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Digitalisierung Kampf um die mobile Geldbörse

Diese Woche startet die Deutsche Bank das Bezahlen per Smartphone. Aber auch Apple Pay könnte schon bald in Deutschland an den Start gehen. Hinter den Kulissen tobt ein Machtkampf zwischen den Banken und dem US-Konzern.
03.04.2017 - 05:56 Uhr Kommentieren
Zahlen mit dem Handy soll zumindest aus Sicht der Banken auch in Deutschland bald beliebter werden. Quelle: Bloomberg
Apple Pay

Zahlen mit dem Handy soll zumindest aus Sicht der Banken auch in Deutschland bald beliebter werden.

(Foto: Bloomberg)

Frankfurt Das Silicon Valley rangiert bei den Reiseplänen deutscher Spitzenbanker mittlerweile sehr weit vorne. Schließlich steht die Digitalisierung ganz oben auf der Liste der Herausforderungen für die Finanzbranche. Doch in letzter Zeit ist vor allem eine kalifornische Stadt bei den Business-Touristen beliebt: Cupertino, Hauptsitz des Technologiegiganten Apple. Rein freundschaftlich sind die Besuche aber nicht. Rund um das mobile Bezahlen mit dem Smartphone ist ein Machtkampf zwischen Apple und den Banken entbrannt. Dabei geht es nicht nur um die Einführung des Bezahldienstes Apple Pay in Deutschland, sondern auch um das größte Gut der Banken: den Kontakt zum Kunden.

Seit Anfang des Jahres wird immer häufiger spekuliert, dass der US-Konzern seinen Bezahldienst bald auch in Deutschland startet. Die Signale dafür haben sich zuletzt verstärkt. So schaltete Apple Ende Februar im Internet eine Anleitung für Apple Pay auf Deutsch frei. Kürzlich folgte eine Aktualisierung. „So etwas macht Apple nicht aus Versehen. Deshalb glaube ich, dass Apple Pay sehr bald, auch in wenigen Wochen schon, in Deutschland starten könnte“, sagt Maik Klotz, Berater für Zahlungsverkehr.

Apple selbst gibt sich wortkarg: „Es gibt keine Information zum Start von Apple Pay in Deutschland“, teilt das Unternehmen mit. Zugleich erklärt der Konzern die deutschsprachige Seite damit, dass Apple Pay schon in der Schweiz aktiv sei.

Für die Banken wäre der Einstieg von Apple Pay ein Problem. Denn eigentlich würden sie das Geschäft mit dem mobilen Zahlen lieber selbst machen, doch da setzt ihnen Apple eine technische Hürde. Als Alternative bleibt nur die Kooperation mit Apple Pay – ansonsten wären sie für iPhone-Nutzer beim mobilen Bezahle ganz aus dem Spiel.

Als wäre die Sache nicht schon komplex genug, fordert Apple auch noch einen bedeutenden Teil der Gebühren, die bei Bezahltransaktionen anfallen. Doch die sind in Deutschland ohnehin mager und stehen eigentlich den Banken zu, da sie die Kredit- und Girokarten herausgeben, die in Apple Pay hinterlegt werden. „Apple Pay sucht nach einem potenten Partner in Deutschland. Der Knackpunkt ist, dass Apple daran auch etwas verdienen will – eine Art Gebühr aus den laufenden Transaktionen. Die deutschen Kreditinstitute aber sind eher gewohnt, dass sie eine Gebühr bekommen, wenn sie Zahlungen ermöglichen“, sagt Horst Rüter, Zahlungsverkehrsexperte des Forschungsinstituts EHI.

