Fintechs Solarisbank betreut nun eine Million Kundenkonten – und will neue Märkte in Europa erobern

Haupttreiber des Geschäfts sind nach wie vor Konten und Debitkarten.
Berlin Die Solarisbank schlägt ein neues Kapitel in ihrer Unternehmensgeschichte auf. Noch in diesem Jahr startet das Berliner Fintech mit der Auslandsexpansion. „Wir werden im Sommer mit lokalen IBANs, also internationalen Bankkontonummern, in Frankreich, Spanien und Italien starten und dazu Niederlassungen gründen“, sagte der für Finanzen zuständige Geschäftsführer, Thom Rasser, in einem Gespräch mit dem Handelsblatt. „Unsere Partner legen Wert darauf, und Anfragen von neuen Partnern liegen auch bereits vor“, so Rasser.
Das Fintech mit der Banklizenz verhilft seinen Kunden dazu, Bankdienstleistungen wie Payments, Kredite und Ratenzahlungen anzubieten, die die Solarisbank für sie im Hintergrund abwickelt. Mit diesem Geschäftsmodell konnte die Firma schon im vergangenen Jahr kräftig wachsen. „Wir haben unsere Gesamterträge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 84 Prozent von gut 19 Millionen Euro auf 35 Millionen Euro gesteigert“, so Rasser. Und auch für das laufende Jahr ist die Solarisbank optimistisch – die Gesamterträge sollen um mehr als 50 Prozent steigen.
Die Gesamterträge aus dem Jahr 2019 lagen mit 15,5 Millionen Euro erst niedriger und wurden schließlich auf 19,1 Millionen Euro nach oben korrigiert. Grund dafür war eine neue Berechnungsmethode für die Ermittlung der Gesamterträge, die das Unternehmen im vergangenen Jahr einführte – auch auf Anregung der Investoren und nach Beratung mit Finanzexperten.
Die Differenz von 3,6 Millionen Euro ergibt sich aus den Provisionsaufwendungen, die von den Erträgen nicht mehr abgezogen werden. „Nach dieser Methodologie sind wir besser mit anderen Technologieunternehmen vergleichbar“, so Rasser. Der gebürtige Niederländer war vor seinem Engagement bei der Solarisbank Chef des deutschen Ablegers der niederländischen NIBC Bank.
Rasser rechnet mit Verlust auf Vorjahresniveau
Die neue Berechnungsmethode ändert allerdings nichts daran, dass die Solarisbank weiterhin Verluste schreibt. Auch durch die Vorsorge für Kreditausfälle lag der Verlust im vergangenen Jahr bei rund 27 Millionen Euro, nach 23 Millionen Euro im Jahr 2019. Im laufenden Jahr rechnet Rasser mit einem Verlust auf Vorjahresniveau. „Wachstum hat bei uns Vorrang. Erst mittelfristig streben wir die Gewinnschwelle an“, gibt Rasser das Ziel vor.
Die Solarisbank profitiert vor allem vom Erfolg der Partnerunternehmen. Das Fintech kooperiert mit Neobanken wie Bitwala, Tomorrow, Vivid Money, mit Online-Geschäftsbanken wie Penta und Kontist sowie mit Smartphone-Brokern wie Trade Republic.
All diese Firmen konnten ihre Kundenzahlen kräftig steigern und bescherten der Solarisbank eine Vielzahl neuer Endkundenkonten: Innerhalb eines halben Jahres stieg die Zahl der von der Bank betreuten Konten von 400.000 auf eine Million. Zudem gewann die Solarisbank im vergangenen Jahr mit Samsung Pay einen weiteren Großkunden dazu.
„Die heutigen Banking-as-a-service-Anbieter, also im wesentlichen Neobanken und wenige etablierte Banken, bieten heute schon auf Basis ihrer Banklizenz typische Bankprodukte und -services für Nichtbanken an“, beobachtet Sven Korschinowski, Partner Digital Payments bei der Wirtschaftsberatungsgesellschaft KPMG die Entwicklung der Branche. Die Geschwindigkeit des Wandels im Finanzbereich habe mit Covid-19 noch einmal richtig an Fahrt gewonnen. „Ich erwarte, dass die Banking-as-a-service-Modelle in den nächsten Jahren mit entsprechendem Ertragspotenzial weiter an Fahrt gewinnen werden“, so der Digitalexperte.
Keine Garantie für Bestand der Kunden
Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass die stark wachsenden Kunden weiter auf die Solarisbank setzen. Die Smartphonebank N26 setzte beispielsweise zunächst auf die Dienste von Wirecard, kümmerte sich dann allerdings um eine eigene Banklizenz.
Haupttreiber des Geschäfts bei der Solarisbank sind nach wie vor Konten und Debitkarten. Sowohl für die Konten als auch den Karteneinsatz erhält die Solarisbank Provisionen. Diese Gesamtprovisionserträge sind im vergangenen Jahr überdurchschnittlich stark gewachsen. Sie verdreifachten sich auf mehr als 25 Millionen Euro.
Diese rasante Entwicklung führt die Solarisbank auch auf die Corona-Pandemie zurück. „Die Pandemie hat die digitale Abwicklung von Geschäften beschleunigt – davon profitieren wir“, so Rasser. Keiner der Beschäftigten musste in Kurzarbeit. Im Gegenteil, durch die geplante Auslandsexpansion sucht das Fintech weiterhin Experten. „Die Zahl der Mitarbeiter wird im laufenden Jahr wohl um 25 Prozent auf rund 500 zulegen“, glaubt Rasser.
Angesichts des angespannten Arbeitsmarktes in Berlin für Fintech-Experten ist es dem Manager wichtig, dass die Solarisbank als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. Transparenz sei dabei wichtig. „Alle sollen wissen, wohin die Reise geht und wie jeder dazu beitragen kann“, so Rasser. „Aber wir halten uns natürlich alles offen. Wenn es am Markt Interesse gibt für unsere Aktien, werden wir zuhören.“
Seit der Gründung im Jahr 2016 hat die Solarisbank 160 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt und kam nach der letzten Kapitalrunde im Juni 2020 auf eine Bewertung von 320 Millionen Euro. Im Vergleich zu Mambu, einem Fintech, das auch auf das Geschäftsmodell Banking-as-a-service setzt, ist da allerdings noch Luft nach oben: Investoren bewerten den Banksoftware-Anbieter mit seinen 20 Millionen Endkunden mit 1,7 Milliarden Euro. Rasser sieht die Solarisbank mit einer Kernkapitalquote von mehr als 30 Prozent vorerst allerdings gut gerüstet.
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