Unternehmen aufgefordert, die fusionierte Börse nicht wie geplant in London anzusiedeln. Ob LSE und Deutsche Börse auf die Forderung eingehen werden, wird maßgeblich vom sogenannten Referendums-Komitee abhängen, das beide Unternehmen bereits im März installiert haben. Dem Gremium gehören jeweils drei Manager von Deutscher Börse und LSE an. Bei einem Patt hat Faber als Leiter der Gruppe die entscheidende Stimme.
Das Komitee werde in den nächsten Monaten regelmäßig zusammenkommen, um die Auswirkungen des Brexit auf die fusionierte Börse zu erörtern und Empfehlungen zu erarbeiten, erklärte Faber. „Dabei geht es um eine umfassende Analyse der wirtschaftlichen, politischen, regulatorischen, aufsichtsrechtlichen und steuerlichen Auswirkungen - aber auch um die Interessen der Kunden und weiterer Marktteilnehmer und das Ziel, die Stabilität und Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte nachhaltig zu sichern und zu stärken.“ Die große Frage ist einem Insider zufolge, ob London bereit ist, sich in der Frage des Hauptsitzes zu bewegen - die Deutsche Börse stellt mit Carsten Kengeter schließlich schon den Vorstandschef.
Für den Finanzplatz Frankfurt wird die Entscheidung über die Börsen-Fusion in jedem Fall große Auswirkungen haben. Ein hochrangiger EU-Vertreter machte am Dienstagabend deutlich, dass die Abwicklung von Derivate-Geschäften in Euro künftig nicht mehr in London stattfinden kann und in die EU verlagert werden muss. Das betrifft vor allem die in London angesiedelte LSE-Tochter LCH.Clearnet. Sollte die Börsen-Fusion klappen, ist es aus Sicht von Experten wahrscheinlich, dass viele dieser Geschäfte nach Frankfurt wandern. Andernfalls würden sie wohl zur französischen Sparte von LCH.Clearnet verlagert.
Der Deutsche Bankenverband (BdB) sprach sich am Mittwoch dafür aus, die Chancen für Frankfurt nach dem Brexit zu erkennen und zu nutzen. „Auch wenn noch unklar ist, welche Institutionen und Arbeitsplätze von London wegverlagert werden: Der Bankenverband wird sich gemeinsam mit der Bundesregierung, der hessischen Landesregierung und allen Playern in der deutschen Finanzbranche dafür einsetzen, den attraktiven und stabilen Finanzplatz Frankfurt weiter zu stärken.“