Deutsche Bank bietet mobiles Zahlen

In Deutschland käme die rasche Verbreitung des Bezahlens per Handy einer kleinen Revolution gleich. Die heimischen Konsumenten zahlen immer noch am liebsten bar, während in anderen Ländern längst das kontaktlose Zahlen per Karte üblich ist. Dennoch arbeiten viele Banken an eigenen Lösungen für das Bezahlen per Smartphone. Getrieben werden sie dabei durch den Kampf um den Kunden. Das Kalkül: „Wenn Kunden zum Bezahlen die bankeigene App nutzen, prüfen sie darüber auch den Kontostand und schauen sich noch weitere Angebote an, die das Geldhaus über die App offeriert“, sagt Oliver Hommel, Zahlungsverkehrsexperte der Beratungsgesellschaft Accenture.

Das stärke die Kundenbindung und reduziere zugleich die Bargeldkosten. Und: Das mobile Bezahlen gilt als Technologie der Zukunft. Banken wollen sich nicht schon wieder von Drittanbietern überholen lassen. Wie das Handelsblatt erfuhr, geht die Deutsche Bank jetzt voran. Kunden mit Android-Smartphone können schon in dieser Woche ihre Mastercard-Kreditkarte in die bankeigene App integrieren und dann per Handy bezahlen.
Zu einer möglichen Zusammenarbeit mit Apple schweigt die Bank. Dabei ist schwer vorstellbar, dass ausgerechnet sie nicht mit den Amerikanern spricht. Schließlich ist ihre App sogar mit der Apple Watch kompatibel. Allerdings: Während die üblichen Funktionen einer Banking-App wie Kontostand abrufen und Überweisungen tätigen über das iPhone ebenso funktionieren wie mit anderen Smartphones, hindert Apple die Banken und andere App-Anbieter am Zugriff auf die sogenannte NFC-Schnittstelle seiner Geräte. NFC ist der Standard für die Funkübertragung von Daten auf kurze Distanz, also vom Handy zum Kassenterminal. Ohne diesen Zugriff können Banken kein kontaktloses Bezahlen mit dem iPhone anbieten, und Apple reserviert die NFC-Schnittstelle für sein eigenes Bezahlsystem.

In Australien hat sich ein Konsortium von Banken vehement gegen diese Einschränkung gewehrt. Sie wollten gemeinschaftlich mit dem Technologieriesen verhandeln, doch das hat die australische Wettbewerbsbehörde jetzt final untersagt. Ziel der Banken war ein Tauschhandel: Sie unterstützen Apple Pay und bekommen im Gegenzug Zugriff auf die NFC-Schnittstelle. Doch Apple bleibt hart. Offizielles Argument: Die Sperre soll die Sicherheit der Kunden gewährleisten. Unwahrscheinlich, dass deutsche Institute bessere Karten haben. „Apple agiert nach dem Motto ‚Friss oder stirb‘ und will die Kunden in seinem Ökosystem halten“, sagt Klotz. Die Freigabe der Schnittstelle biete dem Konzern keinen Vorteil.

Einfacher haben es die Geldinstitute bei Smartphones anderer Hersteller, auf denen Googles Betriebssystem Android läuft. Obwohl Google mit Android Pay ebenfalls eine eigene Bezahl-App hat, ist der Zugriff auf die NFC-Schnittstelle frei. Genau das wird nun die Deutsche Bank als Deutschlands erstes Geldhaus nutzen. „Wir sind überzeugt davon, dass die Zeit reif ist. Für die Kunden ist das Smartphone heute ihr alltäglicher Begleiter, der Umgang damit ist selbstverständlich geworden“, sagt Michael Koch, Leiter Onlinebanking Privat- und Firmenkunden.

Kleine Banken wollen nachziehen

Das neue Angebot können zu Beginn allerdings nur rund 300 000 von acht Millionen Kunden ausprobieren. Sie brauchen nicht nur ein Android-Smartphone, sondern auch eine Mastercard. Koch zeigt sich dennoch zuversichtlich, „dass die Nutzerzahlen rasch wachsen“. „Das Bezahlen per Smartphone sehen wir als Teil eines Gesamtpakets, das der Kunde mit seinem Girokonto erhält. Dabei sollen möglichst alle Funktionen auch in der App zu finden sein.“ Mastercard liefert dafür die notwendige Verschlüsselung der Transaktion, für die Girokarte funktioniert das noch nicht.

