Fusionen, Anleiheemissionen und IPOs Investmentbanken verdienen wieder prächtig

Im Februar brachte der Onlinegebrauchtwagenhändler Aktien im Wert von 1,8 Milliarden Euro an den Markt. Von diesem Deal profitierten auch die begleitenden Investmentbanken.
Frankfurt Mitten in der Coronakrise erleben die Investmentbanker goldene Zeiten. Vor allem das Geschäft mit Börsengängen, Kapitalerhöhungen und der Handel von größeren Aktienpaketen ließ die Erlöse auf einen Rekordwert steigen. Die Gebühreneinnahmen aus Transaktionen im Investmentbanking in Deutschland summierten sich laut dem Analysehaus Refinitiv im ersten Quartal auf 841 Millionen Dollar und liegen damit um 43 Prozent über dem Vorjahreswert und auf dem höchsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2000.
Lediglich die Gebühren aus dem Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (M&A) gingen gegenüber dem ersten Quartal 2020 um 20 Prozent zurück. Dafür boomten die anderen Bereich des Investmentbankings. Die Gebühren aus Aktiendeals explodierten um 358 Prozent, und die aus Transaktionen mit Zinsprodukten wie Anleihen stiegen um 58 Prozent.
Die US-Investmentbank JP Morgan belegt den ersten Platz in der deutschen Rangliste für das Investmentbanking mit 90,4 Millionen Dollar oder einem Anteil von 10,7 Prozent an den Gebühren. Morgan Stanley verbessert sich auf den zweiten Platz mit einem Marktanteil von 8,4 Prozent, während die Deutsche Bank mit 8,1 Prozent auf den dritten Rang kommt.
Nach dem guten Start im ersten Quartal rechnen die meisten Investmentbanker und Berater mit weiteren Zuwächsen im restlichen Jahresverlauf. Nach Ostern wird eine Welle neuer Börsengänge (Initial Public Offerings, IPOs) erwartet, außerdem zeichnet sich eine große Zahl von Unternehmenskäufen und -verkäufen ab.
„Das nächste große IPO-Fenster öffnet sich nach Ostern bis Mitte Mai. Die Rahmenbedingungen sind gut, dazu gehört auch eine wieder normale Volatilität der Aktienkurse. Der Anstieg der Renditen am US-Anleihemarkt hat bisher nur kurzzeitig verunsichert“, meint Thorsten Pauli, Leiter Equity Capital Markets für den deutschsprachigen Raum bei der Bank of America (BofA).
Im ersten Quartal verdienten die Banken schon sehr gut an Börsengängen, mit dem Onlineportal Auto1 und der Vodafone-Funkmastentochter Vantage Towers kam es zu zwei milliardenschweren Emissionen in Frankfurt. „Der Markt muss sehr viele Transaktionen verdauen, allein in Europa erwarten wir rund 60 IPOs bis Anfang Sommer“, sagt Pauli.
Auch in der „Königsdisziplin“ – den Transaktionen mit Firmen und Konzernteilen – wird eine Reihe neuer Aktivitäten erwartet. „Die Pipeline für Deals sieht sehr gut aus, vor allem in der zweiten Jahreshälfte wird das Geschäft auch in Deutschland merklich anziehen“, prognostiziert Tibor Kossa, Co-Chef für das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen in Deutschland und Österreich bei der Investmentbank Goldman Sachs.
Die Gründe für das positive Umfeld seien die starken Aktienmärkte, die robusten Fremdfinanzierungsmärkte sowie der Drang oder auch Druck, strategische Überlegungen für die Zeit nach der Coronakrise umzusetzen. Auch private Unternehmen hätten das Thema zunehmend auf ihrer Agenda und prüften ihre strategischen Optionen. „Hier wird man in den kommenden Monaten vermehrt Transaktionen sehen“, sagt Kossa. Zuletzt hatte beispielsweise der Schuhhersteller Birkenstock einen neuen Mehrheitseigentümer gefunden.
