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Digitale Kontoeröffnung Streit um digitale Identitäten: Banken wollen trotz vieler Kritik an einer ID-App festhalten

Die Bundesregierung hat von einer App zum Identitätsnachweis Abstand genommen – auch wegen Sicherheitsbedenken. Banken und Sparkassen wollen dennoch weitermachen.
23.12.2021 - 07:56 Uhr Kommentieren
Die deutschen Geldhäuser wollen an einer umstrittenen ID-App festhalten und auf ihrer Basis superschnelle Kontoeröffnungen ermöglichen. Quelle: dpa
Banken in Frankfurt

Die deutschen Geldhäuser wollen an einer umstrittenen ID-App festhalten und auf ihrer Basis superschnelle Kontoeröffnungen ermöglichen.

(Foto: dpa)

Frankfurt, Berlin Das Projekt der Bundesregierung, den digitalen Personalausweis rechtssicher auf das Smartphone zu bringen, droht sich auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Eine Verzögerung, die vor allem die Banken ärgert. Diese hatten bereits eine digitale Kontoeröffnung als ein Anwendungsbeispiel vorbereitet.

Konkret handelt es sich um die sogenannte „ID Wallet“, die auch als Grundlage für das Pilotprojekt eines digitalen Führerscheins und eines digitalen Hotel-Check-ins gedient hatte. Nach Sicherheitsbedenken und Überlastungsproblemen war die App Ende September vom Markt genommen worden, um sie nachzubessern.

Nachdem der Relaunch zunächst nach einigen Wochen geplant gewesen war, verschob ihn das zuständige Bundeskanzleramt in das Frühjahr 2022. Inzwischen scheint sich die Bundesregierung zumindest für die geplante digitale Kontoeröffnung gegen das Projekt ausgesprochen zu haben. Das erfuhr das Handelsblatt aus Finanzkreisen. Um die Kontoeröffnung mit dem digitalen Personalausweis möglich zu machen, war eigens das Geldwäschegesetz angepasst worden.

Statt der ID Wallet sollen die Banken jetzt auf das System der „Smart eID“ warten, ein zweites Projekt der Bundesregierung, das federführend vom Bundesinnenministerium betreut wird. Das Problem: Auch der Start dieser App, der für Dezember angekündigt war, verzögert sich weiter. Außerdem ist diese „Smart eID“ bisher nur mit einigen ausgewählten Modellen des Hersteller Samsung überhaupt kompatibel und daher umstritten.

Protest kommt von den deutschen Banken und Sparkassen. Sie wollen an der ursprünglich geplanten App für eine digitale Geldbörse festhalten und fordern die neue Bundesregierung auf, das entsprechende Projekt nicht abzubrechen. Das geht aus einem Positionspapier verschiedener Bankenverbände sowie von Commerzbank, Deutscher Bank und ING hervor, das dem Handelsblatt vorliegt.

Banken wollen die digitale Kontoeröffnung an die ID-App knüpfen

Die Finanzwirtschaft verbinde „deutliche Hoffnungen“ mit dem Neustart des Ökosystems, erklären die beteiligten Geldhäuser darin. Im zweiten Quartal 2022 wäre die vollständige digitale Kontoeröffnung über das System möglich gewesen – für Kundinnen und Kunden bequemer als das bisher übliche Verfahren Video-Ident. bei dem man sich über Video ausweisen und den Personalausweis in die Kamera halten muss.

Für die Kreditinstitute geht es um die Chance auf schnelle Kontoeröffnungen und um ein Prestigeprojekt. In Finanzkreisen heißt es, die Eröffnung eines neuen Girokontos wäre so binnen drei Minuten möglich. Die eigene Identität bestätigen könnte man dabei sehr einfach über die ID-App.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass Deutschland sich seit Längerem mit der Einführung einer digitalen Identität schwertut und anderen Ländern hinterherhinkt. Damit ist die Möglichkeit gemeint, sich im Internet rechtssicher ausweisen zu können. Seit knapp einem Jahr ist gesetzlich verankert, dass der Personalausweis auch im Handy abgelegt werden kann, im Fachjargon auch „Basis ID“ genannt. Dabei wird der elektronische Personalausweis in eine dafür vorgesehene App eingelesen.

