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Finanz Informatik Der IT-Dienstleister der Sparkassen steht unter besonderer Beobachtung

Die Finanz Informatik gewinnt an Bedeutung und kämpft zugleich mit Problemen bei einer wichtigen Tochter. Gefragt ist nun der neue Chef Andreas Schelling.
02.06.2020 - 15:20 Uhr Kommentieren
Der zentrale IT-Dienstleister der Sparkassen, Finanz Informatik, hat einen neuen Chef. Der muss unter anderem Probleme bei einer Tochterfirma lösen. Quelle: imago images/onw-images
Sparkassen

Der zentrale IT-Dienstleister der Sparkassen, Finanz Informatik, hat einen neuen Chef. Der muss unter anderem Probleme bei einer Tochterfirma lösen.

(Foto: imago images/onw-images)

Frankfurt Die allermeisten Bankkunden kennen die Finanz Informatik nicht. Dabei spielt der zentrale IT-Dienstleister der deutschen Sparkassen und Landesbanken nicht nur bei der Digitalisierung des Finanzsektors eine wichtige Rolle. Er war mit seiner Tochter FI-TS zuletzt auch mitverantwortlich für mehrere große IT-Pannen. Die Finanzaufsicht schaut dem Institut deshalb genau auf die Finger.

Andreas Schelling, der ab 2021 die Führung der Finanz Informatik mit ihren 4200 Mitarbeitern übernehmen soll, steht somit vor großen Herausforderungen. Der FI-Aufsichtsrat, dominiert durch regionale Sparkassenfunktionäre und Sparkassenvorstände, hat Schelling Ende vergangener Woche zum neuen Chef gekürt. Der 55-Jährige, der seit zehn Jahren der Geschäftsführung angehört, folgt auf Franz-Theo Brockhoff. Brockhoff geht nach 25 Jahren im FI-Topmanagement in den Ruhestand.

Viele Sparkassenvertreter zeigen sich mit der Arbeit der FI insgesamt zufrieden. Der IT-Dienstleister sei „enorm wichtig“, sagt ein Sparkassenfunktionär. Ein anderer öffentlich-rechtlicher Bankmanager findet, das Unternehmen mache einen guten Job und kümmere sich auch um die Probleme einzelner Häuser. Auch dem aktuellen Chef Brockhoff wird gute Arbeit attestiert.

Die FI hat für die gesamte Sparkassen-Finanzgruppe immense Bedeutung, und diese wächst angesichts der Digitalisierung der Branche weiter. Die Sparkassen werden wahrscheinlich mehr Produkte und Prozesse standardisieren. Was der IT-Dienstleister vorgibt, setzen die knapp 380 Sparkassen also nahezu eins zu eins um.

Schelling selbst gibt ein weiteres Ziel vor: mehr Tempo. Zusammen mit den Partnern im Sparkassenverbund werde man „Prozesse und Anwendungen konsequent kundenorientiert und digital ausrichten und gemeinsam schneller Lösungen bei unseren Kunden in der Breite einführen“, so Schelling nach seiner Wahl.

Daran wird der künftige FI-Chef sich auch messen lassen müssen. Denn die Erwartungen sind sowieso hoch. Die Geschäfte der Zukunft würden über die FI aufgesetzt, sagt ein weiterer Sparkassenfunktionär.

Kundenverlust bei jungen Erwachsenen

Gerade wenn es um die Kunden der Zukunft geht, haben die Sparkassen Nachholbedarf. Ihr Smartphonekonto „Yomo“, entwickelt von einer FI-Tochter und der FI, ist gescheitert. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband sprach von einem „schleichenden Kundenverlust“ in der Zielgruppe junger Erwachsener, als er das Aus von Yomo als Konto intern verkündete. Onlinebanken schrauben ihre Kundenzahl derweil immer weiter nach oben.

Ohnehin ist der Wettbewerb auf dem deutschen Bankenmarkt enorm. Größter Konkurrent sind die Volks- und Raiffeisenbanken. Und ihr IT-Dienstleister, Fiducia GAD, hat einen gewaltigen Umbau begonnen. Der neue Chef, Martin Beyer, kündigte im Mai an, die Bank-IT im großen Stil zu verschlanken, Prozesse zu beschleunigen und zu automatisieren.

Auch die FI feilt am IT-System der Sparkassen, „OSPlus“, über das fast alle Geschäfte der Sparkassen abgewickelt werden. 2020 sind dafür – wie in den beiden Vorjahren – Mittel in Höhe von 250 Millionen Euro vorgesehen. Daneben kommen laut der FI Investitionen unter anderem in Infrastruktur und IT-Sicherheit sowie Budgets für einzelne Projekte. Auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie beschäftigen das Unternehmen: „Welche Anpassungen durch die Coronakrise nötig werden – sowohl in Bezug auf Budgethöhen als auch auf die Priorisierung von fachlichen Themen –, wird derzeit geprüft“, erklärt die FI auf Anfrage.

Dabei arbeitet die FI nicht nur für die Sparkassen. Ihre Tochter FI-TS bedient zahlreiche Unternehmen der Finanzgruppe, darunter die großen Landesbanken. Zuletzt allerdings ist die FI-TS wegen Ausfällen bei mehreren Kunden die Kritik geraten. „Das ist die große Baustelle“, sagte ein Insider. Das Problem müsse behoben werden. Ein anderer Beobachter sagte: Man erwarte, dass die FI-TS nachrüste.

