Geldhaus Sigmar Gabriel wird Aufsichtsrat der Deutschen Bank
Deutsche Bank holt Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat
Davos Die Deutsche Bank hat nach monatelanger Suche Ersatz für das von der Bankenaufsicht abgelehnte Aufsichtsratsmitglied Jürg Zeltner gefunden. Der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats hat den 60-jährigen Ex-Politiker Sigmar Gabriel aufgestellt.
Der frühere Außenminister soll gerichtlich in den Aufsichtsrat bestellt werden. Einen entsprechenden Antrag bei Gericht reichte die Bank an diesem Freitag ein, wie das Institut mitteilte. Im Mai wird Gabriel sich dann auf der Hauptversammlung zur Wahl durch die Aktionäre stellen.
Vorgänger Zeltner hatte sein Mandat Ende vergangenen Jahres niedergelegt. Damit bestätigte die Bank entsprechende Informationen des Handelsblatts.
Gabriel besitze das Vertrauen der Großaktionäre aus Katar, hieß es in Finanzkreisen. In seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident saß Gabriel auch im Aufsichtsrat von Volkswagen, an dem die katarische Herrscherfamilie ebenfalls Anteile besitzt. Aus dieser Zeit kennen ihn die Großaktionäre vom Golf.
Auch die Bankenaufsicht, die Gabriels Vorgänger Jürg Zeltner abgelehnt hatte, soll informell bereits ihre Zustimmung signalisiert haben. Der formale Zustimmungsprozess beginnt immer erst nach einer gerichtlichen Bestellung.
Die informelle Zustimmung der Bankenaufsicht bezieht sich Finanzkreisen zufolge auf Gabriels Rolle als einfaches Mitglied des Aufsichtsrats. Für herausgehobene Positionen wie etwa eine Aufgabe im Risikoausschuss oder gar als Vorsitzender des Kontrollgremiums lege die Aufsicht strengere Maßstäbe an. Gabriels gute Vernetzung in die Politik dürften die Aufseher positiv sehen. Dass der Ex-Politiker dazu neigt, sich mitunter auch pointiert zu äußern, gilt als möglicher Nachteil.
„Überzeugter Europäer und Transatlantiker“
Mit der Berufung Gabriels endet für die Deutsche Bank fürs Erste eine zermürbende Personalsuche. Die Bank hatte im vergangenen August zunächst den früheren UBS-Vorstand Zeltner in den Aufsichtsrat geholt, der zugleich Chef des von Katar kontrollierten Geldhauses Quintet Private Bank (früher KBL European Private Bankers) ist.
Weil die Deutsche Bank und KBL Wettbewerber um besonders reiche Kunden sind, witterten die Bankenaufseher aber Interessenkonflikte. Die Bank hatte im Falle Zeltners nicht gewartet, bis es informell grünes Licht seitens der Aufsicht gab.
„Wir freuen uns sehr, mit Sigmar Gabriel einen überzeugten Europäer und Transatlantiker für den Aufsichtsrat der Deutschen Bank gewinnen zu können“, sagte Paul Achleitner, der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank. „Wir erleben geopolitisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich herausfordernde Zeiten, in denen sich eine globale Bank ganz neuen Erwartungen und Anforderungen stellen muss. Als ehemaliger Umwelt-, Wirtschafts- und Außenminister wird Sigmar Gabriel mit seinem großen Erfahrungsschatz einen besonderen Beitrag leisten und unsere Kompetenz im Aufsichtsrat ergänzen.“
In der Vergangenheit hatte Gabriel die Deutsche Bank mitunter scharf kritisiert. Im Oktober 2016, als der Aktienkurs der Bank aufgrund einer drohenden Mega-Strafe aus den USA dramatisch unter Druck geriet, sagte er etwa: „Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll, dass die Bank, die das Spekulantentum zum Geschäftsmodell gemacht hat, sich jetzt zum Opfer erklärt.“ Er bezog sich dabei auf Vorwürfe aus der Deutschen Bank in jener Zeit, das Unternehmen sei Opfer von Spekulanten.
