Fragwürdige Geschäftspraktiken China-Praktiken belasten hochrangigen Compliance-Manager der Deutschen Bank

Die Vorgänge in China werfen ein schlechtes Licht auf den damaligen Vorstandschef Josef Ackermann.
Frankfurt Die Deutsche Bank hat in China mit fragwürdigen Geschäftspraktiken gearbeitet. Das Institut hat in den Jahren nach 2002 nicht nur die Kinder einflussreicher Politiker eingestellt, sondern den Mächtigen des Landes auch teure Geschenke gemacht. Die „Süddeutsche Zeitung“, der WDR und die „New York Times“ haben dazu interne Unterlagen der Bank auswerten können.
Danach erhielt der damalige Präsident Jiang Zemin etwa einen Kristalltiger im Wert von gut 15.000 Dollar als Gastgeschenk, wie aus einem gemeinsamen Bericht von „Süddeutscher Zeitung“, WDR und „New York Times“ hervorgeht. Auch der damalige Ministerpräsident Wen Jiabao und Ex-Vizepremier Zeng Peiyan erhielten teure Präsente.
Noch pikanter als die teuren Gastgeschenke ist die damalige Einstellungspraxis der Bank. Denn zumindest in einem Fall ist darin auch ein Manager der Deutschen Bank involviert, der noch heute einen hohen Posten im Geldhaus bekleidet, und zwar ausgerechnet in der Abteilung für Regulierung, Compliance und Anti-Finanzkriminalität.
Der Manager Till S. war von Februar 2016 bis Juli 2019 der globale Verwaltungschef des Bereichs, der für sauberes Geschäftsgebaren zuständig ist. Seit August sei er nach einer Umstrukturierung allerdings nur noch ein leitender Mitarbeiter, der mit Risikoaufgaben betraut sei, wie zu hören ist. Mit den Vorgängen in China hatte das dem Vernehmen nach aber nichts zu tun.
Noch in seiner Zeit in Singapur, als er zwischen 2004 und 2006 eine regionale Führungsposition in Asien innehatte, scheint S. Bedenken dieser Abteilung der Bank nicht sonderlich ernst genommen zu haben. Damals ging es um die Beschäftigung eines Mannes namens H. Xuhuai als „politischer“ Berater, der der Bank dabei helfen sollte, sich „in Peking zurechtzufinden“.
Der damalige starke Mann der Bank im China-Geschäft, Lee Zhang, pochte auf das Engagement dieses Mannes, S. musste es genehmigen. Das tat S. auch – obwohl die Compliance-Leiterin der Bank in Hongkong schriftlich Bedenken geäußert hatte. In einer E-Mail soll S. sich sogar über die Compliance-Abteilung lustig gemacht haben.
Der Compliance-Abteilung war aufgefallen, dass H. in der Branche nicht als Bankexperte bekannt war. Sie verdächtigte H., ein Strohmann zu sein. „Warum bezahlen wir für die Dienste, und wofür zahlen wir?“, fragte sie S. der „New York Times“ zufolge. Kurze Zeit später fand eine von der Compliance-Abteilung beauftragte Wirtschaftsdetektei heraus, dass H. mit dem Sohn des Ex-Premiers Wen befreundet war und außerdem Manager einer Diamantenfirma, die der Ehefrau von Premier Wen gehört.
Weil H. persönliche Verbindungen zur Ehefrau des damaligen Ministerpräsidenten Wen Jiabao pflegte, kam die von der Bank beauftragte Anwaltskanzlei Gibson Dunn später zu dem Schluss, dass die Umstände dieser Beschäftigung womöglich gegen Korruptionsgesetze verstoßen haben. H. wird nachgesagt, er habe der Bank womöglich geholfen, die chinesische Bank Huaxia zu übernehmen, ein wichtiges Projekt für den damaligen Privatkundenchef der Deutschen Bank, Rainer Neske.
Interne Untersuchung
Der Karriere von S. hat seine Zeit in Singapur nicht geschadet. Nach knapp drei Jahren in Asien machte er im Inland weiter Karriere im Privatkundengeschäft, bis er von der früheren Regulierungs-Chefin Sylvie Matherat in die Compliance-Abteilung geholt wurde. Damals hatte er Insidern zufolge eine interne Untersuchung durch die Bank bezüglich seiner Rolle in China allerdings hinter sich. Angeblich hatte sich S. arbeits- und strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen.
Die Bank äußerte sich nicht dazu, warum S. nach diesen Vorfällen im Konzern eine Karriere in der Compliance-Abteilung machte und wie die Bank zu seinen E-Mail-Äußerungen über die Compliance-Abteilung damals stand. Die Bank äußerte sich zum China-Komplex nur allgemein.
„Diese Vorfälle reichen bis ins Jahr 2002 zurück und wurden angemessen behandelt“, sagte ein Sprecher des Instituts. Die Deutsche Bank führe „aus eigenem Antrieb interne Untersuchungen durch, um Fehler und Mängel der Vergangenheit zu identifizieren und zu beheben“.
Die Bank verwies auf ihre Vereinbarung mit der US-Börsenaufsicht SEC, aus der hervorgeht, dass das Institut seine Richtlinien und Kontrollen verbessert habe. Die Deutsche Bank hat im August 2019 einem Vergleich mit der SEC zugestimmt und 16 Millionen Dollar gezahlt. Sanktioniert wurden damit politisch motivierte Einstellungspraktiken in China und Russland. Die Bank verpflichtete sich damals auch dazu, ihre Kontrollen zu verbessern.
Ein schlechtes Licht werfen die Vorgänge in China auf den damaligen Vorstandschef Josef Ackermann, in dessen Ära – von 2002 bis 2012 – diese Praktiken fielen. Ackermann betonte über einen Sprecher, dass Geschenke von den regionalen Chefs der Bank ausgesucht worden seien. Er habe deren Wert nicht gekannt und darauf vertraut, dass bei Geschenken und Einstellungen alle Regeln und Gesetze eingehalten worden seien.
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