Hackerangriff auf den Kunden DKB

So spielte die FI-Tochter im Januar bei massiven IT-Problemen der Onlinebank DKB, die zur BayernLB gehört, eine Rolle. Das galt auch für die heftigen Störungen im Wertpapierhandel der DWP zu Jahresbeginn. Der Wertpapierhandel aller DWP-Kunden, also bei insgesamt 1288 deutschen Geldhäusern, war lahmgelegt.

Im Fall der DKB hatte es Ende Januar einen Hackerangriff gegeben, der sich eigentlich gegen die FI-TS richtete. Er hatte zur Folge, dass Onlineseite und App der DKB über mehrere Stunden nicht erreichbar waren. Auch einige Landesbanken meldeten damals kurzzeitig Störungen. Anfang Mai gab es erneut einen Hackerangriff, der die DKB-Homepage und das Onlinebanking kurzzeitig lahmlegte.

Vor allem die DKB, die rund vier Millionen Privatkunden hat, reagierte danach deutlich. DKB-Chef Stefan Unterlandstättner sagte dem Handelsblatt: „Selbstverständlich fragen wir uns immer, wer der geeignete Partner für bestimmte Aufgaben ist.“ Wenn ein Partner nachhaltig nicht das leisten könne, was die DKB von ihm erwarte, dann würde man sich von ihm trennen.

Die DWP zeigte sich versöhnlicher. Laut ihrem IT-Vorstand Markus Neukirch ist es Aufgabe der FI-TS, für die reibungslose Verfügbarkeit der Infrastruktur und der darauf betriebenen Anwendungen im Tagesgeschäft zu sorgen. „Die Entwicklung und Pflege der Anwendungen wiederum liegt in unseren Händen.“

Obendrein gab es Anfang Dezember eine heftige Panne im Zahlungsverkehr der Landesbank Hessen-Thüringen, durch die auf den Konten vieler Sparkassenkunden kein Geld einging, auch Überweisungen kamen nicht bei Empfängern an. Die FI erklärte, es habe sich um eine technische Störung bei einem IT-System der Helaba für den sogenannten Sepa-Zahlungsverkehr gehandelt, das bei der FI-TS betrieben werde.

Trotz der Schwierigkeiten bleiben die Kunden der FI treu. Es hätten keine Kunden ihre Geschäftsbeziehungen mit FI-TS gekündigt, „und wir kennen auch keine derartigen Absichten“, betonte der IT-Dienstleister. „Mit den Kunden, die von einer Störung betroffen waren, ist FI-TS in einem sehr engen, offenen und konstruktiven Dialog und arbeitet eng mit diesen zusammen, um Stabilität und Zuverlässigkeit weiter zu erhöhen.“ IT-Ausfälle, die oftmals das Onlinebanking störten, trafen in den vergangenen Monaten auch zahlreiche andere Geldhäuser in Deutschland, besonders die Commerzbank.

Die Finanzaufsicht weiß um die systemische Relevanz der FI und schaut dem Institut deshalb genau auf die Finger – gerade nach den Ausfällen in diesem Jahr: „Sie können sicher sein, dass wir da sehr eng dran sind und das sehr eng verfolgen – gemeinsam mit den Sicherheitsbehörden“, sagte Raimund Röseler, der oberste Bankenaufseher der Finanzaufsicht Bafin, Mitte Mai.

Die IT-Experten der Bafin hätten die jüngsten Pannen gemeinsam mit den Sicherheits- und Polizeibehörden untersucht und dabei Schwachstellen identifiziert, sagte Röseler. „Wir sind da sehr weit in der Ursachenanalyse.“ Details wolle er aber lieber nicht nennen.

Bereits 2016 gab es Finanzkreisen zufolge eine Sonderprüfung bei der FI-TS, bei der zahlreiche gravierende Mängel offengelegt wurden. Die damals identifizierten Schwachstellen, im Fachjargon „Feststellungen“, habe die FI-TS inzwischen aber bereits behoben. Die FI bestätigte, dass 2016 Prüfungen der Europäischen Zentralbank (EZB) bei Landesbanken stattgefunden hätten, auch mit Blick auf IT-relevante Themen. „Die Prüfungsaktivitäten fanden in diesem Zusammenhang auch vor Ort bei unserer Tochter FI-TS als IT-Dienstleister der Landesbanken statt. Die EZB hat gegenüber den Instituten Feststellungen getroffen, die zum Teil auch auf die von FI-TS verantworteten IT-Systeme gewiesen haben und gemeinsam mit FI-TS abzuarbeiten waren.“

Der ganz überwiegende Teil der Maßnahmen sei gemäß den Vorgaben der EZB im Zeitraum bis Mitte 2018 umgesetzt worden. „Die letzte Feststellung wurde planmäßig zum 30. Juni 2019 geschlossen.“ Die Mängel, die die EZB festgestellt habe, seien aber nicht wegen zurückliegender Fehlleistungen getroffen worden, „sondern zielten darauf ab, die Stabilität und Resilienz der IT weiter zu erhöhen“.

Ein Trost für die Sparkassen: Der IT-Dienstleister der Volksbanken muss derzeit ein lange Mängelliste der Bafin abarbeiten. Die Aufsicht hatte die Defizite 2018 attestiert. Bis Ende 2021 will Fiducia alle Feststellungen erledigt haben.

Mehr: Die Volks- und Raiffeisenbanken bauen ihre IT um.

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