Digitale Anlageberatung Roboter, übernehmen Sie!

Banken haben die digitale Vermögensverwaltung für sich entdeckt.
Frankfurt Sind Computer die besseren Anlageberater? Das jedenfalls versprechen die sogenannten Robo-Advisors. Wo sich Menschen bei der Geldanlage von ihren Emotionen leiten lassen, sollen Computer nüchtern entscheiden – und so das Vermögen von Anlegern mehren. Statt eines Fondsmanagers entscheidet dann ein Algorithmus darüber, welche Aktien gekauft oder verkauft werden.
Lange hielten sich große Banken und Fondsgesellschaften bei der digitalen Anlageberatung eher zurück. Daher nutzten Fintechs die Chance und sammelten viel Geld von digitalaffinen Kunden ein. Jetzt reagieren die etablierten Spieler – und bieten eigene Lösungen zur digitalen Vermögensverwaltung an. Doch Experten sehen viele Angebote skeptisch: Hinter dem Roboter stecke eher eine digitale Vertriebsunterstützung, der Roboter soll somit als Verkaufshilfe für ihre Produkte dienen.
Es geht um einen Markt, dem Berater enormes Wachstum zutrauen. Denn im Vergleich zu den USA spielen die Roboter hierzulande bislang eine geringe Rolle: In Deutschland managen die Robo-Berater einige Hundert Millionen Euro an Kapital. In den USA schätzt die Beratungsfirma A. T. Kearney das Vermögen der Robos auf rund 500 Milliarden Dollar und erwartet, dass sich das Volumen dort bis 2020 gut vervierfacht.
Dabei wollen nicht nur die vier großen deutschen Fondsanbieter mitmischen, sondern auch die privaten Großbanken. Viele Kunden dürften davon aber gar nichts mitbekommen. Denn die meisten Häuser bieten ihre digitale Beratung unter dem Namen ihrer Vertriebspartner an. Das sind Banken, Versicherungen und Finanzberater. Auf ihre wertvollen Vertriebskanäle wollen die Institute trotz Digitalisierung keinesfalls verzichten.
So will die Deutsche-Bank-Tochter Deutsche Asset Management (Deutsche AM) mit ihrem Robo im dritten Quartal mit dem ersten externen Vertriebspartner starten. Dabei sollen die Finanzberater entscheiden, ob ihre Kunden gemeinsam mit ihnen oder allein mit dem neuen Robo arbeiten. Die Anleger werden je nach Erfahrung, Risikoempfinden und Vermögen in eine von sieben Risikoklassen eingruppiert. Dafür stellen Experten des Hauses 19 Portfolios mit je rund einem Dutzend Fonds zusammen, die sich nach der jeweils aktuellen Anlagestrategie des Chefanlagestrategen Stefan Kreuzkamp richten. Der Roboter soll hauseigene und fremde Fonds anbieten können. Diese können aktiv, also von Fondsmanagern, verwaltet sein und Indizes wie den Dax nachbilden. Die Portfolios werden angepasst, beispielsweise wenn sich nach Kurssteigerungen die Gewichtungen verschieben oder sich Kreuzkamps Marktmeinung ändert. Das Besondere ist laut Deutsche-AM-Vertriebschef Thorsten Michalik: „Den Kunden wird immer begründet, was sich in ihren Depots ändert.“
Die Deutsche Bank startet im Sommer ebenfalls eine eigene digitale Vermögensverwaltung. Sie soll einen anderen Zuschnitt bekommen als bei ihrer Fondstochter. Dass in einem Konzern gleich zwei Roboter-Berater entstehen, dürfte auch der Abgrenzung dienen. Denn die Deutsche AM soll an die Börse gebracht werden. Bei der Konzernlösung erhalten Anleger zunächst über die hauseigene Plattform Maxblue ein Portfolio aus verschiedenen börsengehandelten Indexfonds (ETF). Als Grundlage dient dabei die Markteinschätzung des Chefanlagestrategen des Konzerns, Ulrich Stephan. Einen Berater braucht es dabei nicht.
Auch die Commerzbank denkt über die Einführung eines digitalen Asset Managements in der Vermögensanlage nach. „Im Rahmen unseres Strategieprozesses Commerzbank 4.0 arbeiten wir daran“, sagt Michael Kohl, der die Vermögensverwaltung der Commerzbank leitet.
