Gläubigertreffen Bankenverband fordert von Greensill Capital rund zwei Milliarden Euro

Der britische Lieferkettenfinanzierer hat vergangene Woche Insolvenz angemeldet.
Sydney, Berlin Die Pleite der Bremer Greensill Bank ist für den privaten Bankenverband BdB der größte Unfall seit der Pleite von Lehman Brothers. Um den Schaden in möglichst engen Grenzen zu halten, will der Verband, der auch für die Einlagensicherung zuständig ist, bei der australischen Muttergesellschaft Greensill Capital Forderungen von rund zwei Milliarden Euro geltend machen.
Der Einlagensicherungsfonds sei in dem australischen Verfahren präsent und werde seine Ansprüche als Gläubiger anmelden, ließ der BdB am Freitag wissen. Auch in Großbritannien, wo der australische Konzern sein operatives Geschäft in einer Tochtergesellschaft gebündelt hat, werde der Verband seine Ansprüche über die genannte Summe anmelden.
Der freiwillige Einlagensicherungsfonds des Bankenverbandes schützt Einlagen über die gesetzliche Sicherung hinaus. Gespeist wird er durch seine mehr als 120 Mitglieder, darunter die Branchengrößen Deutsche Bank und Commerzbank.
Hintergrund der Forderungen des BdB ist eine sogenannte Freistellungserklärung, die die Eigentümer der Greensill Bank unterschrieben haben, als das Geldhaus in den Einlagensicherungsfonds der privaten Banken aufgenommen wurde. Damit hätten die Gesellschafter eine Art Bürgschaft für die deutsche Tochter übernommen.
Ob, wann und in welchem Umfang die Forderungen des Bankenverbandes zum Erfolg führen, ist im Moment noch völlig unklar. Michael Frege, der Insolvenzverwalter der Greensill Bank, rechnet mit einem komplexen, umfangreichen und langwierigen Verfahren, das voraussichtlich zwischen fünf und zehn Jahren dauern werde.
Der Insolvenzverwalter Grant Thornton erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, man sei vom deutschen Bankenverband über eine Eventualverbindlichkeit von fast zwei Milliarden Euro an die australische Mutter informiert worden. „Diese Forderung erscheint nicht in den Büchern des Unternehmens und wurde von den Verwaltern nicht formell überprüft“, teilte Grant Thornton mit.
Entschädigungsprozess in Deutschland muss erst abgeschlossen werden
Laut BdB handelt es sich bei den Forderungen an Greensill Capital zunächst um eine Eventualverbindlichkeit, weil erst einmal der Entschädigungsprozess in Deutschland abgeschlossen werden müsse, mit dem die Forderungen der Kunden auf den BdB übergingen.
Knapp zwei Wochen nachdem die Finanzaufsicht Bafin die Bremer Greensill Bank geschlossen hatte, eröffnete das Amtsgericht der Hansestadt am Dienstag das Insolvenzverfahren. Die Bafin stellte noch am selben Tag den Entschädigungsfall fest.
Der BdB erklärte daraufhin, der Einlagensicherungsfonds werde sich in Kürze bei den betroffenen Sparern melden. Die Entschädigung werde innerhalb von sieben Arbeitstagen erfolgen. Für mehrere deutsche Kommunen, die Geld bei der Bremer Bank angelegt hatten, greift die Einlagensicherung nicht.
Laut dem BdB werden rund eine Milliarde Euro der Entschädigungen durch die gesetzliche Einlagensicherung getragen, weitere rund zwei Milliarden durch den Einlagensicherungsfonds der Privatbanken.
Zweitgrößter Entschädigungsfall nach Lehman Brothers
Die Greensill Bank ist nach Angaben des Bankenverbands der bisher zweitgrößte Entschädigungsfall nach dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers 2008. Damals wurden Kunden mit knapp sieben Milliarden Euro entschädigt. Insidern zufolge hat der Fonds im Insolvenzverfahren damals alles wiederbekommen. Auch damals hieß der zuständige Insolvenzverwalter Michael Frege. Der Jurist ist Partner der Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle.
Zusätzlich zum BdB haben laut Insolvenzverwalter Grant Thornton 34 Gläubiger ihre Forderungen an den britisch-australischen Mutterkonzern Greensill Capital auf insgesamt rund 1,14 Milliarden Euro (1,75 Milliarden australische Dollar) beziffert.
Davon werde knapp eine Milliarde Euro Insidern zufolge allein von Softbank verlangt. Der japanische Investor hatte sich mit rund 1,5 Milliarden Euro Eigenkapital an dem Lieferkettenfinanzierer beteiligt. Ein Investment, das nach der Insolvenz quasi wertlos ist. Softbank gehört wie die Schweizer Großbank Credit Suisse einem neu eingesetzten Gläubigerausschuss an.
Im Greensill-Fall nahmen laut Insolvenzverwalter beim ersten virtuellen Gläubigertreffen am Freitag neben Softbank und Credit Suisse und den Vertretern des BdB auch Vertreter der australischen Finanzbehörde und der Unternehmensaufsicht teil.
Den Gläubigern solle in etwa drei Wochen ein Bericht vorgelegt werden, eine zweite Versammlung werde am 22. April folgen, so Grant Thornton. Dann soll darüber entschieden werden, ob die Firma liquidiert wird oder ein Restrukturierungsvorschlag grünes Licht bekommt.
Mehr: Bafin stellt bei Greensill den „Entschädigungsfall“ fest
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.