Euro-Krise Deutsche Banken locken Kunden aus dem Ausland

Sichere Bank gesucht. Kunden fliehen aus den Krisenländern zu deutschen Instituten.
Das Interesse der Kunden an einem sicheren Hafen für Ihre Gelder ließ die Einlagen in Deutschland allein im April im Jahresvergleich um 4,4 Prozent auf 2,17 Billionen Euro steigen. Das geht aus Zahlen der Europäischen Zentralbank hervor. Dem gegenüber sanken die Einlagen in Spanien, Griechenland und Irland im gleichen Zeitraum um 6,5 Prozent auf 1,2 Billionen Euro, zeigen die von Bloomberg zusammengetragenen Daten. Allein in Griechenland schmolzen die Einlagen um 16 Prozent ab. Das deutsche Finanzgewerbe freut sich dagegen über eine verbesserte Liquidität. Auch ausländische Banken versuchen über ihre Töchter in Deutschland von der Situation zu profitieren.
Während die Geldinstitute der Peripheriestaaten der Eurozone über verlorene Einlagen klagen, erhalten die deutschen Geldinstitute das Geld frei Haus. Die Einlagen sind unabhängig vom Interbankenmarkt und Großkundenmarkt eine Hauptrefinanzierungsquelle der Banken. Darüber hinaus hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Geschäftsbanken gut eine Billion Euro über ihre besonderen dreijährigen Kredite schon reichlich Liquidität zur Verfügung gestellt. Umgekehrt lässt der Verlust von Spareinlagen die Banken in Griechenland und Spanien dagegen noch stärker von den EZB-Geldern abhängig werden.
Die Sorge, Griechenland könnte die Eurozone verlassen, ist der Hintergrund für die Kapitalflucht. Parteien in Griechenland, die gute Aussichten bei den am 17. Juni anstehenden Parlamentswahlen haben, lehnen die Bedingungen des Rettungsplans von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds für das Land ab. “Je länger die Schuldenkrise dauert, desto mehr Geld fließt nach Deutschland”, sagt Bankenanlyst Dieter Hein von Fairesearch GmbH in Kronberg im Taunus voraus. “Die Menschen halten Deutschland für das sicherste Land der Eurozone.”
Der Geldregen sorgte allein bei der Deutsche Bank von September bis März für fünf Mrd. Euro an zusätzlichen Kundeneinlagen. Bei der gleichfalls in Frankfurt beheimatete Commerzbank stiegen die Einlagen in den ersten drei Monaten 2012 um rund sieben Mrd. Euro. Laut einer Unternehmenspräsentation vom 9. März konnte sie für ihre Refinanzierung deshalb auf den Gang an den Kapitalmarkt verzichten.
“Die deutschen Banken profitieren von einer Flucht in die Qualität”, sagte Raimund Röseler, Exekutivdirekter Bankenaufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 5. Juni auf einer Pressekonferenz in Bonn. “Deutsche Banken profitieren davon, dass sie einen starken Staat mit guter Bonität an ihrer Seite haben”.
Die Europäische Union garantiert zwar allen Sparern Einlagen bis 100.000 Euro, sollte ein Geldinstitut zusammenbrechen. Das hilft jedoch jenen Bankkunden wenig, deren Heimatland die Eurozone verlässt und deren Ersparnisse von der Abwertung der neuen Währung bedroht sind.
Für Banken sind Einlagen von Privatkunden besonders wichtig, weil sie wegen der Einlagensicherungssysteme in schwierigen Zeiten nicht so schnell abgezogen werden wie andere Gelder. Die neuen Liquiditätsvorschriften des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht legen sogar fest, dass die Einlagen von Privatkunden und Kleinunternehmen eine Refinanzierungsquelle sind, die in Krisenzeiten fast so stabil wie Eigenkapital zu bewerten ist.
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Einerseits ne perverse Entwicklung. Andererseits die Früchte jahrelangen Verzichts und Reformbemühens.