Seinen Blick auf die Bank hat der Sozialdemokrat mittlerweile revidiert. „Die Berufung in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank ist für mich eine große Ehre“, sagte er nun. „Mit einer nun klaren Strategie und ihrem starken Führungsteam hat die Deutsche Bank als eine der wichtigsten Finanzinstitutionen in Europa die Chance und die Verantwortung, die Zukunft der deutschen und europäischen Wirtschaft mitzugestalten. Dazu möchte ich einen Beitrag leisten.“
„Eine überraschende, aber sinnvolle Entscheidung“, heißt es bei einem Großinvestor der Deutschen Bank. Gabriel sei eine gute Ergänzung für den Aufsichtsrat des Frankfurter Geldhauses. Als global aufgestelltes Institut könne die Bank von Gabriels außenpolitischer Expertise profitieren. Auch die Erfahrung als Umweltminister werde der Bank zugutekommen. Nachhaltigkeit sei ein Thema, das in den kommenden Jahren auch das Bankgeschäft grundlegend verändern werde.
Auch Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der Deka, reiht sich ein und lobt Gabriel: „Er bringt ein großes Netzwerk mit, das der Bank in der zunehmend auf Deutschland fokussierten Strategie hilft. Andererseits ist er auch kein Bankenexperte und muss für die strengen Vorgaben der Aufsicht noch nachlegen.“
Die schärfste Kritik kommt von Sven Giegold, dem finanzpolitischen Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament: „Der Wechsel von Gabriel zur Deutschen Bank steht weder dem Geldinstitut noch dem Ex-Minister gut an. Zur Bewältigung ihrer Krise setzt die Deutsche Bank offenbar auf politische Kontakte statt Finanzmarktkompetenz. Ein besseres Adressbuch wird die großen Probleme der Bank nicht lösen. Die Stärkung politischer Kontakte wird Fragen nach der Solidität der Deutschen Bank eher verstärken als mildern.“
Er ergänzt: „Gabriels Wechsel zu dem Dax-Konzern hat einen bitteren Beigeschmack für die Demokratie. Auch wenn Gabriel regelkonform handelt, wandern nun Insiderwissen und Kontakte von der Politik in die Wirtschaft. Gabriels Wechsel ist legal, aber für viele Menschen nicht sonderlich legitim. Seiner sozialdemokratischen Partei tut Gabriel mit dem Wechsel in die Finanzbranche sicher keinen Gefallen. Es werden schlechte Erinnerungen an den Wechsel von Schröder in den Lobbyismus wach. Angesichts der Vertrauenskrise unserer demokratischer Parteien sind solche Wechsel nicht hilfreich.“
Vorteil Netzwerk
Mit Gabriel zieht ein Mitglied in den Aufsichtsrat ein, das über ein breites Netzwerk in der Politik und in der Wirtschaft verfügt. Allerdings verfügt er nicht annähernd über die Bankenexpertise wie der durch ihn ersetzte Banker Jürg Zeltner.
Gabriel war zwar als Wirtschaftsminister auch im Wechsel Vorsitzender und Vize-Vorsitzender des Verwaltungsrats der staatlichen Förderbank KfW. Mit der Expertise Zeltners, der als früherer Ex-Vorstand der UBS Führungserfahrung in einer internationalen Großbank besitzt, lässt sich das nicht vergleichen.
Für die Position des Aufsichtsratschefs dürfte Gabriel damit nicht infrage kommen. Gabriel sei weder darum gebeten worden, noch stehe er dafür bereit, hieß es. Aufsichtsratschef Paul Achleitner hat Ende vergangenen Jahres erstmals Kontakt zu Sigmar Gabriel aufgenommen und ihn gefragt, ob er sich eine Tätigkeit im Kontrollgremium der Deutschen Bank vorstellen könne. Gabriel soll nach Informationen des Handelsblatts aus Finanzkreisen nicht der einzige Personalvorschlag gewesen sein.
Die Großaktionäre aus Katar hatten dann letztlich Gabriel ausgewählt. Vor einer guten Woche sollen die Großaktionäre grünes Licht zur Personalie Gabriel gegeben haben. Dadurch, dass Gabriel geschäftlich nicht mit den Großaktionären verbunden ist, gilt er als unabhängiger Aufsichtsrat der Deutschen Bank. Das unterscheidet ihn von Jürg Zeltner, der Chef einer von Katar kontrollierten Privatbank ist, in die er auch eine große Summe selbst investiert hat.
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