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Genossenschaftsbanken unter Druck Immer auf die Kleinen

Niedrige Zinsen und neue Vorgaben belasten gerade kleine Banken. Besonders das ehemals lukrative Kreditgeschäft bricht als Standbein weg. Das sorgt für Frust und zwingt einige Institute zu Fusionen. Ein Ortsbesuch.
05.04.2016 - 11:47 Uhr
Fusionen nehmen deutlich zu. Quelle: Bernd Roselieb für Handelsblatt
Schildertausch bei Raiffeisenbank

Fusionen nehmen deutlich zu.

Quelle: Bernd Roselieb für Handelsblatt

Groß-Rohrheim, Bürstadt Es ist ein kalter Wintermorgen in der 3800-Seelen-Gemeinde Groß-Rohrheim, und hier wird gerade lokale Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Drei Mitarbeiter einer Reklametechnikfirma stehen auf hohen Leitern vor dem Eingang der RBank Raiffeisenbank Groß-Rohrheim und befestigen ein neues Schild: „Raiffeisenbank Ried“ steht dort in großen blauen Lettern.

Was hier von den vorbeieilenden Passanten weitgehend unbeachtet vor sich geht, ist das sichtbare Ende einer eigenständigen Bank: Schon im Herbst ist die RBank Raiffeisenbank aus der nahe Mannheim liegenden Gemeinde Groß-Rohrheim in der benachbarten und größeren Raiffeisenbank Ried aufgegangen. Mit dem neuen Schild ist auch der alte Name weg, die Fusion endgültig besiegelt.

So wie der Raiffeisenbank Groß-Rohrheim ergeht es gerade vielen kleinen Genossenschaftsbanken. Allein kommen viele dieser Zwerginstitute mit der zunehmenden Regulierung und den niedrigen Zinsen nicht zurecht. Es bleibt: Die Flucht in die Fusion mit einem größeren Partner. Und das, obwohl es den Geldhäusern bisher eigentlich gut ging. Sie haben weder riskante Kredite vergeben noch die Kosten nicht im Griff.

Die selben Vorgaben wie für Großbanken

Deshalb fühlen sich viele Volks- und Raiffeisenbanken ungerecht behandelt. Sie sind ohne Staatshilfen durch die Finanzkrise gekommen, müssen jetzt aber vielfach dieselben neuen Vorgaben wie die Großbanken erfüllen, von denen sich viele verzockt hatten. „Ein erfolgreiches Genossenschaftsbankenmodell wird zu Strukturreformen getrieben“, kritisiert Uwe Fröhlich, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR). Die Stimmung in der ein oder anderen Bank sei „richtig schlecht“.

Kein Wunder. Die Eigenständigkeit kleiner Häuser und die Nähe zum Kunden gehören zum Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken. Eine große Fusionswelle wäre eine Gefahr für ihre Identität.

Doch Norbert Rückeis musste reagieren. Er war der letzte Chef der Raiffeisenbank Groß-Rohrheim, 20 Jahre stand er an deren Spitze: „Allein wäre es nicht lange mehr weitergegangen. Es war klar, dass wir auf Dauer keine Chance gehabt hätten.“ Ob er sauer ist? Rückeis lässt sich das zumindest nicht anmerken. Dabei muss er eigentlich an „seiner“ Bank hängen. Der 57-Jährige stammt aus dem Ort, er hat schon seine Ausbildung hier gemacht, kehrte nach dem Studium und einigen Berufsjahren zurück und wurde Vorstand. Rückeis wohnt sogar in derselben Straße, in der auch die Filiale ist.

Immerhin: Für ihn geht es weiter. Rückeis gehört dem Vorstand der Raiffeisenbank Ried, zusammen mit Claus Diehlmann und Frank Ohl, auch nach der Fusion an.

Oder vielmehr: nach der Übernahme. Schließlich war die Bank in Groß-Rohrheim weitaus kleiner. Zwölf Mitarbeiter inklusive Vorstand, davon fünf in Teilzeit, Bilanzsumme zuletzt rund 50 Millionen Euro – machte Platz 1003 im Ranking der zuletzt noch 1047 Genossenschaftsbanken. Die Raiffeisenbank Ried mit Sitz in Bürstadt ist mehr als sechsmal so groß. Das Vorstandstrio – einen Vorstandschef gibt es wie bei vielen Genossenschaftsbanken nicht – führt jetzt 80 Mitarbeiter.

Druck wächst mit zunehmender Regulierung

Über Fusionen machen sich derzeit viele kleine Volks- und Raiffeisenbanken Gedanken. Zwar gab es im Jahr 2015 nur gut 20 Zusammenschlüsse. 2016 werden es aber schon doppelt so viele sein. Der IT-Dienstleister Fiducia GAD, bei dem die Häuser ihre Vorhaben anmelden müssen, erwartet für 2016 rund 50 Fusionen. Und es dürften mehr werden: „Grundsätzlich richten wir uns künftig auf eine höhere Zahl von Fusionen ein“, heißt es dort.

Beobachter zeichnen drastischere Szenarien: „Ich rechne mit rund 100 Fusionen“, sagt der Wirtschaftsprofessor und Berater Bernd Nolte. „Eine größere Welle dürfte aber erst nächstes Jahr folgen, viele Banken fangen jetzt erst an, über einen Zusammenschluss zu verhandeln.“ Auch im Sektor werden solche Zahlen kolportiert. 600 bis 700 Banken werde es bis zum Jahr 2020 noch geben, meint ein Insider.

Der Druck wächst mit der zunehmenden Regulierung. Gerade für kleine Geldhäuser wird das zum Problem. Dabei sind etwa die Daten, die sie den Aufsehern melden müssen, mehr als ein Ärgernis. Die Belastung ist beim Meldewesen am höchsten – „mit einem enormen, teilweise nur händisch zu bewältigenden Aufwand“, ergab ein Gutachten, das Ökonomen in BVR-Auftrag erstellten.

Daher ist die Furcht vor dem neuen Kreditregister, Anacredit, groß. Künftig sollen Banken zu jedem Kredit ab 25.000 Euro Dutzende Datenpunkte erheben – Angaben, die sie von vielen Kunden erst einsammeln müssen. „Man hat schon fast mehr Angst, eine Meldung falsch abzugeben, als dass einmal ein Kredit ausfällt“, sagt Co-Vorstand Diehlmann.

Geld verdienen wird für Banken zusehends schwieriger
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