Auch Sparkassen und Genossenschaftsbanken basteln daran, dass ihre Kunden künftig per Smartphone zahlen können. Die Sparkassen streben an, dass im vierten Quartal des Jahres die Kreditkarte ins Handy wandert, Anfang 2018 soll das auch mit der Girokarte passieren, wie Joachim Schmalzl, Digitalvorstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands kürzlich sagte. Die Genossenschaftsbanken wollen ebenso nachziehen: „Wir bereiten den Start auf Androidgeräten für Anfang 2018 vor“, sagt Andreas Martin, Vorstand im Verband der Volks- und Raiffeisenbanken.

Das Potenzial von mobilem Bezahlen zeigt der Blick nach China. Dort ist Alipay – ein Angebot von Ant Financial – in manchen Städten schon beliebter als Bargeld. Der Erfolg hängt auch damit zusammen, dass viele Verbraucher keinen Zugang zu einem klassischen Girokonto haben. Doch das alleine ist es nicht. Alipay bezeichnet sein Angebot völlig unbescheiden als „globale Lifestyle-Super-App“. Nutzer können damit nicht nur bezahlen, sondern erhalten auch Einkaufstipps, Rabatte, können Geld anlegen und Reisen buchen. Auch in Deutschland gibt es Alipay schon. Bislang liegt der Fokus auf chinesischen Touristen – nicht auf deutschen Verbrauchern. Aber das kann sich ändern.

Von einer App, die sämtliche Kundenbedürfnisse erfüllt, träumen auch manche Banken. „Sie erhalten damit viele Informationen über den Kunden, können ihm individuelle Angebote machen und stärker an sich binden“, sagt Berater Hommel. Viele Verbraucher vermissen aktuell noch den Mehrwert des mobilen Bezahlens. In einer Umfrage des Handelsforschungsinstituts ECC gaben das 60 Prozent der Kunden an. Allein der etwas schnellere Ablauf an der Kasse überzeugt wohl nicht. Nach Ansicht von Hommel würde das Bezahlen per Handy Fahrt aufnehmen, „wenn damit intelligente Bonussysteme und andere Mehrwerte verknüpft werden“.

Kunden wollen nur ein Zahlsystem

Eine solche Kombination bietet in Deutschland schon Payback Pay. Im vergangenen Juni wurde die Bezahlfunktion in die Rabatt-App von Payback integriert. Sie steht sowohl Android- als auch Apple-Nutzern offen, da die Daten nicht per NFC übertragen werden, sondern über einen QR-Code, der in der App generiert und an der Kasse gescannt wird. Die Zahl der Händler ist aber noch auf wenige Payback-Partner beschränkt. Ähnliches bieten einige Supermarktketten. Zur Nutzerzahl schweigen die Anbieter.

Malte Krüger, Wirtschaftsprofessor an der Hochschule Aschaffenburg, glaubt nicht, dass Kunden viele verschiedene Bezahl-Apps parallel nutzen werden. Das bestätigt die ECC-Umfrage, die Krüger mitverantwortet: 67 Prozent der Befragten waren der Meinung, dass sich mobiles Bezahlen erst lohnt, wenn es eine einheitliche Lösung am Markt gibt. „Es müsste ein universelles System geben, das alle Kunden nutzen können und das zugleich von allen Händlern akzeptiert wird“, so Krüger. Diesen Anspruch, eine universelle Wallet zu bieten, hat auch Apple Pay – sehr zum Ärger der Banken. Trotzdem bleibt den Instituten nach Ansicht von Zahlungsexperte Klotz nichts anderes übrig, als Apple Pay zu akzeptieren. „Nur so bleiben sie interessant für eine technikaffine Zielgruppe“, sagt er.

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