Zudem werfen die Geldhäuser der vorherigen Regierung vor, sie nicht angemessen informiert zu haben. In dem Positionspapier heißt es: „Mit Blick auf die avisierte öffentlich-private Partnerschaft unterstreichen wir, dass das Projekt nur dann erfolgreich sein kann, wenn die Entscheidungen gemeinsam getroffen sowie offen, verbindlich und auf Augenhöhe kommuniziert werden.“

Auch Tech-Konzerne arbeiten an Systemen zur digitalen Identität

Gemeinsame Entscheidungen bei digitalen Identitäten scheinen schon innerhalb der Bundesregierung ein Problem zu sein, wie Darstellungen aus Regierungskreisen nahelegen. Insgesamt sind sechs Bundesbehörden und der Bundesdatenschutzbeauftragte an gleich drei Projekten beteiligt.

Auf Anfrage verwiesen das Bundeskanzleramt und das Bundesfinanzministerium an das Bundesinnenministerium, das derzeit die Kontoeröffnung mit der Basis ID für nicht realistisch hält. „Der Lenkungsausschuss des ressortübergreifenden Projekts Digitale Identitäten hat beschlossen, für Fälle mit besonderen Sicherheitserfordernissen auf die Smart-eID zu setzen, da sich mit ihr kurz- und mittelfristig ein höheres Sicherheitsniveau abbilden lässt als mit der Basis ID“, teilte das Innenministerium mit.

Die digitale Identität gilt als Grundvoraussetzung dafür, die Verwaltung von Faxgerät und Papierchaos zu befreien und in die moderne Welt zu überführen. So könnten Bürgerinnen und Bürger beispielsweise über das Smartphone den Personalausweis verlängern, Bafög oder einen Reisepass beantragen – oder sich für Kontoeröffnungen und einen neuen Handyvertrag ausweisen.

Die Banken, aber auch andere Unternehmen stehen zudem unter Zeitdruck, weil US-Tech-Giganten wie Apple intensiv an Systemen zur digitalen Identität arbeiten. Das Projekt der Bundesregierung sollte auch zu diesen Modellen eine rechtssichere und transparente Alternative bieten.

Die Bundesregierung hatte auch die Wirtschaft mobilisiert, um gemeinsam verschiedene Anwendungsbeispiele zu realisieren. Dazu zählten neben einer digitalen Kontoeröffnung auch die Aktivierung von Prepaid-Telekomverträgen und ein betriebliches Zugangsmanagement.

Kritik an Sicherheitslücken

Umgesetzt wurde davon bisher nur der digitale Hotel-Check-in, der allerdings wegen Sicherheitsbedenken in die Kritik geraten ist. Schon kurz vor dem Start des Projekts machte das Bundesamt für Informationstechnik auf einige Schwachstellen der App aufmerksam. Auch IT-Sicherheitsexperten übten teils heftige Kritik. Nach dem Desaster beim digitalen Führerschein wurde die App dann gestoppt.

Eines der Probleme: Die Ausweisdaten werden mithilfe eines QR-Codes abgefragt. Liest ein Smartphone-Benutzer diesen Code ein, werden seine gespeicherten Personendaten abgerufen. Wenn es Betrügern gelingt, einen solchen Code zu verändern, können sie auch die Ausweisdaten einsehen. Eine Kontrolle, bei der sich gleichfalls die „abfragende“ Instanz ausweisen muss, hatte die App nicht vorgesehen.

Das wissen natürlich auch die Banken. Die Kritik nehme man ernst. Sie setzen aber darauf, dass man die Sicherheitsprobleme in den Griff bekommt. „Wir bringen uns aktiv bei der Verbesserung und Weiterentwicklung der ‚ID Wallet‘, ihrer Architektur, der gebotenen Sicherheit und dem Nutzererlebnis ein“, erklären sie in dem Positionspapier.

In Finanzkreisen heißt es, man könne die Kontoeröffnung über die „ID Wallet“ ausreichend sicher gestalten. Video-Ident sei lediglich eine „Brückentechnologie“, die selbst Schwachstellen habe.

Obwohl Angreifer laut IT-Spezialisten mit den Daten nicht viel anfangen können, entstand durch diese Sicherheitslücke doch ein erheblicher Imageschaden für die ersten Gehversuche der digitalen Identitätsvorhaben. Ein möglicher Grund, wieso die neue Bundesregierung jetzt von dem Projekt Abstand zu nehmen scheint.

Mehr: Vorbilder Italien und Türkei: Was Deutschland von den digitalen Aufsteigern lernen kann

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