Girokonten Rückzahlung von Bankgebühren: Verbraucherschützer pochen auf längere Verjährungsfrist und klagen

Einige Sparkassen gehen davon aus, dass Kunden Gebühren für maximal drei Jahre zurückfordern können.
Berlin, Frankfurt Im Streit um Bankgebühren und die Konsequenzen aus einem BGH-Urteil legen Verbraucherschützer nach. „Wir bereiten eine Musterfeststellungsklage gegen ein Institut vor, um eine zentrale Frage klären zu lassen: Wie lange können Verbraucher rückwirkend Kontoentgelte einfordern, denen sie nicht aktiv zugestimmt haben?“, sagte Ronny Jahn, Teamleiter Musterfeststellungsklagen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), dem Handelsblatt.
Für die Verbraucherschützer ist die Sache klar. „Alle Entgelte, die ohne aktive Zustimmung der Verbraucher in die Verträge aufgenommen wurden, sind zu erstatten. Das gilt nicht nur für Änderungen der letzten drei Jahre“, betonte Jahn.
Hintergrund der Auseinandersetzung ist ein Urteil des Bundesgerichtshofs von Ende April, das für viel Aufsehen gesorgt hatte. Der VZBV hatte gegen die Postbank geklagt und vor dem obersten deutschen Zivilgericht recht bekommen. Der BGH entschied, dass Geldhäuser bei Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die Zustimmung ihrer Kunden einholen müssen.
Die bisher üblichen Klauseln, wonach Banken von einer stillschweigenden Zustimmung ausgehen können, wenn Kunden einer Änderung nicht binnen zwei Monaten widersprechen, sind damit hinfällig. Über diesen Mechanismus hatten Banken und Sparkassen bis zu dem BGH-Urteil üblicherweise die Gebühren von Girokonten erhöht. Das Problem: Sie hätten auf diese Weise theoretisch die Entgelte sehr stark anheben können – ohne klare Einwilligung der Verbraucher.
Bankenverbände gehen von dreijähriger Frist aus
Aus dem Urteil folgt, dass Geldhäuser Kunden im Nachhinein um Zustimmung zu den aktuellen Gebühren, konkret zu den AGB, bitten müssen. Zudem können Verbraucher Gebühren, die Kreditinstitute ohne explizite Einwilligung erhoben hatten, zurückfordern. Der BGH äußerte sich allerdings nicht zu den Fristen für die Rückforderung. Ob beispielsweise eine dreijährige Verjährungsfrist für Rückzahlungen gilt oder ob sie weiter zurückreicht, muss noch geklärt werden.
Einige Bankenverbände gehen von einer dreijährigen Frist aus. Entsprechend hatten sich beispielsweise der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken sowie der ostdeutsche und der baden-württembergische Sparkassenverband geäußert.
Die Verbraucherschützer können das nicht nachvollziehen. Sie orientieren sich an einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Demnach dürfen Verbraucher durch Verjährungsvorschriften nicht daran gehindert werden, Ansprüche geltend zu machen. Eine Verjährungsfrist von drei Jahren würde die Erstattungsansprüche unangemessen beschränken, erklärte VZBV-Experte Jahn.
Bislang hat das Urteil des BGH noch nicht zu starken Belastungen der Kreditwirtschaft geführt. Zumindest im Sparkassensektor dürften sie sich in Grenzen halten. In Relation zur Gesamtzahl der Kunden gebe es bisher nur „sehr wenige“ Gebührenrückforderungen, sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Helmut Schleweis, kürzlich dem Handelsblatt.
Verbraucherschützer mahnen mehrere Geldhäuser ab
Doch nicht nur um die Verjährungsfristen wird gerungen. Der VZBV hat inzwischen mehrere Kreditinstitute abgemahnt, wie VZBV-Rechtsreferent David Bode sagte. Weitere Fälle prüfe man.
Mit den Abmahnungen fechten die Verbraucherschützer unter anderem an, wie Geldhäuser auf Gebührenrückforderungen von Kundinnen und Kunden reagieren. Ein Fall dreht sich um eine ostdeutsche Sparkasse. „Sie hat Kunden die Kontoverbindung gekündigt, nachdem diese die Rückzahlung von Entgelten gefordert hatten. Das Kreditinstitut hat die Gebührenrückforderung als Widerspruch gegen frühere Entgeltanpassungen ausgelegt.“
Darin sehe der VZBV keinen sachgerechten Grund, „der die Sparkasse zu einer Kündigung berechtigen könnte“, sagte Bode. Es sei obendrein erst recht kein „wichtiger Grund“, der nach Auffassung der Verbraucherschützer aufgrund einer Regelung in der Sparkassenverordnung des entsprechenden Bundeslands erforderlich wäre, damit die Sparkasse kündigen kann. Um welche Sparkasse es sich handelt, wollte der VZBV nicht sagen.
Zudem wollen die Verbraucherschützer diejenigen Geldhäuser in die Schranken weisen, die Kunden zur Zustimmung zu den ABG drängen. In einem Fall habe eine Bank Kunden „unnötig unter Druck gesetzt“, erklärte Bode. „Beim Einloggen ins Onlinebanking mussten Kunden eine vertraglich bindende Erklärung zu den AGB abgeben, um das Onlinebanking nutzen zu können.“ Der VZBV habe die Bank abgemahnt, und diese habe bereits eine Unterlassungserklärung abgegeben.
Mehr: Nur „sehr wenige“ Kunden verlangen von den Sparkassen Gebühren zurück
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