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Finanzsystem Europäische Bankenaufsicht befindet sich nach Greensill-Pleite unter Rechtfertigungsdruck

Die Anreize für riskante Bankgeschäfte sind weiterhin groß. Die Kontrollbehörden müssen strenger werden, fordert der grüne Finanzexperte Sven Giegold.
19.04.2021 - 12:48 Uhr Kommentieren
Durch den Fall der Greensill Bank ist das Thema Risiko und Haftung in der Einlagensicherung in den Vordergrund gerückt. Quelle: dpa
Schriftzug der Greensill Bank

Durch den Fall der Greensill Bank ist das Thema Risiko und Haftung in der Einlagensicherung in den Vordergrund gerückt.

(Foto: dpa)

Brüssel Nach der Pleite der Bremer Greensill Bank wächst der Druck auf die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (Eba), die Anreize für riskante Geschäftsmodelle zu verringern. In einem Brief an Eba-Chef José Manuel Campa fordert Grünen-Finanzpolitiker Sven Giegold, Risikobanken höhere Versicherungsbeiträge in Rechnung zu stellen. „Der Fall der deutschen Greensill Bank hat wieder einmal deutlich gemacht, wie wichtig die Verknüpfung von Risiko und Haftung in der Einlagensicherung ist“, schreibt Giegold.

Um das Vertrauen der Sparer in das Finanzsystem zu sichern, sind Bankeneinlagen bis zu einer Höhe von 100.000 Euro mit einer Garantie versehen. Sollte eine Bank pleitegehen, springt die Bankensicherung ein und deckt die Verluste der Kontobesitzer. In Deutschland ist dafür etwa die „Entschädigungseinrichtung deutscher Banken“ (EdB) zuständig, die von privaten Finanzinstituten gespeist wird. 

Das Versicherungssystem hat sich bewährt, schaffe aber „eindeutig die Risiken des Trittbrettfahrens und des Moral Hazard“, wie Giegold betont: Die Garantie verleitet Banken dazu, riskantere Geschäfte zu betreiben, weil ihre Kunden weniger Angst vor einem Totalverlust haben müssen.

Genauso habe das Geschäftsmodell von Greensill funktioniert, kritisiert Giegold. Die Bank habe Anlegern in den vergangenen Jahren auffällig hohe Zinsen geboten und über Online-Vergleichsportale in kurzer Zeit große Summen eingetrieben. Zentrales Marketingargument sei dabei die Einlagensicherung gewesen. Zehntausende Kunden hätten der Bank Geld geliehen, ohne sich für deren Risikoprofil zu interessieren.

„Nachdem Greensill kürzlich für insolvent erklärt worden ist, müssen nun rund drei Milliarden Euro an gedeckten Einlagen von der EdB und dem zusätzlichen freiwilligen Einlagensicherungsfonds der privaten deutschen Banken entschädigt werden“, schreibt Giegold. Sie sei der mit Abstand größte Fall der EdB in den vergangenen 20 Jahren und bedeute „eine erhebliche Inanspruchnahme ihrer Mittel“.Die europäischen Finanzgesetze sehen zwar schon eine Risikogewichtung der Versicherungsprämien vor. Diese falle allerdings zu gering aus, kritisiert Giegold.

Banken mit einem ähnlichen Risikoprofil

Das Geschäftsmodell von Greensill ist kein Einzelfall, so viel steht fest. In seinem Brief weist Giegold auf etliche Banken hin, die ein ähnliches Risikoprofil haben. Beispielhaft nennt er North Channel Bank und Grenke Bank aus Deutschland, Banco Finantia und Haitong Bank aus Portugal sowie die italienischen Institute Banca Ifis und Banca Popolare di Fondi.

„Das Risiko des Moral Hazard scheint durch die neuen Onlineplattformen für die Vermittlung von Einlagen deutlich erhöht zu sein, die es den Banken ermöglichen, mit geringem Aufwand und in kurzer Zeit große Einlagen von Sparern aus ganz Europa anzuziehen“, schreibt Giegold und verweist auf Portale wie Weltsparen und Zinspilot.

Der Grünen-Politiker fordert Bankenaufsichtschef Campa auf „zu untersuchen, ob die von diesen Banken an Einlagensicherungssysteme gezahlten Gebühren in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko stehen, das sie darstellen“.

Vertreter deutscher Großbanken stimmen Giegold zu: Immer wieder müssten solide Institute für unsolide Konkurrenten haften, die mit ihren Zinsangeboten den Wettbewerb verzerrten. Auch dass diese oft aus dem Ausland stammten, wird in der Branche gern betont. Vor Greensill, die Tochtergesellschaft eines britisch-australischen Finanzinstituts, hatte die US-Investmentbank Lehman Brothers ein großes Loch in die Einlagensicherung gerissen.

Geplante Bankenunion soll Finanzstabilität verbessern

Die Risiken im europäischen Bankensystem beschäftigen auch die Politik. Erst am Freitag hatten die Finanzminister der Euro-Staaten darüber gesprochen. Die geplante Bankenunion soll die Finanzstabilität verbessern. 

Fehlender Baustein ist und bleibt eine gemeinsame Einlagensicherung, im EU-Jargon „European Deposit Insurance Scheme“ (Edis) genannt. Diese würde eine zusätzliche Absicherung schaffen, wenn eine nationale Einlagengarantie durch die Insolvenz einer Großbank oder einer ganzen Pleitewelle überwältigt werden würde. 

Das dient dazu, allen Sparern in der EU ein „hohes und gleichmäßiges“ Schutzniveau zu bieten, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat eine Bank beheimatet ist, wie in den internen Diskussionspapieren der Finanzminister erläutert wird. Diese liegen dem Handelsblatt in Teilen vor.

Die in Deutschland verbreitete Furcht, dass sorgsame Sparer aus dem Norden für marode Finanzinstitute im Süden haften müssten, hat die Verhandlungen lange gelähmt. Zuletzt ist zwar etwas Bewegung in die Gespräche gekommen. Mit einem Durchbruch ist allerdings nicht vor der Bundestagswahl zu rechnen. 

Mehr: Kompromissvorschlag zur Bankenunion rüttelt an deutschen Tabus

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