European Payment Initiative Entscheidung über europäisches Zahlungssystem soll bis Jahresende fallen

Der Aufbau eines neuen, gemeinsamen europäischen Zahlungssystems würde Investitionen in Milliardenhöhe erfordern.
Frankfurt, Paris, Rom Die europäischen Banken ringen um den Aufbau eines gemeinsamen europäischen Zahlungssystems – und in der Debatte darum rückt eine Entscheidung näher. Der endgültige Beschluss darüber, ob die Banken die European Payment Initiative (EPI) in die Tat umsetzen und 1,5 Milliarden Euro investieren werden, soll noch in diesem Jahr fallen.
Wegweisend könnte ein Treffen von 31 an der EPI-Interimsgesellschaft beteiligten Geldhäuser sein, das nach Handelsblatt-Informationen an diesem Dienstag stattfindet. Es gehe nun in die „kritische Entscheidungsphase“, sagte ein Beteiligter.
Sollten 85 Prozent der Beteiligten grünes Licht geben, würde das Projekt Finanzkreisen zufolge in die Umsetzung gehen. Andernfalls würde es weitere Gespräche geben und ein zusätzliches Treffen Ende November. Im November würde man sich dann wohl mit einer Zustimmung von zwei Dritteln zufriedengeben, hieß es. Durch die mögliche Einführung des Zahlungssystems EPI wollen Europas Banken verhindern, dass man den Markt mächtigen US-Unternehmen wie Mastercard oder Visa überlässt.
Bisher bestehen aber Zweifel, ob genügend Geldhäuser bei dem Projekt mitziehen - insbesondere bei Banken aus Spanien und den Niederlanden gebe es Bedenken. Man sei nun in einem Verhandlungsprozess und habe EPI von Anfang an als eine Herausforderung gesehen, hieß es in Finanzkreisen weiter. Die Zentralbanken treten bei den Gesprächen als Moderator auf, auch einige Politiker setzen sich ein, weil sie EPI als strategisch wichtiges Projekt für Europa ansehen.
Insidern zufolge sind mittlerweile auch Modelle in der Diskussion, bei denen EPI mit abgespeckten Funktionen oder weniger Teilnehmern kommen könnte. Sollte allerdings etwa nur ein deutsch-französisches System gestartet werden, triebe das die Kosten für die beteiligten Geldhäuser kräftig nach oben.
Sparkassen stellen 150 Millionen Euro bereit
Klar positioniert haben sich bislang die deutschen Sparkassen. Sie wollen – vorausgesetzt, es gibt eine deutliche Beteiligung anderer Banken – rund 150 Millionen Euro für EPI bereitstellen, wie das Handelsblatt kürzlich berichtete. Insgesamt werden für EPI bis 2026 knapp 1,5 Milliarden Euro benötigt.
Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) zeigt sich zuversichtlich und geht davon aus, dass die Partner gemeinsam der Wille eint, „einen leistungsfähigen und im Wettbewerb stehenden European Champion im Zahlungsverkehr zu bauen“. DSGV-Vorstand Joachim Schmalzl ist Aufsichtsratschef der EPI-Interimsgesellschaft.
Auch die Deutsche Bank stellt sich hinter EPI: Es sei aus europäischer Sicht wichtig, ein unabhängiges europäisches Zahlungssystem zu etablieren. „Die Deutsche Bank ist daher der EPI-Zwischengesellschaft als Gründungsmitglied beigetreten, um diese gemeinsame Anstrengung zu unterstützen.“ Die Commerzbank äußerte sich nicht, ebenso wenig wie die niederländische Großbank ING.
In französischen Bankenkreisen glaubt man weiterhin an das Projekt. Die Investitionen dürften auf einen „sehr signifikanten Beitrag“ hinauslaufen, die genaue Höhe stehe allerdings noch nicht fest. Sechs französische Banken – darunter die Großbanken Crédit Agricole, BNP Paribas, Société Générale – sind an der EPI-Interimsgesellschaft beteiligt.
Man gehe davon aus, dass bis Ende November die Vorbereitungen abgeschlossen seien – und unter anderem der Name der angepeilten neuen Marke geklärt sei, hieß es in Bankenkreisen.
Unicredit aus Italien verweist darauf, dass ihre deutsche Tochter Hypo-Vereinsbank Teil der Initiative ist. Die Mailänder Bank sagte nichts dazu, ob auch die Muttergesellschaft selbst mitmachen wird. Unter Experten gilt das eher als unwahrscheinlich. Aus Italien gibt es bis dato keine Bank, die sich offiziell beteiligen will.
Als Schwierigkeit wird angesehen, dass sich die EPI-Investitionen erst in einigen Jahren auszahlen dürften. Es wird mit einer längeren Übergangsphase gerechnet.
Selbst wenn einzelne Geldhäuser nicht so viel Geld aufbringen müssen wie die deutschen Sparkassen, sind die Ausgaben kein Selbstläufer – zumal im Zeitverlauf weitere Mittel nötig sein dürften. „Jede Bank hat Aktionäre und muss die Investitionen rechtfertigen“, heißt es in Finanzkreisen.
Mastercard lässt Maestro-Funktion auslaufen
Die bisherigen EPI-Pläne sehen vor, dass EPI zudem Onlinezahlungen sowie Handy-zu-Handy-Zahlungen ermöglicht und so auch dem Onlinebezahldienst Paypal etwas entgegensetzt. Neben einer physischen Bezahlkarte, die zumindest EPI-kompatibel ist, soll es eine digitale Geldbörse – im Fachjargon Wallet – mit digitalisierten Bezahlkarten geben.
Das Verhältnis der Banken zu Mastercard und Visa ist ambivalent. Die Kreditkartenfirmen sind zwar Partner der Banken, wenn es um die Abwicklung von Käufen per Kreditkarte geht. Doch zugleich gibt es Abhängigkeiten: In mehreren EU-Staaten werden nationale Kartenzahlungen – anders als in Deutschland – über die Systeme von Mastercard und Visa abgewickelt. Dasselbe gilt für grenzüberschreitende Zahlungen.
Vergangene Woche wurde bekannt, dass Mastercard die Auslandszahlungsfunktion Maestro auslaufen lässt. Mastercard teilte europäischen Kreditinstituten Mitte Oktober mit, dass neue Bankkarten nur noch bis Sommer 2023 mit der Maestro-Funktion ausgegeben werden dürfen.
Derzeit wird Maestro von zahlreichen europäischen Geldhäusern genutzt, damit Kunden mit der nationalen Bankkarte, in Deutschland mit der Girocard (früher „EC-Karte“), in anderen Ländern Bargeld abheben und bezahlen können – zumindest an jenen Ladenkassen, die Maestro-Zahlungen akzeptieren. Auch nationale Zahlungssysteme laufen teils über Maestro.
Als Alternative können die Geldhäuser nun nationale Bankkarten zusätzlich mit der Funktion einer so genannten Debit-Mastercard ausstatten – was die Sichtbarkeit von Mastercard deutlich erhöht und es für die Geldhäuser auch teurer machen dürfte. Befürworter von EPI führen die Maestro-Abschaffung als Beleg dafür an, dass Europas Geldhäuser ein eigenes Zahlungssystem brauchen.
Mehr: Girocard bald ohne Maestro-Funktion: Mastercard lässt System für Auslandszahlungen auslaufen.
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