Digitale Kreditplattform Commerzbank schlüpft in die Fintech-Rolle

Christian Hoppe (l.), Gründer und Geschäftsführer von Main Incubator, sprach mit den Gästen des Handelsblatts in der Frankfurter Redaktion über die Zukunft des Bankgeschäfts und über die geplante digitale Kreditplattform Main Funders.
Frankfurt Die Commerzbank zählt in Sachen Digitalisierung zu den experimentierfreudigen Banken: Sie leistet sich mit Main Incubator und CommerzVentures auch zwei Wagniskapitalfinanzierer, die in Fintech-Startups investieren, also in junge, finanzaffine Technologiefirmen. Und seit neuestem will die Commerzbank nun auch selbst in die Rolle eines Fintechs schlüpfen.
Denn die Bank will in Kürze eine digitale Kreditplattform aus der Taufe heben, genauer eine Peer-to-Peer-Lending-Plattform, auf der sich finanzierungssuchende Kunden ihrer Mittelstandssparte „digital und direkt“ an Investoren wenden können. Das Konzept hat die Bank gemeinsam mit Main Incubator entwickelt, wie der Geschäftsbericht verrät. Diese Plattform läuft unter dem Namen „Main Funders“.
Im Handelsblatt-Wirtschaftsclub nannte Christian Hoppe, Geschäftsführers des Main Incubator, erste Details. Etwa, dass es für die Plattform einen Ankerinvestor geben soll. „Jede Plattform, die das nicht macht und keinen Ankerinvestor für sich gefunden hat, hat ein Problem“, sagte Hoppe. Denn dann müsse so eine Plattform an zwei Fronten kämpfen, nämlich sowohl für genug Angebot, als auch für genug Nachfrage zu sorgen.
Will die Commerzbank sich über die Plattform „Main Funders“ etwa elegant finanzschwacher Kunden entledigen? Hoppe tritt diesem Verdacht entgegen, denn offenbar will die Commerzbank auch eine Vorauswahl der Unternehmen treffen, die auf „Main Funders“ nach Investoren suchen dürfen. „Derjenige, der die Plattform steuert, sagt ja, was auf der Plattform zu sehen ist“, sagte Hoppe. Reputationsgefahren für die Bank, etwa weil auf der Plattform viele schlechte Unternehmen landen könnten, befürchtet er daher nicht.
Doch wozu sollte die Bank so eine Plattform entwickeln, wenn nicht, um schwache Kreditnehmer loszuwerden? Und warum sollten Mittelständler, die noch gut genug für einen Bankkredit sind, das überhaupt wollen? Einige Mittelständler, gerade jüngere und digital affinere Kunden, seien auf der Suche nach unterschiedlichen Finanzquellen, erläutert Hoppe. Nach der Finanzkrise wollten sich viele nicht mehr allein auf Bankkredite verlassen.
Um die Plattform zu entwickeln, hat sich Main Incubator die Geschäftsmodelle von „40, 50 deutschsprachigen Peer-to-Peer-Lending-Plattformen“ angesehen und deren Geschäftsmodelle genau analysiert. Am Ende kamen die Initiatoren der Plattform dann zu dem Schluss, dass es sich für sie eher lohnt, eine Plattform in Eigeninitiative aufzubauen. Hoppe hofft, dass das neue Angebot „eine Magnetwirkung“ entwickeln wird, sowohl bei Finanzierung suchenden Firmen, als auch bei Investoren.
Weitere Details wollte Hoppe nicht nennen, weil die Plattform noch nicht an den Start gegangen ist. Laut Geschäftsbericht soll dies aber noch im ersten Halbjahr geschehen.
Wenn die Commerzbank das Projekt umsetzt, wäre sie die erste deutsche Bank, die selbst eine solche Kreditvermittlungsplattform entwickelt. Die Berliner Volksbank etwa bietet das so genannte Peer-to-Peer-Lending zwar ebenfalls an, allerdings in Kooperation mit dem Fintech Funding Circle. Die britische Plattform übernahm im vergangenen Jahr das deutsche Start-up Zencap und hat innerhalb von gut zwei Jahren Kredite in Höhe von rund 46 Millionen Euro an mittelständische Unternehmen vermittelt.
Auch die nordeuropäische Großbank Nordea hat vor kurzem angekündigt, in Finnland eine Crowdfunding-Plattform zu gründen, über die sich Firmen Eigenkapital holen können sollen.