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Geringe Profitabilität EZB kritisiert die Geschäftsziele der Commerzbank

Die EZB hält die Renditeziele des Instituts für wenig ambitioniert und fordert stärkere Kostensenkungen. Das sorgt vor dem 150. Geburtstag der Bank für schlechte Stimmung.
11.02.2020 - 03:56 Uhr Kommentieren
Commerzbank: EZB fordert stärkere Sparanstrengungen Quelle: picture alliance
Commerzbank-Zentrale in Frankfurt

Die Verabschiedung einer neuen Strategie könnte sich verschieben - schließlich müssen nun erst mal ein neuer Aufsichtsratschef und ein neuer CEO gefunden werden.

(Foto: picture alliance)

Frankfurt Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Und manche Commerzbanker finden es durchaus bezeichnend, dass ihre Bank just an diesem Tag ihren 150. Geburtstag feiert. Bei einer Matinee im Frankfurter Palmengarten will das Geldhaus am 26. Februar daran erinnern, dass es vor anderthalb Jahrhunderten in Hamburg gegründet wurde.

Auf eine große Party verzichtet die Commerzbank angesichts von Stellenstreichungen und Minigewinnen bewusst. Jeder Mitarbeiter bekommt im Jubiläumsjahr einen Tag Sonderurlaub – und die Teams kleine Budgets für individuelle Feiern.

Die meisten in der Belegschaft sind froh, dass es die Bank, die in der Finanzkrise vom Staat gerettet wurde, überhaupt noch gibt. Aber Feierlaune verspürt aktuell kaum jemand. Der Vorstand hat im Herbst ein neues Restrukturierungsprogramm aufgelegt, in dessen Rahmen 4300 Stellen wegfallen. Und viele Mitarbeiter und Investoren glauben nicht, dass die Commerzbank auf Dauer alleine überleben kann.

Auch die europäische Finanzaufsicht hat nach Informationen des Handelsblatts Zweifel am Geschäftsmodell. Auf der letzten Aufsichtsratssitzung am 4. Dezember kritisierte ein Vertreter der EZB-Bankenaufsicht die geringe Profitabilität der Commerzbank, wie mehrere mit dem Thema vertraute Personen berichten.

Die Renditeziele würden als wenig ambitioniert betrachtet. Der EZB-Aufseher habe die Bank zu stärkeren Kostensenkungen aufgefordert. Zudem habe er einen Plan B angemahnt, falls die Commerzbank mit ihrer aktuellen Strategie auf keinen grünen Zweig komme.

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Viele Beteiligte waren von der Kritik und besonders von der harten Wortwahl des Bankenaufsehers überrascht, wie die Insider weiter berichten. Es sei zwar üblich, dass die Finanzaufsicht in den Kontrollgremien von Geldhäusern generelle Einschätzungen zu deren Geschäftsmodellen abgebe und dabei auch kritische Anmerkungen mache. Eine schallende verbale Ohrfeige wie bei der Commerzbank komme aber äußert selten vor. Im Aufsichtsrat der Gelben sei es im Anschluss an die Fundamentalkritik der EZB zu einer intensiven Diskussion mit dem Bankenaufseher gekommen. Die EZB und die Commerzbank wollten sich dazu nicht äußern.

Deutschlands zweitgrößte Privatbank will ihre Kosten im Rahmen der Strategie Commerzbank 5.0 bis 2023 um 600 Millionen Euro auf unter 6,3 Milliarden Euro drücken. In den nächsten drei Jahren erwartet das Institut eine Eigenkapitalrendite von zwei bis vier Prozent. Ab 2023 soll die Quote dann über vier Prozent liegen. Vorstandschef Martin Zielke hat die Renditeziele als neuen Realismus bezeichnet – angesichts des Zinsumfelds und des harten Wettbewerbs in Deutschland ist aus seiner Sicht aktuell nicht mehr drin.

Viele Analysten und Investoren sind dagegen enttäuscht. Die Commerzbank habe nun das zweite Restrukturierungsprogramm in Folge aufgelegt, „ohne dass die Ergebnisse alte oder halbwegs akzeptable Niveaus erreichen“, kritisieren die Analysten der Deutschen Bank. „2020 wird effektiv das fünfte Übergangsjahr in Folge sein.“

Gewinnrückgang erwartet

Im Gegensatz zur Deutschen Bank, die im abgelaufenen Jahr 5,7 Milliarden Euro Verlust gemacht hat, schreibt die Commerzbank aber seit Jahren schwarze Zahlen. Doch seine Kapitalkosten verdient das Institut dabei schon lange nicht mehr. Die Analysten von JP Morgan gehen davon aus, dass dies den Frankfurtern im aktuellen Zinsumfeld auch auf mittlere Sicht nicht gelingen wird.

