Fintech 780 Millionen Euro frisches Kapital – Berliner Neobank N26 nun wertvoller als Commerzbank

Die Berliner Smartphone-Bank hat im Oktober noch 780 Millionen Euro eingesammelt.
Frankfurt Die Berliner Smartphonebank N26 erhält in einer neuen Finanzierungsrunde von Investoren rund 780 Millionen Euro. Die Bewertung steigt damit auf rund 7,8 Milliarden Euro (neun Milliarden Dollar), wie N26 am Montagnachmittag mitteilte. Laut N26 handelt es sich um die größte Finanzierungsrunde einer digitalen Bank in Europa.
Die Firma wird damit zum wertvollsten Finanz-Start-up (Fintech) Deutschlands und zum zweitwertvollsten Start-up. An erster Stelle der teuersten Start-ups hierzulande steht das Münchener Tech-Unternehmen Celonis, das derzeit mit 9,1 Milliarden Euro bewertet wird.
Mit Blick auf die Bankenwelt überholt N26 knapp die Commerzbank, die drittgrößte deutsche Geschäftsbank. Deren Marktkapitalisierung liegt laut dem Datendienstleister Bloomberg bei gut 7,7 Milliarden Euro.
Co-Chef Valentin Stalf schwebt vor, den Marktanteil erheblich auszubauen: Die Finanzierungsrunde bringe das Unternehmen „in eine ausgezeichnete Position, in den nächsten Jahren eine der größten Retailbanken Europas zu werden“. N26 hatte Anfang 2021 die Zahl von sieben Millionen Kundinnen und Kunden veröffentlicht.
Stalf kündigte an, dass N26 auch in osteuropäischen Ländern starten werde. Zudem will die Bank ein eigenes Tranding-Produkt anbieten – allerdings erst im kommenden Jahr – und Neobrokern Konkurrenz machen.
N26, 2013 gegründet, gehört zu den sogenannten Smartphonebanken, deren Kernangebot eine Banking-App ist. Gegen traditionelle Banken will sich N26 als digitales Unternehmen vor allem mit einer niedrigeren Kostenbasis – und IT aus der Cloud – durchsetzen, das so seine Dienstleistungen auch günstiger vertreiben kann.
Die Marke N26 hat zuletzt gelitten
Über eine anstehende Finanzierungsrunde bei N26 gab es schon länger Spekulationen. Es stand sogar eine Bewertung von mehr als neun Milliarden Euro im Raum. Angeführt wird die Kapitalrunde nun von den US-Investoren Third Point Ventures, Coatue und Dragoneer. Auch bestehende Investoren haben erneut Mittel bereitgestellt.
Die erfolgreiche Finanzierungsrunde und die Bewertung als zweitwertvollstes Start-up in Deutschland können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Marke in der Szene zuletzt gelitten hat. Die Bewertung von N26 ist niedriger ausgefallen als zunächst angestrebt.
Zudem hat von den bestehenden Investoren laut N26 keiner Anteile an andere Anleger verkauft (im Fachjargon „Secondaries“). Das deutet man in Expertenkreisen eher so, dass das Interesse an N26-Beteiligungen bei dieser Kapitalrunde nicht sehr hoch war.
Bafin bremst das Wachstum
Die etwas geringere Bewertung dürfte vor allem daran liegen, dass N26 erneut Ärger mit der deutschen Finanzaufsicht hat. Wie die Neobank mitteilte, hat die Bafin ihr Wachstumsbeschränkungen auferlegt: Sie darf über die nächsten Monate in Europa um maximal 50.000 bis 70.000 Kunden je Monat wachsen – was deutlich unter dem bisherigen Niveau liegt. Co-Gründer Stalf erwartet, dass diese Beschränkung für etwa ein halbes Jahr gelten werde.
Bei dem Konflikt mit der Aufsicht geht es in erster Linie um Mängel bei der Geldwäscheprävention. Die Bafin erließ wegen Versäumnissen bei der Abgabe von Geldwäscheverdachtsmeldungen bereits einen Bußgeldbescheid in Höhe von 4,25 Millionen Euro. Das Handelsblatt hatte unter Berufung auf mit dem Thema vertraute Personen kürzlich berichtet, dass die Aufsicht Wachstumsbeschränkungen gegen N26 erlassen hat. Sie sieht demnach weitere Mängel unter anderem bei der Compliance, der IT und beim Kampf gegen Geldwäsche.
2020 hat N26 noch rote Zahlen geschrieben. Vor wenigen Wochen sagte Stalf, Ziel sei es, 2021 und 2022 „weiter deutlich in Richtung Gesamtprofitabilität des Unternehmens zu gehen“. Bis Ende dieses Jahres könnte ein Gewinn in Griffweite sein. Angesichts der großen Kapitalrunde hat N26 Stalf zufolge keinen Zeitdruck für einen Börsengang . Er rechnet damit, dass das Fintech in anderthalb bis zwei Jahren bereit dafür sei.
Mehr: Mängel bei Geldwäscheprävention – Bafin-Strafen treffen Smartphonebank N26 vor Finanzierungsrunde.
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