Finanzaufsicht Bafin-Präsident Branson macht Recht und Compliance zur Chefsache

Der Brite kümmert sich um bereichsübergreifende Themen der Finanzaufsicht künftig selbst.
Frankfurt Normalerweise interessieren sich nicht einmal Regulierungsexperten für die innere Verwaltung der Finanzaufsicht Bafin. Der Wirecard-Skandal hat das geändert: Seit bekannt wurde, dass Mitarbeiter der Behörde umfänglich mit Aktien und Derivaten des mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleisters privat gehandelt haben, stehen die internen Kontrollen der Bafin in der Kritik – und damit letztlich auch die für Innere Verwaltung und Recht zuständige Exekutivdirektorin Béatrice Freiwald.
Nun macht der neue Bafin-Präsident Mark Branson Rechts- und Compliancefragen zur Chefsache: Ab 1. Dezember übernimmt der Brite mit dem Schweizer Pass nach Handelsblatt-Informationen die Abteilung Recht, zu der auch die Hinweisgeberstelle für Whistleblower gehört, sowie die Stabsstelle Compliance, die bislang zum Aufgabenbereich Freiwalds gehörten. Der Exekutivdirektorin blieben dann noch die Zuständigkeit für Personal, Organisation und IT.
„Aus dem Geschäftsbereich Innere Verwaltung und Recht werden die Zentrale Rechtsabteilung und die Zentrale Compliance in den Präsidialbereich verlagert“, bestätigte ein Bafin-Sprecher die Informationen auf Anfrage. Compliance werde dabei in die Rechtsabteilung integriert. Offiziell wird das Profil des Geschäftsbereichs Innere Verwaltung und Recht dadurch „geschärft“ und auf die „komplexen Aufgaben der inneren Verwaltung fokussiert“. Folgerichtig heißt der Geschäftsbereich künftig nur noch „Innere Verwaltung“.
Die Bafin begründet den Schritt damit, dass „kritische bereichsübergreifende Steuerungs-, Kontroll- und Beratungsfunktionen sowie die anfängliche Betreuung von Zukunftsthemen wie jetzt Sustainable Finance“ zentralisiert würden.
Im Gegenzug würden „geschäftsbereichsnahe Funktionen“ dezentralisiert. So wandern die internationalen Referate für Versicherungen, Banken und Verbraucherschutz in die Obhut der dafür auch national zuständigen Exekutivdirektoren Raimund Röseler (Banken), Frank Grund (Versicherungen) und Thorsten Pötzsch (Verbraucherschutz). Von dort aus werden auch die laufenden Arbeiten in den internationalen Gremien betreut und koordiniert. Die strategischen Entscheidungen in der internationalen Arbeit werden aber weiterhin vom Bafin-Präsidenten getroffen, so der Sprecher.
Intern wird der Umbau allerdings als enormer Prestige- und Machtverlust für Freiwald gewertet. Überraschend ist er allerdings nicht. Neben den Versäumnissen bei der Beaufsichtigung von Wirecard war der laxe Umgang der Behörde mit internen Kontrollen ein wichtiger Grund für die heftige Kritik an der Bafin und letztlich auch den Rücktritt von Bransons Vorgänger Felix Hufeld. Viele der Defizite hatte Freiwald zu verantworten.

Die Exekutivdirektorin ist künftig nur noch für Innere Verwaltung zuständig.
Zum einen galten für die Mitarbeiter der Behörde bis vor einem Jahr noch ungewöhnlich freizügige Vorgaben für private Wertpapiergeschäfte. Gehandelt werden konnte alles, sofern ein Mitarbeiter seinem Vorgesetzten darlegen konnte, dass er keine Insiderinformationen über eine Aktie hatte. Diese laxen Regeln hatte zunächst die Bafin und dann auch der Gesetzgeber mittlerweile deutlich verschärft. Die genaue Umsetzung steht aber noch aus.
Bei Compliance und Recht gibt es Baustellen
Zum anderen hatte die Behörde aber auch größte Schwierigkeiten damit, die Einhaltung dieser Regeln zu überprüfen, wie Handelsblatt-Recherchen im März dieses Jahres gezeigt hatten. Wenn Mitarbeiter solche Geschäfte zu spät meldeten, wurde dies lange Zeit praktisch kaum kontrolliert, geschweige denn geahndet. Der Bafin fehlen auch Möglichkeiten zu kontrollieren, ob sich ihre Beschäftigten daran halten, dass sie private Wertpapiergeschäfte nicht auf Dienstgeräten abwickeln dürfen.
Mitarbeitergeschäfte hatten auch deshalb für Aufsehen gesorgt, weil einige dieser Transaktionen im Umfeld wichtiger Ereignisse bei Wirecard stattgefunden hatten. In einem Fall fand ein Derivategeschäft zeitlich so auffällig statt, dass die Bafin im Januar einen Mitarbeiter bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart anzeigte, weil sie den Verdacht hegte, er habe womöglich Insiderwissen missbraucht. Im Juli hatte die Staatsanwaltschaft das Verfahren allerdings mangels eines hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Defizite gibt es aber auch bei der Hinweisgeberstelle der Bafin, die in der Rechtsabteilung angesiedelt ist. Dort fehlen aus Sicht der Unternehmensberatung Roland Berger einheitliche Mindeststandards im Umgang mit Whistleblowern sowie eine systematische Analyse solcher Hinweise auf mögliche Missstände. Das hatte eine Kleine Anfrage des früheren Finanzpolitikers der Linken, Fabio de Masi, gezeigt. Der Umgang der Bafin mit Whistleblowern ist im Zuge des Wirecard-Skandals in die Kritik geraten. Die Behörde hatte mehrfach Hinweise auf Missstände bei Wirecard ignoriert.
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