Die Commerzbank legt ihre Zahlen für das abgelaufene Jahr am Donnerstag vor. Analysten gehen im Schnitt davon aus, dass der Gewinn um gut 30 Prozent auf 586 Millionen Euro eingebrochen ist – unter anderem, weil das Geldhaus mehr Geld für ausfallgefährdete Kredite zurücklegen musste. Im laufenden Jahr erwarten die Experten einen weiteren Rückgang des Ergebnisses auf 437 Millionen Euro.

Viele Investoren sind mit der Entwicklung unzufrieden, auch wenn sie die Ausrichtung des Instituts grundsätzlich richtig finden. Der Fokus auf das Privatkunden- und Mittelstandsgeschäft in Deutschland sei sinnvoll, sagt etwa Michael Hünseler, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Assenagon. „Der Haken ist, dass die Commerzbank in diesen Märkten aufgrund der Rahmenbedingungen nicht viel verdienen kann. Und mit der angepeilten Eigenkapitalrendite von vier Prozent bis 2023 kann die Commerzbank keinen Investor hinter dem Ofen hervorlocken.“

Hünseler hält es deshalb für wahrscheinlich, dass sich die Commerzbank früher oder später mit einem anderen Institut zusammenschließt – dann könnte sich möglicherweise auch der Bund als größter Aktionär verabschieden. Unter Zeitdruck stehe das Geldhaus bei der Suche nach einem Partner jedoch nicht, sagt Hünseler. „Die Bank ist stabil und kann im aktuellen Zustand noch eine ganze Weile eigenständig bestehen, wenn sie keine größeren handwerklichen Fehler macht und die Belastungen durch Kreditausfälle nicht nach oben schießen.“

Im April vergangenen Jahres waren Fusionsgespräche zwischen der Deutschen Bank und der Commerzbank gescheitert. Doch viele Finanzmanager halten es für wahrscheinlich, dass es in zwei bis drei Jahren zu einem neuen Anlauf kommt. Das Umtauschverhältnis wäre für die Commerzbank-Aktionäre dann jedoch möglicherweise ungünstiger als im vergangenen Frühjahr. Die Deutsche-Bank-Aktie hat seit Jahresbeginn fast 40 Prozent zugelegt, die Papiere der Commerzbank lediglich um rund fünf Prozent.

Verhandlungen in Polen

Vorstandschef Zielke will im Zuge der neuen Strategie die polnische Tochter M-Bank verkaufen und die Onlinebank Comdirect komplett schlucken. Mehr als 90 Prozent der Comdirect-Anteile hat sich die Commerzbank bereits gesichert und will die übrigen Aktionäre nun im Rahmen eines Squeeze-outs aus dem Unternehmen drängen. Es wird jedoch noch einige Monate dauern, bis dieser Prozess abgeschlossen und die Verschmelzung ins Handelsregister eingetragen ist.

Durch das Zusammengehen mit der Comdirect will die Commerzbank Kosten sparen und die eigene Digitalisierung vorantreiben. Die Gespräche über die Integration haben Anfang des Jahres begonnen. Die Commerzbank hat darin zugesagt, die Comdirect-Standorte in Quickborn und Rostock zu erhalten. In der Comdirect-Zentrale in Quickborn bei Hamburg dürften Finanzkreisen zufolge allerdings einige Hundert Stellen wegfallen, unter anderem im Stab und in der Verwaltung.

Welche Tätigkeiten in Quickborn künftig angesiedelt werden, ist noch nicht entschieden. Viele im Konzern gehen davon aus, dass dort das Wertpapiergeschäft (Brokerage) gebündelt wird, in dem die Comdirect aus Sicht von Experten besser ist als ihr Mutterkonzern. Die Gespräche mit dem Betriebsrat über die künftige Struktur und den anstehenden Arbeitsplatzabbau sollen Insidern zufolge im Spätsommer beginnen.

