Finanzaufsicht Suche nach neuem Bafin-Chef läuft zäh – Übergangslösung zeichnet sich ab

Der oberste Bankenaufseher der Bafin soll die Behörde als dienstältester Exekutivdirektor leiten, bis ein Nachfolger für Felix Hufeld gefunden ist.
Frankfurt, Berlin Die Suche nach einem neuen Chef für die Finanzaufsicht Bafin gestaltet sich schwierig. Dass bis zum Ausscheiden von Amtsinhaber Felix Hufeld Ende des Monats ein neuer Präsident gefunden wird, ist Insidern zufolge sehr unwahrscheinlich.
Aller Voraussicht nach werde es an der Spitze der Behörde deshalb eine Übergangslösung geben, sagten mehrere mit dem Thema vertraute Personen dem Handelsblatt. Der oberste Bankenaufseher Raimund Röseler solle die Behörde als dienstältester Exekutivdirektor übergangsweise führen und die Sitzungen des Direktoriums leiten.
Die Bafin wollte sich zu einer möglichen Übergangslösung, über die zuerst die „Börsen-Zeitung“ berichtet hatte, nicht äußern.
Für das Finanzministerium, das nach dem Wirecard-Skandal eine grundlegende Reform der Bafin angekündigt hat, ist das ein Rückschlag. Staatssekretär Jörg Kukies hatte vor anderthalb Monaten im Handelsblatt-Interview noch eine rasche Nachfolgereglung in Aussicht gestellt. „Wir arbeiten konzentriert, sodass der Neustart zügig losgehen kann.“
Die FDP fürchtet, dass es nun stattdessen zu einer Hängepartie kommt. „Wenn bis Ende des Monats kein neuer Bafin-Präsident gefunden wird, wäre das fatal“, sagt der Abgeordnete Frank Schäffler. „Bei der Neuaufstellung der Finanzaufsicht dürfen wir keine Zeit verlieren – und genau das würde passieren, wenn es an der Spitze zunächst zu einer Übergangslösung kommt.“
Der SPD-Finanzexperte Jens Zimmermann beurteilt die Lage anders. „Wir haben großes Interesse, eine Persönlichkeit mit Erfahrung und Ausstrahlung für den Bafin-Chefposten zu finden“, sagt er. „Wenn eine solche Person in einem aktuellen Beschäftigungsverhältnis ist und nicht sofort zur Verfügung steht, muss die Bafin übergangsweise eben von jemand anderem geleitet werden. Qualität geht hier vor Schnelligkeit.“
Ambitioniertes Profil und übersichtliche Bezahlung
Dass die Suche nach einem neuen Chef so zäh verläuft, liegt nach Angaben von Beteiligten auch an der übersichtlichen Bezahlung und dem sehr ambitionierten Profil, das die Politik vorgegeben hat.
Der neue Bafin-Chef solle internationale Erfahrung haben, sich in der Regulierung und an den Kapitalmärkten auskennen, führungsstark sein und obendrein noch Deutsch sprechen, sagte Staatssekretär Kukies im Februar. „Der Kreis derer, die alle Kriterien erfüllen, wird vermutlich gar nicht so groß sein.“
Erschwerend kommt hinzu, dass es auch bei der künftigen Ausrichtung der Aufsicht noch viele Fragezeichen gibt. Es sei ungewiss, wohin es mit der Bafin genau gehe, betont eine mit dem Thema vertraute Person. Ebenso unklar sei, wer ab Herbst das Bundesfinanzministerium führe und was das dann für die Bafin bedeute. Das Finanzministerium ist für die Rechts- und Fachaufsicht über die Bafin zuständig.
Als Kandidatin gehandelt wird unter anderem Verena Ross. Die Deutsche hat viele Jahre für britische Aufsichtsbehörden gearbeitet und ist aktuell Exekutivdirektorin bei der europäischen Finanzmarktaufsicht Esma. Ross ist jedoch auch eine Kandidatin für die Nachfolge von Esma-Chef Steven Maijoor.
Ex-EZB-Direktoriumsmitglied Lautenschläger winkt ab
Bereits abgewinkt hat Finanzkreisen zufolge Sabine Lautenschläger. Sie hat in ihrer Karriere bereits für die Bafin und die Bundesbank gearbeitet und trat im Oktober 2019 vorzeitig als Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) ab.
Übergangschef Rösler arbeitet seit 2004 für die Bafin, seit Juni 2011 ist er als Exekutivdirektor für Bankenaufsicht zuständig. Der 59-Jährige genießt innerhalb der Behörde hohes Ansehen und spricht die Probleme des deutschen Bankensektors offen an.
Nicht alle Institute werden die Coronakrise überleben, sagte er im vergangenen Jahr – und appellierte an die deutschen Institute, effizienter zu werden. „Wir haben nicht unbedingt zu viele Banken, aber wir haben zu viele Banker.“
Im Zuge des Wirecard-Skandals geriet auch Röselers Abteilung in die Kritik, weil sie für die Überwachung der Tochter Wirecard Bank zuständig war. Der Aufsichtsansatz der Bafin sei nicht geeignet gewesen, um die wahren Risiken zu erkennen, sagte Röseler kürzlich vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss.
Die Finanzaufsicht habe die Wirecard Bank wie andere nicht-systemrelevante Banken behandelt – und dabei nicht gesehen, dass die Bank Teil eines „gigantischen Betrugskonstrukts“ gewesen sei. Es sei daher unumgänglich, „dass wir unseren Aufsichtsansatz neu gestalten“.
Mehr: Neuer Bafin-Chef soll internationale Erfahrung haben und Deutsch sprechen.
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