Fintech Solarisbank steigt zum Einhorn auf und kauft britischen Wettbewerber Contis

Der CEO der Solarisbank sieht im Zukauf in England die ideale Ergänzung.
Berlin Die Solarisbank hat in einer neuen Finanzierungsrunde 190 Millionen Euro eingesammelt. Das Berliner Fintech mit Vollbanklizenz wird dabei mit 1,4 Milliarden Euro bewertet, wie das Unternehmen am Montagabend bekanntgab. Zudem übernimmt die Solarisbank den britischen Wettbewerber Contis.
Durch die neue Finanzierungsrunde ist die Solarisbank in den Kreis der Einhörner aufgestiegen. So werden Unternehmen genannt, die mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet werden. Damit spielt die Solarisbank jetzt in einer Liga mit deutschen Fintech-Einhörnern wie beispielsweise Mambu, Scalable, der Smartphonebank N26 oder Raisin DS.
Seit der Gründung im Jahr 2016 hat die Solarisbank bislang 350 Millionen Euro von Investoren erhalten. Als größter Anteilseigner gilt weiterhin Finleap. Die aktuelle Kapitalrunde wird von dem Schweizer Vermögensverwalter Decisive Capital Management angeführt, gefolgt von Pathway Capital Management, CNP (Groupe Frère) und Ilavska Vuillermoz Capital. Bestehende Investoren wie beispielsweise Yabeo Capital, BBVA, Vulcan Capital, HV Capital beteiligen sich ebenfalls.
Dass die Kapitalrunde mit einer Übernahme einhergeht, ist eine spezielle Konstellation, die Solarisbank-Aufsichtsratschef Ramin Niroumand als „besondere Leistung“ bezeichnet. Schließlich sei Contis – von der Fintech-Koryphäe Peter Cox gegründet – kein Nischenplayer.
Solarisbank-CEO Roland Folz freut sich angesichts der Übernahme: „Wir sind nach der Übernahme jetzt Platzhirsch im Bereich Banking-as-a-Service in Europa.“ Sowohl die Solarisbank als auch Contis sind ausschließlich im B2B-Bereich tätig, haben also nur Geschäftskunden.
Solarisbank ist jetzt auch in Großbritannien präsent
Contis ist kleiner als die Solarisbank und verfügt über eine Lizenz als E-Geld-Institut in England und Litauen, darf also elektronisches Geld ausgeben und Zahlungsdienste erbringen. Niederlassungen hat das Unternehmen in Großbritannien, Litauen und Indien. Für die Solarisbank galt Contis dadurch als ideale Ergänzung. Seit Februar befanden sich beide Unternehmen in Gesprächen.
Durch den Zukauf ist die Solarisbank jetzt auch in Großbritannien präsent – ein wichtiger Schritt für Solarisbank-CEO Folz: „Natürlich müssen wir in Großbritannien präsent sein, wenn wir unseren Kunden ein gesamteuropäisches Angebot machen wollen.“
Ursprünglich hatte die Solarisbank mit dem Gedanken gespielt, eine britische Banklizenz zu beantragen und organisch zu wachsen. Angesichts des Brexits wurden diese Überlegungen aber verworfen, erklärt Folz: „Das hätte zu lange gedauert. Mit dem Kauf können wir unsere Ziele deutlich schneller erreichen.“
In Kontinentaleuropa ist die Solarisbank strategisch einen anderen Weg gegangen als in Großbritannien. Vor wenigen Tagen verkündete Solarisbank seinen Markteintritt in Frankreich, Italien und Spanien, wo das Unternehmen mit lokalen IBANs, also internationalen Bankkontonummern und eigenen Niederlassungen gestartet ist.
Börsengang der Solarisbank ist weiterhin möglich
Zur Höhe des Kaufpreises für Contis schweigt die Solarisbank. Laut Folz wird aber „ein guter Teil der jüngsten Finanzierungsrunde übrig bleiben, um unser Kapital zu stärken und das weitere Wachstum abzusichern“. Zuletzt lag die Kernkapitalquote bei 30 Prozent. „Sie wird weiter steigen“, versicherte Folz.
Mögliche Börsenpläne sind damit noch nicht vom Tisch, sagt Folz: „Auf jeden Fall werde ich als CEO die Solarisbank in die Lage versetzen, bei Bedarf einen IPO anzustreben. Wann dann der richtige Zeitpunkt ist, entscheiden die Aktionäre.“
Aber die haben es offensichtlich nicht eilig. Finleap-CEO Nirouman sagt: „Die jüngste Kapitalrunde hat ja die Attraktivität der Solarisbank bestätigt. Wenn wir Geld brauchen, können wir es jederzeit bekommen.“ Mit anderen Worten: Weitere Finanzierungsrunden vor einem Börsengang sind nicht ausgeschlossen.
Die Solarisbank ist das erste Beteiligungsunternehmen der Finleap-Gruppe, das in den Kreis der Einhörner aufsteigt. Für Nirouman ist das ein Meilenstein, mehr aber auch nicht. „Natürlich hoffen wir, dass weitere Unternehmen diesen Schritt schaffen.“ Neben der Solarisbank zählen beispielsweise Finanzfirmen wie Clark, Element, Elinvar, Pair Finance oder Penta zum Portfolio von Finleap.
Corona hat viele Geschäftsmodelle beschleunigt
Im vergangenen Jahr ist die Solarisbank kräftig gewachsen. Die Gesamterträge stiegen um 84 Prozent auf 35 Millionen Euro. Auch die Erträge von Contis liegen bereits im zweistelligen Millionenbereich. „Im laufenden Jahr sind wir weiter gut unterwegs und streben auch mittelfristig ein Wachstum der Erträge von 40 bis 60 Prozent an“, sagt Folz.
Die Pandemie hat nach seiner Einschätzung zu einer Beschleunigung vieler Geschäftsmodelle geführt, die auf digitaler Basis arbeiten. Auch Thomas Schlytter-Henrichsen, Partner bei Decisive Capital Management, beobachtet einen Paradigmenwechsel im Banking: „Die Kunden erwarten, dass sich Finanzdienstleistungen an ihre spezifischen Bedürfnisse anpassen.“ Durch die Dienstleistungen von Fintechs werden Kunden in die Lage versetzt, Finanzdienstleistungen anzubieten, die unter der Regie der Fintechs abgewickelt werden. Das betrifft Konten, Kreditkarten und Transaktionen.
Ein Partner der Solarisbank ist Samsung, für dessen Zahlungsdienst Samsung Pay die Berliner die Infrastruktur stellen. Weitere Partner sind unter anderem der Smartphone Broker Trade Republic, Neobanken wir Bitwala und Vivid Money oder Online-Geschäftsbanken wie Penta und Kontist. Das Kundenportfolio hält Folz für ausbalanciert: 30 Partner stehen für 70 Prozent der Umsätze.
Mehr: Hunderte Millionen Dollar frisches Kapital: N26 steht vor neuer Finanzierungsrunde.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.