Deutsche Börse Wirecard-Aktie dürfte im August aus dem Dax fliegen

Der Verkauf von Wirecard-Anteilen ist ab dem 15. November deutlich erschwert.
Frankfurt Die Deutsche Börse zieht Konsequenzen aus dem Wirecard-Skandal. Ihre Tochter Stoxx will die Regeln für die Zugehörigkeit zum Leitindex kurzfristig ändern. Als Konsequenz dürfte die Wirecard-Aktie bereits Mitte August aus dem Dax fliegen.
Mit Wirecard hatte Ende Juni zum ersten Mal in der gut 30-jährigen Geschichte des Leitindexes ein Dax-Konzern Insolvenz angemeldet. Nach dem derzeit geltenden Regelwerk würde das Papier jedoch erst bei der nächsten regulären Prüfung der Dax-Zusammensetzung im September aus dem Index ausscheiden.
„Unsere Diskussionen mit den Marktteilnehmern haben uns gezeigt, dass dieses Verfahren nicht den Erwartungen eines großen Teils der Marktteilnehmer entspricht“, erklärte die Deutsche Börse. „Deshalb haben wir reagiert und nach diesen Gesprächen und nach Klärung aller regulatorischen und rechtlichen Fragen einen Änderungsvorschlag erarbeitet.“
Dieser Vorschlag muss nun – wie im Regelwerk vorgeschrieben – in einer Marktkonsultation zur Diskussion gestellt werden, und zwar bis zum 7. August. Die Ergebnisse will die Deutsche Börse dann vor dem 13. August bekanntgeben.
„Sollten sich die Marktteilnehmer dafür aussprechen, beabsichtigen wir das Regelwerk nach Abschluss der Konsultation mit einer Frist von einer Woche anzupassen“, erklärte die Deutsche Börse. Die Wirecard-Aktie könnte dann aus dem Leitindex fliegen.
„Unabhängig von diesem ersten Schritt werden wir das Dax-Regelwerk einer vertieften Prüfung unterziehen“, teilte die Deutsche Börse mit. „Dazu werden wir unsere Vorschläge Ende September mit dem Arbeitskreis Aktienindizes besprechen und anschließend eine umfangreiche Marktkonsultation starten.“ Die Ergebnisse sollen dann noch vor Jahresende verkündet werden.
Die Deutsche Börse äußerte sich nicht dazu, was bei der vertieften Prüfung diskutiert werden soll. Denkbar ist jedoch, dass sich der Arbeitskreis Aktienindizes mit der Frage beschäftigt, ob im Dax künftig mehr als 30 Werte vertreten sein sollen. Deutsche-Börse-Chef Weimer hatte dies vor zwei Jahren zum 30. Geburtstag des Indizes selbst angeregt. „Mögest du darüber nachdenken, etwas breiter zu werden“, sagte Weimer in seiner Eloge auf den Dax. „Es täte deiner Exklusivität keinen Abbruch.“
Langfristigere Finanzkommunikation?
Darüber hinaus dürfte sich der Arbeitskreis mit den Berichtspflichten für gelistete Unternehmen befassen. Der Versicherer Allianz hatte Anfang des Jahres angeregt, Unternehmen von der Last der Quartalsabschlüsse zu befreien und nur noch Berichte zum halben und zum vollen Geschäftsjahr einzufordern.
Unternehmen, die im Topsegment der Börse, dem Prime Standard, gelistet werden wollen, müssen bisher strengere Regeln einhalten, als es der Gesetzgeber vorsieht.
Während laut Wertpapierhandelsgesetz halbjährliche Berichte genügen, verlangt der Börsenbetreiber im ersten und dritten Quartal zusätzlich sogenannte Quartalsmitteilungen. Nur wer diese hohen Transparenzanforderungen erfüllt, kann in die Auswahlindizes Dax, MDax, TecDax oder SDax aufgenommen werden.
In der Finanzbranche ist nach dem Vorstoß der Allianz eine intensive Diskussion darüber ausgebrochen, wie viele Informationen Konzerne künftig veröffentlichen sollen – und in welcher Frequenz. Viele Unternehmen fragen sich: Ist weniger manchmal mehr? Und wie viel weniger würden Anleger akzeptieren?
Viele Unternehmen haben grundsätzlich Sympathie für eine langfristigere Finanzkommunikation. Die meisten großen Konzerne wollen auf eine Berichterstattung zum ersten und dritten Quartal im Gegensatz zur Allianz aber nicht völlig verzichten – denn sie fürchten negative Reaktionen ihrer Eigentümer.
Aktionärsschützer und auch Vertreter von Fondsgesellschaften sind nämlich strikt dagegen, die bereits vor fünf Jahren gelockerten Berichtspflichten weiter aufzuweichen.
Die Deutsche Börse hatte ihre Regularien Ende 2015 geändert. Seitdem sind die im Prime Standard gelisteten Unternehmen nicht mehr verpflichtet, im ersten und dritten Quartal einen umfassenden Quartalsbericht vorzulegen. Weniger ausführliche Quartalsmitteilungen sind aber weiterhin vorgeschrieben.
Mehr: Die geheimen Chatprotokolle des flüchtigen Wirecard-Vorstands Jan Marsalek.
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