Bei der Commerzbank-Tochter Comdirect ging im Mai ein digitales Asset Management an den Start. „Wir schauen uns gemeinsam an, wie man das für die unterschiedlichen Bedürfnisse unserer Kunden umsetzen kann“, sagt Kohl. Die Umsetzung erfolge frühestens 2018. Aber auch in Zukunft werde man den Maschinen nicht die alleinige Entscheidung über Investitionen überlassen. „Wir verfügen über langjährige Expertise an den Kapitalmärkten, die wir zum Nutzen unserer Kunden einbringen“, sagt Kohl. Die Investmentscheidung dürfe deshalb „nicht rein automatisiert“ erfolgen.
Der genossenschaftliche Fondsanbieter Union Investment will im zweiten Halbjahr ein digitales Beratungstool über Volksbanken starten. Die Genossen orientieren sich an ihrem Start-up Visual Vest, über das Anleger seit gut einem Jahr selbst Portfolios aus Fonds und ETFs aussuchen können. Der neue Robo bietet hauseigene Fonds und andere aktive Produkte, die Union-Experten aussuchen. Die Volksbanken entscheiden, ob Anleger dort mit oder ohne Hilfe eines Beraters kaufen können. Anleger zahlen dafür keine Kaufgebühr und bekommen den Anteil der Managementgebühr für den Vertrieb zurück.
Relativ günstige Gebühren in der Startphase
Bei den beiden anderen großen deutschen Fondshäusern ackern die Roboter noch im Labor. Die Versicherungstochter Allianz Global Investors kooperiert mit dem britisch-italienischen Fintech Moneyfarm, an dem die Allianz-Gruppe beteiligt ist. Seit März testen die 7.000 Allianz-Mitarbeiter in Großbritannien das Produkt, bei dem sie sich selbst zu einem Portfolio durchklicken, aber auch mit einem Berater telefonieren können.
Bei der Sparkassen-Fondstochter Deka testen die 4.500 Mitarbeiter ein digitales Vermögensmanagementkonzept namens BeVestor. In der Testphase können die Mitarbeiter zu relativ günstigen Gebühren in das neue Konzept mit aktiven Fonds investieren. Danach will die Deka dies den Sparkassen als digitales Beratungsinstrument an die Hand geben. Die Sparkassen entscheiden dann, wie sie dieses ihren Kunden anbieten.
Damit gibt es kaum ein Institut, das die Roboter noch nicht für sich entdeckt hat. Alle großen Fondsanbieter „meinen, etwas Digitales vorweisen zu müssen, um fortschrittlich zu wirken“, erklärt Jan Altmann, Chef des Fondsberaters 4Assetmanagement, das wilde Ausprobieren in der Branche. „Es entstehen neue Vertriebsmodelle in Kooperation mit Vertriebspartnern wie Banken“, erklärt Friederike Stradtmann, Expertin für digitale Geschäftsmodelle bei Banken bei der Unternehmensberatung Accenture. Kernfrage ist ihrer Ansicht nach, was die neuen Modelle besser machen als das, was es schon am Markt gibt: Wie gut ist der Algorithmus, gibt es eine besondere Risikoklassifizierung, wie differenzieren sich diese eher standardisierten Modelle gegenüber der klassisch individuellen Vermögensverwaltung?
Doch für die Banken und Fondsgesellschaften gibt es ein Problem: Robo-Berater sind erfolgreich, weil sie ohne kostspielige Berater auskommen. „Automatisierte Beratung ist dann innovativ und sinnvoll, wenn sie disruptiv wirkt – also ein Teil der Wertschöpfungskette übersprungen wird“, sagt Berater Altmann. Kern solcher Tools sei ein beratungsfreies Geschäft, das auf einem Vermögensverwaltungsvertrag basiert. Oft werden dann nach festen Regeln bestimmte Produkte aus dem Regal gezogen – meist sind das börsengehandelte Indexfonds.
Für die Finanzriesen ist das ärgerlich. Schließlich nutzen sie die Vermögensverwaltung als Vertriebskanal für ihre eigenen, mitunter kostspieligen Produkte. Kein Wunder also, dass die Vermögensverwalter lieber auf Mischlösungen setzen, die Mensch und Maschine verknüpfen. Für Experten ist aber vieles, was unter dem Namen Robo auf den Markt kommt, enttäuschend. Denn es entpuppt sich oft nur als „vertriebsunterstützendes Tool“, wie Altmann sagt. Statt zu beraten, wird der Roboter zum Verkäufer degradiert.
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Mit welchen Ideen die Banken Geld verdienen wollen, zeigen sie in ihren eigenen Häusern. Ich lese immer nur von Filialschließungen und Personalabbau.
Über die Beratungsleistungen der Banken ist viel geschrieben worden. Aber leider nicht viel Gutes. Einen fähigen Bankberater zu finden, gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Und nun die Robo-Advisors. Ich wünsche good luck.