Ein weiterer Treiber für das Investmentbanking könnte das Geschäft mit Börsenmänteln werden, das schon in den USA einen regelrechten Goldrausch ausgelöst hat. Die Special Purpose Acquisition Companies (Spacs) werden oftmals von früheren Topmanagern initiiert und als zunächst leere Hülle an die Börse gebracht. Dann müssen die Spacs innerhalb von zwei Jahren ein Übernahmeziel finden, sonst bekommen die Aktionäre das Geld mit einer Mindestverzinsung zurück.
Ende vergangener Woche wurde beispielsweise ein Spac platziert, bei dem der frühere Deutsche-Bank-Finanzvorstand Stefan Krause mitmischt. Als Übernahmeziel hat Krause ein Unternehmen aus der Mobilitätsbranche im Visier.
Technologiewerte und Firmen aus dem Healthcare-Sektor spielen wichtige Rolle
BofA-Manager Pauli erwartet in den kommenden Monaten bis zu 15 Spacs an den Börsen in Amsterdam, Zürich und Frankfurt. „In diesem Jahr werden wir eine Welle in Europa sehen. Das bedeutet mehr Börsenmäntel und später auch mehr Übernahmen“, sagt Patrick Frowein, Co-Chef für das Investmentbanking der Deutschen Bank in Europa. „Wir sind sehr zuversichtlich, dass es in diesem Jahr mehrere Sponsoren geben wird, die aus Deutschland heraus operieren“, so Frowein.
Wichtig sei, dass die Qualität der Spacs bei der jüngsten Welle an Neuemissionen nicht leidet. Deshalb sei man wählerisch und stelle sich immer die Frage nach der Kompetenz des Sponsors. „Wir haben bereits im vierten Quartal letzten Jahres ein eigenes größeres Spacs-Team für Europa geschaffen“, ergänzt der Deutschbanker.
Neben den Spacs werden auch die klassischen Börsengänge die Kassen der Investmentbanken füllen. „Wir rechnen mit einem sehr aktiven IPO-Jahr. Die addierten Emissionen werden sicher über dem Volumen aus dem Jahr 2020 liegen“, sagt Frowein voraus. Technologiewerte und Firmen aus dem Healthcare-Sektor würden dabei eine wichtige Rolle spielen.
Das Thema der beschleunigten Digitalisierung bleibe auch nach der Coronakrise bestimmend. Für die kommenden Monate rechnen Beobachter beispielsweise mit IPOs der Internethändler Mister Spex (Brillen) und Aboutyou (Mode) sowie des Softwareunternehmens Suse und des Labordienstleisters Synlab.
Verkäufer evaluieren dreigleisig
Nicht zuletzt durch die Spacs haben sich die Möglichkeiten für die Firmenlenker erhöht. „Viele Verkäufer evaluieren dreigleisig: Ist ein Börsengang, ein Verkauf oder die Übernahme durch einen leeren Börsenmantel die beste Lösung?“, erläutert Tobias Heilmaier, Co-Chef Investmentbanking in Deutschland bei JP Morgan.
Im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen rechnen die Investmentbanker auch wegen der zu erwartenden Unternehmenskäufe durch Spacs mit einer neuen Dynamik in den Monaten nach Ostern. Die Aussicht auf eine konjunkturelle Erholung, die fast unbegrenzte Verfügbarkeit von Kreditfinanzierungen sowie die liquiden Mittel der Finanzinvestoren wirken dabei als Katalysatoren. „Das Krisenmanagement in den meisten Unternehmen ist weitgehend abgeschlossen. Jetzt blicken sie nach vorn, und da rücken strategische Themen, die zu Übernahmen führen können, in den Vordergrund“, sagt Heilmaier.
Bei der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) geht man davon aus, dass die Straffung der Konzernstrukturen zu weiteren Deals führt. „Im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen erwarten wir weiterhin vermehrt Abspaltungen von Konzernteilen“, sagt Senior Partner Jens Kengelbach. In diesem Jahr könne es im deutschsprachigen Raum durchaus eine zweistellige Anzahl von Deals mit einem Wert zwischen jeweils fünf und zehn Milliarden Euro geben.
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