Beim Verkauf der 69-Prozent-Beteiligung an der polnischen M-Bank hatte die Commerzbank anfangs zahlreiche Interessensbekundungen aus dem In- und Ausland erhalten. Inzwischen hat sich das Bieterfeld jedoch ausgedünnt. Im Rennen sind Finanzkreisen zufolge nur noch die zwei großen polnischen Banken Pekao und PKO BP.

Wirklich überraschend kommt diese Entwicklung nicht, schließlich setzt sich die nationalkonservative Regierung in Warschau für eine „Repolonisierung“ des Finanzwesens ein. „Keiner weiß, wie es weitergeht in der Bankenbranche in Polen“, sagt eine mit dem Prozess vertraute Person. Das schrecke ausländische Interessenten ab. Die Commerzbank äußert sich zu möglichen Bietern nicht, betont jedoch, dass sie „ein so wertvolles Asset wie die M-Bank nur zu einem adäquaten Preis verkaufen wird“.

Wenn am Ende ein polnisches Institut den Zuschlag bekommt, könnte das für die Commerzbank durchaus Vorteile haben. Denn damit steigen die Chancen, dass die Frankfurter bei dem Verkauf auch ein rund drei Milliarden Euro schweres Portfolio an Franken-Krediten loswerden. Den heutigen Wert der Franken-Kredite könne niemand besser beurteilen als polnische Banken, sagt ein Insider.

Die M-Bank hatte vor der Finanzkrise wie andere polnische Banken Kredite in Schweizer Franken ausgegeben. Weil der polnische Zloty gegenüber dem Franken anschließend stark an Wert verlor, wurden diese Darlehen für die Kreditnehmer jedoch unerwartet teuer. Im Oktober 2019 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass solche Darlehensverträge unwirksam werden können, wenn sie missbräuchliche Klauseln enthalten. Ob dies der Fall ist, müssen polnische Gerichte nun in jedem Einzelfall entscheiden. Seit der EuGH-Entscheidung hat die Zahl der Klagen und die Zahl der Fälle, in denen polnische Gerichte zugunsten der Kunden entschieden haben, deutlich zugenommen. Die M-Bank stockte die Rückstellungen für Franken-Darlehen deshalb deutlich auf.

Bei früheren Verkaufsprozessen hat die polnische Aufsichtsbehörde KNF ausländische Banken gezwungen, die Franken-Kredit-Portfolios zu behalten. Auch die Commerzbank ist auf dieses Szenario vorbereitet. Sie hofft Finanzkreisen zufolge jedoch darauf, sich mit einem möglichen Käufer und den Behörden auf andere Lösungen verständigen zu können – beispielsweise auf einen Verkauf inklusive einer Garantie oder einer Dienstleistungsvereinbarung zum Umgang mit diesen Krediten.

Höhere Bonuszahlungen

Die Commerzbank will die M-Bank losschlagen, um ihren Umbau zu finanzieren und ihre Kapitalpolster zu stärken. Das polnische Institut wird an der Börse aktuell mit 3,8 Milliarden Euro bewertet. Die Commerzbank-Beteiligung ist somit rein rechnerisch gut 2,5 Milliarden Euro wert.

Einige Investoren unterstützen den Verkauf der M-Bank, weil die Commerzbank dadurch schlanker und perspektivisch auch als Übernahmeziel leichter verdaulich wird. Andere werten es als schlechtes Zeichen, dass das Institut zur Finanzierung des Umbaus sein Tafelsilber verkaufen muss.

Trotz der schwierigen Gesamtlage gibt es für die Commerzbank-Beschäftigten aber auch eine gute Nachricht. Die Bonustopf für 2019 soll nach Informationen des Handelsblatts größer ausfallen als 2018. Betroffen davon sind rund 20.000 außertariflich bezahlte Mitarbeiter. Für das Jahr 2018 war die variable Vergütung noch um rund 100 Millionen Euro auf 134 Millionen Euro gefallen, was in der Bank für große Unruhe gesorgt hatte. Viele Mitarbeiter ließen ihrem Unmut damals im Intranet freien Lauf. „Respekt ist etwas anderes“, schrieb ein Beschäftigter. Ein anderer sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Mitarbeiter“. Zum 150. Jubiläum bleibt der Commerzbank ein solcher Aufschrei nun vermutlich erspart.

Mehr: Wie Martin Zielke gegen den Untergang der Commerzbank kämpft.

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