Früherer DZ-Bank-Kontrolleur Helmut Gottschalk soll neuer Aufsichtsratschef der Commerzbank werden

Die Bank bestellt einen neuen Aufsichtsratschef.
Frankfurt Der ehemalige Aufsichtsratschef der DZ Bank, Helmut Gottschalk, soll neuer Chefkontrolleur der Commerzbank werden. Er soll den Posten von Hans-Jörg Vetter übernehmen, der krankheitsbedingt zurückgetreten war. Der Aufsichtsrat habe beschlossen, der Hauptversammlung Gottschalk als neues Mitglied vorzuschlagen und ihn unmittelbar nach der Wahl zum Vorsitzenden zu ernennen, wie die Commerzbank am Sonntagabend mitteilte.
Für die Commerzbank ist die Berufung des 69-Jährigen ein wichtiger Schritt zur Beendigung ihrer Führungskrise. Anfang des Monats hatte der bisherige Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter sein Amt niedergelegt.
Am vergangenen Mittwoch gab dann auch der frühere Chef von HSBC Trinkaus & Burkhardt, Andreas Schmitz, sein Aufsichtsratsmandat überraschend auf. Schmitz galt als potenzieller Nachfolger für Vetter. Er verließ das Gremium Insidern zufolge aber, weil er seit Jahren als Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren wegen möglicher Cum-Ex-Geschäfte bei HSBC Deutschland geführt wird.
Mit Gottschalk tritt ein Banker mit großer Erfahrung die Nachfolge Vetters an, der schon einmal die Sanierung eines großen Kreditinstituts als Aufsichtsratschef begleitet hat. Der frühere Chef der Volksbank Herrenberg-Nagold-Rottenburg war 15 Jahre lang Aufsichtsrat der DZ Bank und hatte deren Kontrollgremium von 2010 bis 2018 geleitet. Das Spitzeninstitut der deutschen Volks- und Raiffeisenbanken war in der Finanzkrise selbst in Schwierigkeiten geraten, konnte aber ohne Staatshilfen saniert werden.
Gottschalk hat damit zwar noch nie eine börsennotierte Bank beaufsichtigt. Doch als nach Bilanzsumme zweitgrößtes deutsches Kreditinstitut ist auch die DZ Bank, zu der etwa die Fondsgesellschaft Union Investment oder die R+V Versicherung gehören, ein relativ komplexes Finanzinstitut.
Gottschalk gilt als akribisch und kritisch
In seiner Zeit im Aufsichtsrat der DZ Bank hatte sich Gottschalk den Ruf eines akribischen und kritischen Aufsichtsrats erworben, schon bevor er den Vorsitz des Kontrollgremiums dort übernahm. Nach der Finanzkrise brachte er die DZ Bank zusammen mit dem damaligen Vorstandschef Wolfgang Kirsch auf einen bodenständigeren Kurs und sorgte dafür, dass sie sich vor allem auf die Aufgaben beschränkt, die für ihre Eigentümer, die deutschen Genossenschaftsbanken, wichtig sind.
Er gilt außerdem als einer der wesentlichen Architekten der Fusion der DZ Bank mit ihrem Schwesterinstitut WGZ Bank – nach unzähligen gescheiterten Versuchen.
Gottschalk ist ein zierlicher Mensch, keiner der auftrumpft. Durchgesetzt hat er seinen Kurs meist dennoch, wenn auch auf die eher leise Art. Als die DZ Bank in seiner Amtszeit den Vertrag eines Vorstands nicht verlängerte, weil damals dessen Rolle im Cum-Ex-Skandal überprüft wurde, schlug das nach außen kaum Wellen.
Seine Aufgaben bei der Commerzbank sind ähnlich gelagert: auch das im MDAX notierte Geldhaus soll seine Ambitionen stutzen, sich aus Teilen seines Auslandsgeschäfts zurückziehen und Stellen abbauen. Nicht wenige Beobachter gehen außerdem davon aus, dass die Commerzbank nach erfolgter Sanierung zu einem Übernahmeziel werden könnte.
Die Dimensionen bei der Commerzbank sind jedoch ungleich größer, allein schon, weil das Institut den Abbau von voraussichtlich 10.000 Stellen plant. Bei der DZ Bank half es Gottschalk, dass er in der Szene der Genossenschaftsbanken – also bei den Eigentümern der DZ Bank – hervorragend vernetzt ist. Die Interessen der unterschiedlichen Eigentümer der Commerzbank, zu denen der Bund, der Finanzinvestor Cerberus, institutionelle Investoren wie Kleinanleger zählen, dürften weiter auseinander liegen.
Bevor die Commerzbank mit Gottschalk einen neuen Aufsichtsratschef fand, handelte sie sich zunächst einige Absagen ein. So sagte etwa der scheidende KfW-Chef Günther Bräunig ab. Auch die KfW-Vorständin Ingrid Hengster lehnte Insidern zufolge eine entsprechende Anfrage ab. Hengster gilt als Kandidatin für den Vorstandsvorsitz der staatlichen Förderbank KfW. Als Commerzbank-Aufsichtsratschefin hätte sie ihren Posten bei der KfW aufgeben müssen. Die KfW kommentierte die Information auf Anfrage nicht.
Nun muss das Institut noch Ersatz für Ex-Aufsichtsrat Schmitz finden. Doch das Institut ist zuversichtlich. „Auch für die weitere Vakanz rechnet das Unternehmen mit einem zeitnahen Vorschlag durch den Aufsichtsrat, so dass kurzfristig die Hauptversammlung terminiert und die Aktionäre entsprechend eingeladen werden können“, teilte das Institut mit.
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